Jenseits der Vorstellungskraft

Flutkatastrophe: Feuerwehrkommandant aus dem Ahrtal berichtet in Kirchehrenbach über den Einsatz

24.11.2023, 11:00 Uhr
Die Hilfsorganisation Missionsverein Heiligenstadt brachte im vergangenen Jahr Weihnachtspäckchen ins betroffene Hochwassergebiet Laach bei Mayschoss im Ahrtal.

© Friedrich Dorsch, NN Die Hilfsorganisation Missionsverein Heiligenstadt brachte im vergangenen Jahr Weihnachtspäckchen ins betroffene Hochwassergebiet Laach bei Mayschoss im Ahrtal.

Ganz nüchtern war die Überschrift, die Frank Linnarz an die Leinwand warf: Die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal 14./15. Juli 2021. Der Wehrleiter der Verwaltungsgemeinde Altenahr (Kreis Ahrweiler) war zu Gast in Kirchehrenbach und berichtete während eines Infoabends über seinen größten und längsten Einsatz – gleichzeitig aber auch über ein Ereignis, das sich in seiner Dimension mit keiner zweiten Katastrophe in den letzten Jahrzehnten in Deutschland vergleichen lässt.

Gespannt folgten 24 Kirchehrenbacher und knapp 30 weitere Ehrenamtliche aus 13 Feuerwehren des Landkreises und darüber hinaus Linnarz Worten. Unter den Gästen war auch Polizeihauptkommissar Michael Waldmüller von der bayerischen Polizeihubschrauberstaffel, der den Vortrag mit eigenen Erfahrungen – zwei Polizeihubschrauber waren damals ebenfalls im Ahrtal – ergänzte. Außerdem ging er auf Aufgaben und Arbeit der „fliegenden Polizei“ in Verbindung mit anderen Behörden und Organisationen ein.

Frank Linnarz war 2021 Einsatzleiter in seiner Verbandsgemeinde Altenahr. Bei der Freiwilligen Feuerwehr Kirchehrenbach hielt er einen Vortrag über seinen Einsatz bei der großen Flut.

Frank Linnarz war 2021 Einsatzleiter in seiner Verbandsgemeinde Altenahr. Bei der Freiwilligen Feuerwehr Kirchehrenbach hielt er einen Vortrag über seinen Einsatz bei der großen Flut. © privat/Sebastian Müller, NN

Zu Beginn begrüßte Kommandant Sebastian Müller die 51 Gäste. Er dankte dem Referenten für die Möglichkeit, hautnah einen Einblick in diese riesige Schadenslage zu gewinnen. „Wir lernen nur dazu, wenn wir uns austauschen und Geschehnisse aufarbeiten“, erklärte er den Hintergrund des Infoabends. „Und dieses Ereignis hat uns vor Augen geführt, in welcher Dimension Naturkatastrophen zuschlagen können, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die kommunalen Feuerwehren bis heute“, sagte der Feuerwehrchef.

Kein Überblick möglich, keine Kommunikation bei der Flut im Ahrtal

Kein Überblick möglich, keine Kommunikation, das berichtete Linnarz von der Ausgangslage in jenen Julitagen. Den Ankündigungen des Deutschen Wetterdienstes, die eigenen Vorbereitungen im Zuständigkeitsbereich und dem Verlauf des Einsatzes bei steigendem Pegel der Ahr. Fast „normal“ ging es damals los. Auch die Prognosen ließen auf ein „normales“ Hochwasser-Ereignis im Ahrtal wie fünf Jahre zuvor vermuten. Doch dann ging alles ganz schnell.

Das erklärte der Gast aus Rheinland-Pfalz unter anderem beispielhaft an einem Wohnhaus, dessen erstes Obergeschoss innerhalb von vier Minuten überflutet war. Menschen retten über Feuerwehrleitern und mit Radladern mitten im Wasser, Stromausfall, keine Erreichbarkeit mehr über Straßen und Wege sowie der Ausfall von Digitalfunk und Mobilfunknetz. Menschen, die auf „abgesoffenen“ Löschfahrzeugen im Hochwasser ausharrten – ein unbeschreibliches Szenario für Einsatzkräfte.

Eine Abordnung des Technischen Hilfswerkes aus Kirchehrenbach hat beim Hochwassereinsatz im Ahrtal unterstützt.

Eine Abordnung des Technischen Hilfswerkes aus Kirchehrenbach hat beim Hochwassereinsatz im Ahrtal unterstützt. © Foto: THW Kirchehrenbach, NN

Feuerwehrleute sind im Ahrtal ums Leben gekommen

Besonders bedrückend: Neben all dem Leid der Bürgerinnen und Bürger sind Feuerwehrleute ums Leben gekommen, alleine in der Verwaltungsgemeinschaft Altenahr sind fünf Feuerwehrhäuser und mehrere Fahrzeuge zerstört worden. Im Prinzip war wenig bis keine Infrastruktur mehr in den einzelnen Ortschaften. Die Aufbauarbeit läuft bis zum heutigen Tag. Mit viel Beifall des Publikums durfte Kommandant Müller seinen Amtskollegen nach seinem 90-minütigen Vortrag mit einem kleinen Geschenk verabschieden.

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