Forchheim: Sexualstraftäter erhält Bewährung

6.8.2020, 16:04 Uhr

Damals die 3. Strafkammer des Landgerichts Bamberg den Täter zu 22 Monaten Gefängnis verurteilt, den 37-jährigen Afghanen zugleich aber in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Nun musste das Verfahren wegen einer Revision am Bundesgerichtshof neu aufgerollt werden.

Fast ein halbes Jahr hat Hadi W. (Name geändert) in der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses Bayreuth verbracht. Eine Therapie hat der Sexualstraftäter freilich nicht begonnen – hält er sich doch trotz des eindeutigen Urteils weiterhin für unschuldig. Dafür hat sein Pflichtverteidiger Jochen Kaller aus Bamberg die Zeit dafür genutzt, mit einem Revisionsantrag den Bundesgerichtshof in Leipzig zu befassen. Der dortige 6. Strafsenat hatte an der Schuld von W. keine Zweifel und befand auch die Strafhöhe für angemessen.

W. hatte im April 2019 eine geistig behinderte Frau während eines Fahrradausfluges in Richtung Sportinsel Forchheim auf einer Parkbank begrabscht, ihr die Hose und Unterhose heruntergezogen und wollte sie zu sexuellen Handlungen zwingen. Erst ein Spaziergänger mit seinem Hund hatte W. vertrieben.

Nur bei der Unterbringung in ein Bezirksklinikum hatten der Vorsitzende Richter Günther Sander und seine BGH-Kollegen juristische Bedenken. Insbesondere die Gefährlichkeits-Prognose war aus ihrer Sicht nicht ausreichend begründet. Dabei hatte der psychiatrische Sachverständige Christoph Mattern aus Bayreuth sehr wohl ein hirnorganisches Psychosyndrom gefunden.

Unterbringung aufgehoben

Das sei, so der Gutachter, mit einem Hieb mit einem Gewehrkolben auf den Kopf durch Taliban-Kämpfer, durch einen schweren Motorradunfall und eine Rauchgasvergiftung bei einem Wohnungsbrand zu erklären. Nur, dass von Hadi W. auf Grund einer Erkrankung weitere schwere Straftaten zu erwarten wären, das konnte man am Bundesgerichtshof nicht erkennen.

Ähnlich sah es nun die Strafkammer, die am Landgericht Bamberg für Berufungen und Revisionen zuständig ist: Sie hob die Unterbringung auf und verhängte eine Bewährungsstrafe. Am Ende des Tages verließ W. den Justizpalast als freier Mann. „Sie wurden aber nicht freigesprochen“, so die Vorsitzende Richterin Marion Schmidt. Vielmehr müsse er sich nun bewähren.

Drei Jahre muss W. straffrei bleiben, jeden Wohnsitzwechsel melden, einmal monatlich bei der Polizei vorbeischauen, sich einen gesetzlichen Betreuer suchen und mit dem Bewährungshelfer zusammenarbeiten – dann aber in Erfurt, wohin Hadi W. mutmaßlich ziehen will. Dort lebt seine Schwester.

Dass die Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, hatte gleich mehrere Gründe: Zum einen war Hadi W. nicht vorbestraft. Zum anderen hatte er bereits 16 Monate hinter Gittern verbracht. Außerdem leidet sein Opfer nicht unter bleibenden körperlichen oder psychischen Spätfolgen.

Udo Güldner