Wearables: "Prozess der Selbstverblödung"

29.11.2015, 10:01 Uhr
Bluse und Shirt gibt es nur als Prototyp. Christian Hofmann entwickelt am Fraunhofer IIS Wearables.

© Foto: privat Bluse und Shirt gibt es nur als Prototyp. Christian Hofmann entwickelt am Fraunhofer IIS Wearables.

Ganz objektiv kann Professor Albert Heuberger naturgemäß nicht an diese smarte Sache herangehen. Der Leiter des Fraunhofer Instituts IIS beschäftigt sich von Berufs wegen mit Fragen rund um die Themen Digitalisierung und Industrie 4.0. Seine Mitarbeiter entwickeln die Technik von morgen. Also auch Wearables.

Medizinische Sensorsysteme sind am Fraunhofer IIS probeweise in Sport-T-Shirts, aber auch Blusen und Socken verarbeitet. Auf dem Markt ist diese Technik noch nicht. Doch die Wissenschaftler denken schon einen Schritt weiter. „Wir wollen chemische Sensoren entwickeln, die den Schweiß analysieren.“

Für Heuberger sind Wearables Teil der Zukunft. Der Institutsleiter sieht für die smarte Technik vielfältige Anwendungsbereiche. Egal ob im Hobby- oder Leistungssport, aber auch zur Erhaltung der Gesundheit können sie helfen. „In Zeiten des demographischen Wandels ist das von besonderer Bedeutung.“

 

Nett. Auch ein bisschen lustig. Vor allem aber: unnötig. Rudolf Kötter vom Zentralinstitut für Angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation an der FAU macht keinen Hehl daraus, dass er Wearabels nicht unbedingt für sinnvoll hält. „In speziellen Kontexten ist der Austausch von Daten unter Umständen praktisch. Für gesunde Menschen aber haben Wearabels eine geringe Bedeutung.“

Die Daten seien zwar ganz nett. „Es mag lustig sein, sich beim Fitnessprogramm selbst zu beobachten.“ Wirklich verlässliche Auskünfte allerdings lieferten nur standardisierte Messungen. Die eigentlich informationsarmen Daten der Wearables hingegen könnten zu einer Manipulation des Verhaltens führen.

„Diese Technik kann Spaß machen. Es darf aber nicht zur Manie werden“, sagt Kötter. Wenn jemand ohne entsprechend smarte Technik nicht mehr sagen kann, ob er gut geschlafen hat, „beginnt ein Prozess der Selbstverblödung“.

 

Klaus Vieweg war früher Kunstturner. „Mein Körpergefühl ist ganz gut.“ Wearables braucht er dafür nicht. „Aber für Menschen mit weniger Körpergefühl macht das möglicherweise Sinn.“

Doch Professor Vieweg ist auch Direktor des Instituts für Recht und Technik sowie Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Rechtsinformatik, Technik- und Wirtschaftsrecht an der FAU. Als solcher warnt er: „Wearables geben mitunter sensible Daten weiter.“

Bei Geräten für medizinische Zwecke gäbe es hohe Anforderungen. „Diese Daten sind geschützt.“ Freizeit-Technik sei nicht betroffen, der Datenschutz nicht gewährleistet. „Bedenklich, wenn Krankenkassen darauf zugreifen.“ Unbedenklich sei es, die Daten für sich selbst zu sammeln.

„Das zweite Problem: Weltweit gibt es keine einheitlichen Gesetze“, sagt Vieweg. Der Standard der Geräte müsse nicht zwangsläufig unseren Erwartungen entsprechend. „Das birgt Risiken.“

 

Ein echter Wearables-Pionier ist Florian Schumacher aus München. Das ist seine Meinung.

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