Ergänzung zur Patientenverfügung

Expertin weiß Rat: So geht eine Pflegeverfügung

Petra Malbrich

12.2.2022, 11:00 Uhr
Irmgard Ginzel in ihrem Beratungsbüro "Die Brücke" in Unterrüsselbach.  

© Petra Malbrich Irmgard Ginzel in ihrem Beratungsbüro "Die Brücke" in Unterrüsselbach.  

Und wie sieht diese aus, sei es durch die Angehörigen oder einen Pflegedienst ausgeübt? Irmgard Ginzel, die Sonderbeauftragte Pflege des Kreisseniorenrings und dessen Gründungsmitglied, kennt das aus ihrer aktiven Zeit in der Pflege. Die Oma kommt aus dem Krankenhaus und braucht Pflege. Waschen, kämmen, umziehen, raus aus dem Bett. „Die Familie bekommt einen Kostenvoranschlag vom Pflegedienst. Dann kommen die Streichungen“, sagt Ginzel. Der Opa werde nicht täglich rasiert, der Mutter werden praktischerweise die Haare geschnitten und Fußpflege muss nicht sein.

„Die Pflege wird von den Angehörigen bestimmt, ohne zu fragen oder zu wissen, wie der Pflegebedürftige das gerne möchte. Ich will schon bestimmen, wie ich gepflegt werde“, sagt Ginzel. Für die Menschen, die in ihr Beratungsbüro „Die Brücke“ in Unterrüsselbach kommen, hat sie deshalb eine Pflegeverfügung entwickelt, in der diese Pflegewünsche genau festgehalten werden. Diese Pflegeverfügung hat sie dem Verein „Hier lässt’s sich leben“ in Kunreuth zur Verfügung gestellt.

Auch Romy Eberlein, die Seniorenplanerin im Landratsamt Forchheim, kennt die Pflegeverfügung, die in wenigen Wochen den zur Pflege beratenden Netzwerken und Betreuungsvereinen vorgestellt wird, um sie so allen im Landkreis zugängig zu machen. Eberlein findet diese Pflegeverfügung gut: „Sie erweitert das Spektrum und den Blick für die Pflege.“ Vor allem ist diese Pflegeverfügung ein wichtiger Bestandteil, um sich selbst mit dem Thema zu beschäftigen. „Man wird dafür sensibilisiert, was einmal auf einen zukommt“, sagt sie.

„Konflikte werden minimiert“

In der Pflegeverfügung sind Aspekte festgehalten, die weder in der Patientenverfügung, noch in der Vorsorgevollmacht stehen. „Dass man warm angezogen werden möchte, weil man kälteempfindlich ist“, nennt Eberlein ein weiteres Beispiel, das in der Pflegeverfügung, einem gültigem Dokument, stehen könnte. „Damit werden Schwierigkeiten und Konflikte minimiert“, betont Eberlein. Irmgard Ginzels Pflegeverfügung beinhaltet fünf Aspekte. Zunächst wird festgehalten, wann die Verfügung gelten soll.

Im zweiten Absatz legt jeder die gewünschten körperpflegerischen Maßnahmen und deren Häufigkeit fest. An die Intimpflege bei Inkontinenz ist gedacht, aber auch an die Mundhygiene, dass richtig Zahnprothesen sitzen: „Das ist oft ein Problem. Dann können die Leute nicht richtig beißen und wollen nicht mehr essen. Das führt zur Unterernährung“, sagt Ginzel. Selbst auf die Fußpflege müsse Sorgfalt gelegt werden, gerade beim Diabetiker.

Im dritten Absatz sind die ärztlichen Maßnahmen festgehalten. Das ist ein großer Teil, der 15 Bestimmungen umfasst: Die ärztlich verordnete Medikamentengabe, wann und ob eine Wundberatung hinzugezogen werden soll oder in welchem Krankenhaus man behandelt, aber auch keinesfalls eingeliefert werden möchte. Auch, dass lebensverlängernde Maßnahmen unterlassen werden sollen, ist ein Punkt, den man ankreuzen kann. „Ganz wichtig ist, dass diese Wünsche mit der Patientenverfügung übereinstimmen“, so Ginzel.

Wünsche zu den Wohnangelegenheiten werden im vierten Teil angegeben. Dass man gerne so lange wie möglich zu Hause bleibt, ohne die Angehörigen zu überfordern, welcher Pflegedienst kommen soll, ob und wie der Wohnraum geändert wird, die Teilhabe am sozialen Leben, aber auch, ob Essen auf Rädern gewünscht wird, sind Beispiele für ein Leben in Würde, obwohl man ein Pflegefall ist. Wie die Pflege mit einem Pflegedienst, in der Palliativklinik oder im Hospiz geregelt wird, darüber informiert der fünfte Teil. Hier legt der Einzelne selbst freiheitsentziehende Maßnahme wie ein Gitter am Bett fest. Die Pflegeverfügung muss natürlich in gesunden Jahren ausgefüllt werden.

Romy Eberlein und Irmgard Ginzel raten zu einer jährlichen Prüfung der Unterlagen, die bestenfalls alle in einer Notfallmappe sind. Der Aufkleber pappt an der Haustüre. „Der Rettungsdienst weiß dann, es gibt eine Mappe, in der alles festgehalten und geregelt ist. Die Mappe sollte gut sichtbar platziert werden“, sagt Ginzel. Die Arztberichte gehören in die Mappe, sowie die Patientenverfügung. Diese sowie die Vorsorgevollmacht sind die Grundlage für die Pflegeverfügung, die wiederum die ergänzende, detaillierte Auflistung der Wünsche zur eigenen Pflege ist. „Manche Fragen kommen dann nicht auf“, so Eberlein, die nun diese Pflegeverfügung den Akteuren der Pflege vorstellen wird, damit die gültige Verfügung den gesamten Landkreis erreichen kann.

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