"Covid Kids Bavaria": Forchheims Oberbürgerbürgermeister sagt Studienteilnahme ab

12.10.2020, 19:49 Uhr

© Archivfoto: Ralf Rödel

Darum ging es: Kirschstein hatte die Eltern des Kindergartens Sattlertor in der vergangenen Woche darüber informiert, warum die Kita nun doch nicht wie angekündigt an der bayernweiten "Covid Kids Bavaria"-Studie teilnimmt und dies auch keine andere städtische Kindereinrichtung tun werde. Dieses Schreiben wurde bei Facebook hochgeladen, zunächst nicht vom OB selbst. Weil die Reaktionen darauf jedoch so zahlreich waren, veröffentlichte er seinen Brief am Sonntag nochmals auf seiner Homepage und auf seiner eigenen Facebook-Seite.

Seine Bedenken an der Teilnahme an der Studie beziehen sich auf zweierlei Dinge: Zunächst befürchtet er, dass "bei anlasslosen Testungen von symptomfreien Kindern" ein positives Testergebnis zwangsweise zu einer Quarantäne der Kinder und ihrer Familien beziehungsweise zu "(Teil-)Schließung unserer Betreuungseinrichtung" führe. Das betreffe dann auch die Eltern, die der Teilnahme an der Studie nicht zugestimmt haben.


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Gleiches gelte für die Tests selbst: "Wird der Freund eines Kindes positiv getestet, gilt das Kind als Kontaktperson ersten Grades und wird nach der neuen Regelung von Amts wegen getestet, auch wenn die Eltern das gar nicht wollen", erklärt Kirschstein auf Nachfrage der NN.

Darüber hinaus habe er ein Problem darin gesehen, dass sich in der vergangenen Woche und damit im Laufe der Studie die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert haben. Hätten vorher die kommunalen Gremien darüber beraten, welche Maßnahmen beim Überschreiten des Corona-Grenzwertes von 50 Infizierten pro 100 000 Einwohner ergriffen werden müssen, gebe es nunmehr "einen Automatismus", den die Staatsregierung festgelegt habe. "Dabei gilt der absolute Grenzwert, egal wie der zu Stande gekommen ist", so Kirschstein.

 


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Der Sattlertor-Kindergarten ist nicht die einzige Einrichtung im Landkreis, der für die Studie ausgewählt wurde. Neben der Kita in Bräuningshof sind auch die Grundschule in Obertrubach und die Forchheimer Anna-Grundschule dabei. An beiden Schulen sowie im Schulamt sieht man die Teilnahme positiv. "Corona wird uns noch länger begleiten, da ist es wichtig, dass wir wissen, in welchem Maß Grundschulen am Infektionsgeschehen beteiligt sind", so Schulrat Markus Hahn.

Infektionsgeschehen verstehen

Das ist auch das Anliegen von Professor Antje Neubert, der Leiterin der Zentrale für Klinische Studien in der Kinderklinik Erlangen, die die Untersuchung für die Uni Erlangen koordiniert. "Ziel ist es, das Infektionsgeschehen zu verstehen. Unsere Studie soll dazu beitragen. Wir wollen damit auch erreichen, dass in Zukunft die richtigen Entscheidungen getroffen werden." Auch im Hinblick auf Kita-Schließungen.

Heike Wentzel, Rektorin der Anna-Grundschule, sieht das ganz ähnlich: "Wir müssen herausfinden, welche Rolle Kinder bei der Verbreitung des Virus spielen", sagt sie und fügt an: "Da geht es mir auch um die Fürsorgepflicht meinem Personal gegenüber."

 


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Nach den Schulschließungen im April und Mai und dem geteilten Unterricht bis zu den Sommerferien "muss es in unserem Interesse liegen, dass die Wissenschaft Zugang zu den Kindern bekommt, die im Regelbetrieb unterrichtet werden", sagt sie. "Natürlich hoffen wir alle, dass die Tests negativ ausfallen, weil wir wissen, welchen Rattenschwanz nur ein positiver Fall nach sich zieht." Doch das dürfe nicht zur Folge haben, "dass wir nicht wissen wollen, was los ist."

Im zum Landratsamt gehörenden Gesundheitsamt bricht man über Kirschsteins Entscheidung nicht gerade in Jubel aus. Man vertritt dort klar den Standpunkt, dass die Vorteile der Studie höher wiegen als die Nachteile einer möglichen Teilschließung von Betreuungseinrichtungen.

Die Mehrheit der Kommentatoren im sozialen Netzwerk Facebook sieht das anders und zollt dem Forchheimer OB "Respekt" für seine Entscheidung, die Teilnahme an der Studie abzusagen. Dass darunter auch User sind, die zu den Corona-Skeptikern und -Leugnern zählen, sieht Kirschstein als unproblematisch an. "Es war zu erwarten, dass ein bestimmtes Klientel sich über diese Entscheidung freut, das halte ich für nicht weiter schlimm."

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