Forchheim: Ein neuer BayWa-Standort wird gesucht

28.9.2019, 08:00 Uhr
Forchheim: Ein neuer BayWa-Standort wird gesucht

© Foto: Ulrich Graser

Alternative Flächen wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutiert. Ergebnis: offen. Der BayWa-Karren, in Gang gesetzt von den Erweiterungsplänen von Siemens, steckt vorläufig fest.

Die Stadträte passierten auf dem Weg in den Saal ein Protestbanner der Aktionsgemeinschaft, die das Gewerbegebiet bei Sigritzau notfalls mit einem Bürgerbegehren stoppen will. Mittlerweile, sagten sie, wurden dafür rund 1900 Unterschriften gesammelt, nötig wären etwa 1600.

Ökologisch wertvoller Bereich

Im Sommer hatte der Stadtrat, als er mit großer Mehrheit noch Sigritzau befürwortete, einen Bebauungs- und Grünordnungsplan auf den Weg gebracht, außerdem die Änderung des Flächennutzungsplans, in dem die Fläche bisher als Dauergrünland in einem ökologisch wertvollen Bereich ausgewiesen ist. Über 50 Stellungnahmen von Privatleuten gingen dazu ein, außerdem die Stellungnahmen von Verbänden und Behörden. Jörg Meier vom Bamberger Planungsbüro Höhnen & Partner fasste die Stellungnahmen zusammen. Themen wie die Verkehrsanbindung, die Ver- und Entsorgung mit Wasser und Abwasser — das alles sei technisch lösbar. Anders beim Thema Landschaftsbild: "Rein rechtlich gibt es kein Argument, mit dem man unter dem Aspekt des Landschaftsschutzes diesen Standort ablehnen könnte. Es ist schlichtweg eine Frage des Wollens oder Nicht-Wollens." Die Frage des Landschaftsbildes, auf die sich viele Einwendungen bezogen, sei "nachvollziehbar", aber eine "subjektive Bewertung".

Die teils in Form eines offenen Schlagabtausches geführte Diskussion führte nicht zu einer Annäherung. Annette Prechtel, OB–Kandidatin der FGL, sah hier eine "Frage der Werte und Wertigkeiten". In Sachen "ungebremster Flächenfraß" habe ein Wandel stattgefunden. Sie warf dem Planer vor, die Einwände "technokratisch und rechtlich wegargumentiert" zu haben: "Das kann nicht sein." Die Fläche sei einfachnicht geeignet für ein Gewerbegebiet.

Dem schloss sich Martina Hebendanz (CSU) aus Kersbach an, die dort häufig vorbeifährt: "Auch meine Kinder haben gesagt, da kann man doch nichts hinbauen." Fraktionschef und OB-Kandidat Udo Schönfelder meinte, es sei von der BayWa "nicht völlig sinnvoll gewesen, Weichenstellungen zu vollziehen, ohne Sicherheit zu haben". Die Firma hat die Fläche bereits gekauft (mit Rückgabeoption), ohne das Ergebnis des Planverfahrens abzuwarten. Schönfelder warf OB Uwe Kirschstein (SPD) vor, den Stadtrat "ein Stück weit auf diesen Standort hingeführt" zu haben: "Die Alternativlosigkeit, die behauptet wurde, die gab es gar nicht." Und was das Thema Wasserversorgung im Zweng und Treibstofflager bei der BayWa angeht, gab Schönfelder Edith Fießer von der FGL Recht: "Ich will gar nicht wissen, ob die Stadtwerke und das Wasserwirtschaftsamt mit ihrer Aussage, das sei kein Problem, auch in 30 oder 40 Jahren noch Recht haben. Hier geht es um das Lebensmittel Nummer eins."

Manfred Hümmer (FW) griff das Wort von der "subjektiven Empfindung" in Sachen Landschaftsbild auf: "Es gehört auch eine gewisse Sensibilität dazu." Er höre jedenfalls von vielen Bürgern: Das könnt ihr doch an dieser Stelle nicht machen. Auch Thomas Werner (CSU) machte öffentlichen Druck geltend: "Wenn sich die Bürgerschaft in so massivem Maße an einen wendet, muss ich das ernst nehmen." Im Rahmen eines Planungsverfahrens seine Meinung zu ändern, sei "nicht unnormal". CSU und FW hatten ihre Meinung im Juli kurz vor dem Annafest geändert.

In einer eingeschobenen 75-minütigen nichtöffentlichen Sitzung trugen Vertreter der BayWa ihre Sicht vor. Außerdem wurde über weitere, bis dato unbekannte Flächen diskutiert. Echte Alternativen? "Ein Grundstücksgeschäft", wurde OB Kirschstein nicht müde zu betonen, "ist erst mit der Unterschrift beim Notar beendet." Damit wollte er ausdrücken, dass mit Verzögerungen und Unsicherheiten bis zur letzten Sekunde zu rechnen ist. Im Hintergrund drängt Siemens die BayWa aber, bis August 2021 an der Lände das Feld zu räumen. Würde sich der Stadtrat doch für den Standort Sigritzau entscheiden, käme allerdings ein Bürgerbegehren dazwischen: Verzögerungen gibt es also auf jeden Fall.

Die SPD-Vertreter Reiner Büttner (Landrats-Kandidat) und Anita Kern hielten wie der OB an Sigritzau fest. Sie versuchten, die CSU mit ihren eigenen Waffen zu schlagen: Wer aus Umweltschutzgründen gegen die BayWa in Sigritzau sei, müsse auch gegen die (dort vierspurig geplante) Ostspange sein. Wer es mit der Verlässlichkeit der Stadtpolitik gegenüber Unternehmen ernst meine, der müsse an dem Standort festhalten. Dasselbe sagten Sebastian Körber (FDP), Manfred Mauser (FBF) und Franz Streit (CSU). Vertrauen in die Verlässlichkeit der Stadt, sagte daraufhin Thomas Werner in Richtung OB, "gab es früher unter Franz Stumpf. Ob das heute noch vorhanden ist?"

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