Ein uralter Brauch

Feldgeschworener aus Fränkischer Schweiz berichtet von Siebener-Geheimnis

29.12.2019, 10:58 Uhr
Feldgeschworener aus Fränkischer Schweiz berichtet von Siebener-Geheimnis

© Foto: Udo Güldner

Feldgeschworener aus Fränkischer Schweiz berichtet von Siebener-Geheimnis

© Archivfoto: Franz Galster

Herr Sponsel, wie wird man Feldgeschworener?

Im Grunde kann das jeder werden. Er oder sie muss volljährig sein und einen guten Leumund haben. Schließlich ist es eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Ortskenntnis und Flexibilität schaden auch nicht. Inzwischen gibt es im Landkreis sogar vereinzelt Frauen, die dieses Ehrenamt ausüben. Das ist der Tatsache geschuldet, dass es immer schwieriger wird, jemanden zu finden. Man sieht diese Tendenz ja auch bei Feuerwehrkommandanten, die vor Jahrzehnten ausschließlich männlich waren.

Wenn man einmal von unserer/m Bürgermeister/in vereidigt wurde, dann bleibt man Feldgeschworener auf Lebenszeit. Im Landkreis sind es mehr als 400 "Marker", wie sie auch genannt werden. Ich selbst kam gleichsam "natürlich" zu dieser Aufgabe, war mein Vater Johann Sponsel doch Bürgermeister. Ich selbst war zwölf Jahre Ortsvorsteher und vertrat die Interessen von Wohlmuthshüll und Buckenreuth im Stadtrat von Ebermannstadt. Da wurde ich irgendwann einfach vorgeschlagen. Die meiste Arbeit hatten wir in der zweiten Hälfte der 60er Jahre, als die Flurbereinigung durchgeführt wurde. Da musste das ganze Dorf mithelfen.

Was ist die Aufgabe der Feldgeschworenen?

Wir vor Ort sind in unserer Gemarkung Wohlmuthshüll/Buckenreuth zu siebt. Fünf davon gehören zur Familie Sponsel, was bei nur 350 Einwohnern in den beiden Dörfern nicht ungewöhnlich ist. Das 863 Hektar große Gebiet orientiert sich an der früheren Gemeinde, bevor diese im Zuge der Kreisreform in den 70er Jahren an Ebermannstadt angegliedert wurde.

In anderen Ortschaften sind es auch mehr Leute. Einer ist der Obmann, der als Ansprechpartner und Organisator auftritt. Sollte jemand persönlich von der Vermessung betroffen sein, dann machen das seine Kollegen. Wir arbeiten meist zu zweit und schaffen eine Genauigkeit von ein bis zwei Zentimetern. Manchmal ist es in wenigen Stunden erledigt, manchmal dauert es mehrere Tage.

Wie sieht ein Arbeitseinsatz aus?

Es gibt die turnusmäßigen Grenzbegehungen. Da sieht man sich um, ob noch alle Grenzsteine richtig liegen. Man bekommt aber auch Hinweise, dass hier oder dort eine Markierung fehlt. Es gab Fälle, wo die Einwohner Steine für ihren Garten aufgelesen haben, ohne zu merken, dass sie da Grenzsteine mitnehmen. Bei Baugebieten oder Straßenvermessungen bekommt der Obmann ein Schreiben, in dem ihm die Bürgermeisterin mitteilt, an welcher Stelle in der nächsten Woche etwas zu vermessen ist.

Da sind dann auch immer die Spezialisten des Vermessungsamtes dabei. Der Obmann legt dann fest, wer und wie viele Feldgeschworene gebraucht werden. Bei uns gibt es keine allzu großen Baugebiete, so dass sich die Arbeit in Grenzen hält. Unsere Aufgabe ist es dann, wie beim Neubaugebiet am Kachelstein ein tausende Quadratmeter großes Flurstück in zehn Parzellen aufzuteilen. Das nennt sich dann Abmarkung.

Feldgeschworener aus Fränkischer Schweiz berichtet von Siebener-Geheimnis

© Foto: Bayerische Vermessungsverwaltung

Dazu haben wir Pickel und Spaten zum Ergraben der Grenzsteine, sowie Senkel (Senklot) und Setzgerät, damit alles punktgenau an der Grenze zu liegen kommt. Für felsiges Gelände haben wir auch Setzeisen, Hammer und Nägel in der Gemeindehalle, dem ehemaligen Dreschmaschinenhaus, eingelagert.

Was hat es mit dem Siebener-Geheimnis auf sich?

So geheimnisvoll ist das gar nicht. Früher hatte man unter die Grenzsteine drei Ziegelbrocken geworfen, um zu erkennen, wenn die Markierung verändert worden wäre. Heute sind es andere "Unterlagen", "Belege" oder "Zeugen". Die Siebenerzeichen sind meist besonders geformte und beschriftete Teile aus dauerhaftem Material, wie gebrannte Tontäfelchen, umgedrehte Glasflaschen, Porzellanreste oder Metallstücke.

Darauf sind entweder das Gemeindewappen oder deren Name eingraviert. Sie werden im Bereich des Grenzsteins in einer bestimmten, nur den Feldgeschworenen bekannten Anordnung ausgelegt oder darunter vergraben. Genaueres möchte ich aber nicht kundtun.

Wie hat sich die Arbeit eines Feldgeschworenen im Laufe der Jahrzehnte verändert?

Früher wurde zwischen den Nachbarn deutlich mehr gestritten. Als Kind habe ich es noch erlebt, wie man sich wegen einiger Fichten in den Haaren lag. Das nennt man Grenzermittlung. Heute gibt es keine Möglichkeit mehr zu tricksen. Zu gut ist alles dokumentiert. Auch die Grenzsteine haben sich verändert.

Früher nahm man das Material, das man in der Gegend vorfand. Bei uns auf der Hochfläche gibt es keinen Sandstein, dafür aber Kalk und Dolorit. Heute ist es ein einheitlicher Granitblock. Auch die Vermessungstechniker kommen nicht mehr mit Maßband, sondern mit Theodoliten und digitalen Karten. Trotzdem braucht es uns, besonders in schwierigem Gelände. Wir arbeiten sehr vertrauensvoll mit den Beamten zusammen.

Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?

Es war noch einfacher, als wir im Dorf noch viele Landwirte hatten, die den ganzen Tag auf dem Acker oder im Stall waren. Ich selbst war ja auch Bauer mit Feldern und Wäldern. Da konnte ich mich einige Stunden um die Grenzsteine kümmern. Heute ist tagsüber kaum noch jemand zu Hause. Alle arbeiten auswärts. Wir haben hier aber genügend Anwärter, meist rüstige Rentner. Unser jüngster Feldgeschworener ist erst 25, unser Ältester bereits 85 Jahre. Dieses Amt hält fit.

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