Tokio 2020? Für Josia Topf nicht um jeden Preis

29.11.2018, 16:10 Uhr
Tokio 2020? Für Josia Topf nicht um jeden Preis

© Fotos: Wiebke Topf

Natürlich war es eine herausragende Zeit, überraschend schnell, selbst für Eltern und Trainer. Und doch war Josia Topf mit seinem Weltrekord nicht der einzige Schwimmer bei den Deutschen Kurzbahnmeisterschaften, der schneller war als alle zuvor. Acht Welt-, zwölf Europa- und 61 deutsche Rekorde stellten die Sportler in den verschiedenen Leistungsklassen auf. Josia Topf von der SSG 81 Erlangen gelang seine Fabelzeit über 50 Meter Schmetterling. Nach 56:17 Sekunden hielt die Zeit in seinem Wettkampf an.

"Es hat alles gestimmt", sagt seine Mutter, Wiebke Topf, "der Sprung, die Tauchphase, er ist unter Wasser ja viel, viel schneller." Vor allem aber die neu einstudierte Wende sparte die nötigen letzten Sekunden. Eine klassische Schmetterlingswende können die Schwimmer in Josia Topfs Leistungsklasse in der Regel nicht, da die meisten Probleme mit Armen und Beinen haben. Anzuschlagen oder sich abzustoßen, geht also eigentlich nicht.

Josia Topf und sein Trainer Christian Thiel haben deshalb an einer neuen Wende gearbeitet, der junge Erlanger stößt sich nun mit dem Kopf ab. Doch auch sonst ist der 15-Jährige, der am Tar-Syndrom, einem sehr seltenen und bei ihm stark ausgeprägten Gendefekt, leidet, schlichtweg: sehr schnell geschwommen. Über 100 Meter Rücken stellte er zudem einen neuen Europarekord auf, den Deutschen Rekord verbesserte er über 50, 100 und 200 Meter Freistil sowie über 50 Meter Rücken. "Der Weltrekord war das Ziel", sagt Wiebke Topf, "das hat er schon seit August gesagt." Die Mutter befürchtete schon, der Jugendliche mache sich zu viel Druck. Doch egal, welches Ziel sich Josia Topf setzt, bislang hat er es immer erreicht.

Man könnte meinen, es kann nun nur noch ein Ziel geben: Tokio. 2020 finden dort die Paralympischen Spiele statt. Etwas Größeres gibt es für Sportler mit Behinderung nicht. Zwar gibt es die Weltrekord-Startklasse über 50 Meter Schmetterling bei den Paralympics nicht. Doch auch im Rückenschwimmen liegt Josia Topf auf Kurs, in der Weltrangliste ist er aktuell Fünfter. Bestätigt er das weiterhin, erreicht er die nötigen Qualifikationszeiten und nominiert ihn die Bundestrainerin, dann könnte der Jugendliche in Tokio dabei sein.

Sehr erfolgreich: Josia Topf.

Sehr erfolgreich: Josia Topf.

Die Frage aber ist: Will er das dann überhaupt? Josia Topf trainiert täglich, verbessert sich, ist ehrgeizig. Im Sommer war er viele Wochen mit der Nationalmannschaft unterwegs. Wer sich nun aber einen überambitionierten Jungen vorstellt, der nichts anderes im Kopf hat als Schwimmen, irrt. "Seine Identität hängt nicht am Schwimmen", sagt seine Mutter.

Der Erlanger möchte einmal Jura studieren, vor allem aber will er mit seiner Klasse am Marie-Therese-Gymnasium Abitur machen — und das wäre im gleichen Jahr wie Tokio. Ließen sich die Prüfungen nicht mit den Wettkämpfen oder der Vorbereitung vereinbaren, müsste Josia Topf vielleicht der Bundestrainerin absagen. Und wahrscheinlich wäre er sogar bereit dafür. Auch in dem Wissen, dass er vier oder gar acht Jahre später immer noch jung genug wäre, an Paralympischen Spielen teilzunehmen.

Dennoch trainiert er, ist trotz Schulaufgaben jeden Tag im Wasser. In dieser Saison stehen noch die Internationalen Deutschen Meisterschaften an, aber auch die Weltmeisterschaft in Malaysia ist ein Ziel. Dann purzeln vielleicht neue Rekorde.

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