Ausstellung
Die Heimat im Forchheimer Norden gefunden
03.07.2021, 08:06 Uhr"Heimat ist der Ort, an dem ich geboren wurde. Heimat ist aber auch der Ort, an dem ich sicher und friedlich leben kann und mich wohlfühle" Mariam Osman ist nur eine von vielen Menschen, die Pfarrer Knut Cramer und Kathrin Reif vom Bürgerzentrum Mehrgenerationenhaus aufgesucht haben. Ein kurzes Video soll die ganze Vielfalt des Viertels zeigen.
Die Geflüchtete aus Syrien, die nach sechs Jahren zwischen Serlbacher und Fritz-Hoffmann-Straße eine zweite Heimat gefunden hat. Die Heimatvertriebene Heidrun Köpke, die sich über die Veränderungen der letzten 30 Jahre freut. Die ehemalige DDR-Bürgerin Maria Schmidt, die hier viele Freunde und Bekannte gefunden hat. Die Spätaussiedlerin Tatjana Linder aus Kasachstan, die zu einer großen russland-deutschen Community gehört. Ihr ursprüngliches Heim ist weg. Und doch sind sie hier im Norden der Stadt tagtäglich auf dem Heimweg. Der Titel der Ausstellung ist mit "Heim.Weg" nicht ganz zufällig gewählt.
Grund: Günstige Mieten in Forchheim-Nord
Im Inneren der Kirche hängen die farbigen Ansichten des Stadtteils und die schwarz-weißen Einblicke in das moderne Gotteshaus genau gegenüber. Dazwischen findet der Betrachter Platz und kommt mit den Impressionen ins Gespräch. So wie Kirchenvorstand Roland Deinzer, der eigentlich Pfarrer ist, derzeit aber das Gymnasium in Höchstadt/Aisch leitet. Vor 31 Jahren verschlug es ihn, zuvor Pfarrer in Wirsberg bei Kulmbach, des Berufes wegen nach Erlangen. Er fand eine neue Heimat in Forchheim, des günstigen Mietpreises wegen.
Mit der Kamera hat Harry Kramer, der hier im Norden aufgewachsen ist, die Farbigkeit der Straßen und Häuser eingefangen. Wobei schon auffällt, dass der Fotograf bei kaum einem markanten Gebäude den Auslöser gedrückt hat. Kein "Nord-Bahnhof", keine Kirche Verklärung Christi, keine Polizeiinspektion. Obwohl man die Y-Hochhäuser, die Adalbert-Stifter-Schule und die Christuskirche schon sieht, aber nicht sofort erkennt. Zu nahe ist er den Objekten gekommen. Hat das Selbstverständliche, an dem man achtlos vorbei hastet, in den Blick genommen.
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Dafür fängt er Stimmungen ein, spielt mit eigenen Kindheitserinnerungen und sorgt dafür, dass der Betrachter ins Grübeln kommt. Was macht ein einsamer Einkaufswagen am Wegesrand? Wer wohnt hinter jener betongrauen Wand? Wieso trägt der Graffiti-Affe Kopfhörer?
Der Künstler selbst scheut sich, seine Werke zu erklären. Jeder muss sich selbst darauf einlassen. Damit es klick macht. Wie bei der Weihnachtskrippe des Bildhauers Felix Müller, dem in Neunkirchen am Brand ein eigenes Museum gewidmet ist. Harry Kramer hat den Künstler einst in seinem Atelier besucht und ihn als markanten Menschen kennengelernt.
Teile der Christuskirche neu entdeckt
Bei den reduzierten Betrachtungen des Kirchenzeltes hat er mit ungewohnten Perspektiven selbst Pfarrer Knut Cramer überraschen können. Auch wenn der erst seit Oktober in Forchheim ist und glaubte, seine neue Wirkungsstätte schon recht gut zu kennen. Der Taufstein, wiewohl der den Mittelpunkt der Christuskirche bildet, blieb ihm auf der Aufnahme seines Namensvetters verborgen. "Ich habe Teile der Kirche ganz neu entdeckt." So wie die Worte des Propheten Jeremia, die an der Außenfassade dazu auffordern, das Wort des Herrn zu hören.
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Besondere Aufmerksamkeit zieht eine rote Sitzbank auf sich, die einst am Joseph Otto-Platz den Mühseligen und Beladenen eine Verschnaufpause ermöglichte. Wie vieles andere, was auf den Fotografien noch zu sehen ist, ist diese Bank inzwischen verschwunden – dem Fortschritt gewichen.
Wie auch ein rostiger Fahrradständer oder gleich ein ganzes Anwesen. Allerdings geht es Harry Kramer weniger darum, dokumentarisch zu sichern oder nostalgisch zu werden. Er will auch kein romantisches Rothenburg in mildes Licht tauchen. Er zeigt Ausschnitte, die dazu auffordern, einen zweiten Blick zu wagen. Er blickt unter die Oberfläche, die wir zu kennen glauben und zeigt uns ein reizvolles Stadtviertel voller spannender Geschichte und herzlicher Menschen.
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