So erfolgreich sind die Studenten-Ruderer aus Erlangen

27.10.2017, 13:49 Uhr
Der Damen-Vierer, unter anderem auch mit Ruth Hotop und Hedwig Stegmann.

Der Damen-Vierer, unter anderem auch mit Ruth Hotop und Hedwig Stegmann.

Als Hedwig Stegmann vor vier Jahren nach Erlangen kam, wollte sie ihr Leben erst einmal ohne Rudern weiterleben. Geklappt hat das zwei Jahre lang, dann erzählte eine Freundin von ihrer WG-Mitbewohnerin Ruth Hotop — "die rudert auch". Wenig später ruderten sie gemeinsam.

Hedwig Stegmann (24) und Ruth Hotop (25) kommen aus dem Junior-Leistungssport, als Kinder haben sie in Flensburg beziehungsweise Lüneburg hart trainiert. Den Sprung in die U23-Leistungsgruppen haben sie nicht geschafft, also haben sie mit dem Medizinstudium begonnen. Vor zwei Jahren gründeten sie dann die Ruder-Studentengruppe.

"Wir dachten uns: Eigentlich wäre es cool, eine Studenten-Gruppe zu haben." Von der Universität aber gab es keine Unterstützung. "Deswegen machen wir es jetzt vereinsintern", sagt Hotop. Alle Mitglieder der Studentengruppe sind Vereinsmitglieder beim Ruderverein Erlangen, aktuell sind es ungefähr 50. Deshalb können sie auch die Boote des Rudervereins nutzen. Wenn die Rudergruppe für die Hochschule startet, zahlt die Uni das Meldegeld. Training und alles rund herum müssen die Studenten, also vor allem Hotop und Stegmann, selbst organisieren. Beide haben einen Trainerschein. "Wir haben zudem auch ein paar Leute in der Gruppe, die bereits Anfänger betreuen können", sagt Hotop. "Wir müssen viel delegieren. Und viel Zeit selbst investieren." Organisiert wird alles über diverse WhatsApp-Gruppen.

"Am Anfang haben wir sogar Plakat-Werbung gemacht", erinnert sich Hotop. Mittlerweile braucht es das nicht mehr, immer neue Mitglieder schließen sich der Studentengruppe an. "Alles läuft über Mundpropaganda. Wir sind manchmal selbst überrascht. Die Neuen investieren oft gleich sehr viel Zeit, sind vier-, fünfmal pro Woche auf dem Wasser."

Aus Sicht der Studentinnen hat das vor allem einen Grund: "Es ist inzwischen eine coole, große Gruppe. Jeder findet schnell rein und fühlt sich wohl. Man kann auf jedem Level rudern." Im ersten Winter standen die beiden Trainerinnen teilweise zu dritt am Kanal. "Jetzt haben alle Bock", sagt Stegmann. "Es gibt eine Gruppe, die zusammen joggen geht, andere schauen immer sonntags gemeinsam Tatort." Egal ob WG-Feier oder Pasta-Party — "wir haben eine coole Gemeinschaft. Das ist total schön."

"Von nichts kommt ja nichts"

Für die Studenten gibt es ein paar feste Trainingstermine, im Winter dreimal abends in der Sporthalle, zudem einen Rudertermin auf dem Wasser. Im Sommer sind es zwei betreute Ruder-Termine. "Ansonsten organisieren sich die Boote selbst. Wenn man in der Mannschaft rudern gehen will, wird das in der WhatsApp-Gruppe besprochen", sagt Stegmann. "Wenn die Gruppe Fragen hat, kommen wir dazu und geben Tipps." Die Medizinstudentinnen trainieren also Kommilitonen, die so alt sind wie sie. "Das funktioniert ganz gut", sagt Hotop. "Wir gehen selbst auch viel rudern, von nichts kommt ja nichts."

Selbst Anfänger kommen schnell in gute Boote und fahren auf Vereins-Regatten und der Deutschen Hochschulmeisterschaft (DHM) mit. Die Organisation übernehmen Hotop und Stegmann — sie hat auch einen Hänger-Führerschein, um die Boote zur Rennstrecke zu fahren.

"Bei den Jungs ist das Niveau krasser", sagt Stegmann. "Auf den kleinen Regatten hat der Achter schon gewonnen." Auch Doppelzweier, Vierer und Frauen-Achter sind bayernweit gut unterwegs. Am erfolgreichsten ist aktuell der Doppelvierer der Frauen. Zwar wurde Stegmann im Juli krank, mit der Ersatzfrau hat der Vierer dennoch die Bronzemedaille bei der Deutschen Hochschulmeisterschaft geholt und sich so für die European University Games 2018 in Coimbra, Portugal, qualifiziert.

"In Portugal wollen wir gewinnen"

Bis dahin wollen die Erlangerinnen hart trainieren. "Das ist nochmal mehr Aufwand. Normalerweise fahren Studenten nur 1000 Meter, in Coimbra sind es 2000 Meter", sagt Stegmann. "Dadurch werden alle Trainingseinheiten ab jetzt länger." Die Ziele für Portugal sind jedenfalls klar definiert: "Wir wollen gewinnen", sagt Hotop. "Das offizielle Ziel ist, ganz vorne mitzufahren."

Dass die Studenten mit anderen Kader-Athleten derart mithalten könne, hat seine Gründe. "Wir haben vielleicht weniger Leute, schlechtere Leute, aber haben sehr viel zusammen trainiert. Unsere Boote leben von der Mannschafts-Routine", sagt Stegmann. "Die Stimmung in der Gruppe ist super, alle geben alles. Vor der DHM haben wir jeden Tag, jeden Abend trainiert", sagt Hotop.

Ein Jahr studieren die beiden noch, anschließend beginnt ihr Praktisches Jahr in einer Klinik. Wie viel Zeit dann noch fürs Rudern bleibt, ist ungewiss. "Wir versuchen jetzt schon immer, Leute in die Organisation mit einzubeziehen", sagt Stegmann. "Wenn du dich in eine Gruppe mit einbringst, kannst du viel lernen", ergänzt Hotop. "Nicht nur im Rudern." Die beiden Initiatorinnen bauen bereits ihre Nachfolger auf. Damit die Studentengruppe noch viele Jahre erfolgreich rudern kann.

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