Kontroverse

Geplante A73-Raststätte bei Eggolsheim: Streit wird zu Grundsatzdebatte

28.5.2021, 11:27 Uhr
In Verlängerung des bestehenden A 73-Parkplatzes Regnitztal-West soll die geplante Raststätte errichten werden (fast genau in der Bildmitte). Der Autobahn-Parkplatz auf der Ostseite (auf dem Bild rechts der A 73) wird mit einer Überführung an die neue Anlage angeschlossen.

© Foto: Martin Distler In Verlängerung des bestehenden A 73-Parkplatzes Regnitztal-West soll die geplante Raststätte errichten werden (fast genau in der Bildmitte). Der Autobahn-Parkplatz auf der Ostseite (auf dem Bild rechts der A 73) wird mit einer Überführung an die neue Anlage angeschlossen.

Tanken und Rasten geht entlang der A 73 zwischen Nürnberg und Südthüringen kaum: Auf rund 170 Kilometern fehlt die Möglichkeit, das Fahrzeug direkt neben der Autobahn zu parken, um den Wagen mit Kraftstoff und sich selbst mit einem Kaffee zu versorgen. Deshalb ist seit über zehn Jahren geplant, diese „Lücke“ zu schließen – sieht doch das Netzkonzept des Bundes alle 50 bis 60 Kilometer eine bewirtschaftete Anlage an Autobahnen vor.
Auch einen Standort hatte die einstige Autobahndirektion Nordbayern (inzwischen in die Autobahn GmbH des Bundes überführt) gefunden: südlich von Eggolsheim, zwischen den bestehenden Parkplätzen Regnitztal- West und -Ost.

Die Pläne wuchsen

Bevor sich dieser Bauplatz klarer abzeichnete, stieß das Projekt durchaus auf Sympathien, wie ein Blick in die NN-Archive zeigt: Für Eggolsheims Bürgermeister Claus Schwarzmann (BB) und den Gemeinderat überwogen 2009 noch die Vorteile einer neuen Raststätte (samt neuer Arbeitsplätze und einem erhofften Werbeeffekt für die Region). Auch aus dem Forchheimer Rathaus, damals unter OB Franz Stumpf, kamen positive Signale.


Alles war scheinbar gut, solange die Planungen unkonkret blieben.
Doch die Stimmung begann zu kippen – nicht nur, weil die Schlagwörter „Klimaschutz“ und „Nachhaltigkeit“ im Laufe des Jahrzehnts zum (politischen) Standardvokabular geworden sind. Auch die Dimensionen der Anlage wurden offenbar unterschätzt, nachdem die Autobahndirektion später von rund zehn Hektar Baufläche sprach – mit zusätzlichen 50.000 Quadratmetern für „landschaftspflegerische Maßnahmen“.

Der Widerstand wuchs

Die betroffenen Ackerbauern gingen auf die Barrikaden, der Gemeinderat sah es ganz ähnlich: Das Gremium untermauerte 2014, 2017 wie 2018 seine Ablehnung des Raststätten-Standorts mit jeweils einstimmigen Beschlüssen und dem Argument der Bodenversiegelung auf dem überwiegend landwirtschaftlich genutzten Areal. Mit dem Bau der Biogasanlage und des Lidl-Zentrums sowie der neuen ICE-Trasse habe man, so der Tenor, schon genügend Flächen an Infrastruktur, Gewerbe und Co. verloren.


Geplante A73-Raststätte bei Eggolsheim sorgt weiter für Unmut


Der Widerstand wurde schließlich so groß, dass sich der aus dem Eggolsheimer Ortsteil Neuses stammende CSU-Landtagsabgeordnete Michael Hofmann an den damaligen Verkehrsminister des Freistaats, Hans Reichhart, wandte – der wiederum eine „grundsätzliche Überprüfung“ der Planungen versprach.
Damit lag das Projekt erst mal wieder auf Eis, doch war „keinesfalls vom Tisch“, wie Hofmann 2019 betonte: Denn das Verkehrsaufkommen sei ja weiter vorhanden, die Logistik nicht wegzudenken, die Lasterfahrer bräuchten Platz zur Rast und der Lückenschluss sei im Bundeskonzept festgeschrieben, so Hofmann. Es ginge nicht um das Ob, sondern vielmehr um das Wo.

Die Pläne bleiben

Von den vorläufigen Ergebnissen der zugesagten grundsätzlichen Überprüfung des Verkehrsministeriums zeigten sich die Landtags-Grünen dann genauso enttäuscht wie der 2019 gegründete Eggolsheimer Ortsverband der Partei: Ohne jede Änderung an der ursprünglichen Konzeption werde demnach eine Vorentwurfslösung weiterverfolgt, kritisierten sie. Es blieb bei etwas mehr als zwölf Hektar für die gesamte Anlage. Der Großteil davon soll direkt nördlich des Parkplatzes Regnitztal-West gebaut und der Parkplatz auf der Ostseite mit einer Überführung an die neue Tank- und Raststätte angeschlossen werden.


Mit der Auflösung der Autobahndirektion ist das Projekt inzwischen reine Bundessache geworden – und die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum aus Forchheim wurde Ende 2020 deutlich: Der Verkehrswegeplan an sich sei aus der Zeit gefallen, weil er unbeirrt auf den „Autowahn“ setze, so Badum. „Wir brauchen diese Raststätte im Landkreis Forchheim nicht.“

Der Widerstand wuchs

Diese Art der Argumentation und des Protests der Grünen gegen die Anlage hält Michael Hofmann nun für eine „perfekt inszenierte Aktion, rechtzeitig zur Bundestagswahl“, wie er in einer Mitteilung schreibt. Hofmann verweist dabei nicht nur auf das Alter der seit 2008 geführten Debatte.


Eggolsheim will gegen Tank- und Rastanlage an A73 klagen


Bürgermeister Schwarzmann habe sich 2018 in einem Schreiben ausdrücklich an alle örtlichen Bundes- und Landtagsabgeordneten mit der Bitte um Unterstützung gewandt, so der CSU-Politiker. Doch parteiübergreifende Rückmeldungen wären ausgeblieben. „Auch von den Grünen kam nichts“, ärgert sich Hofmann. „Da waren medienwirksame Bilder mit an Ketten gefesselte Bäume im Steigerwald scheinbar wichtiger.“

Schon früh "reinen Wein eingeschenkt"

Schon früh habe er den Verantwortlichen in Eggolsheim „reinen Wein eingeschenkt“ und einen strikten Kurs gegen weitere großflächige Umwidmungen von landwirtschaftlicher Fläche eingefordert. Doch, schreibt Hofmann weiter, bei dem starken Flächenverbrauch der Gemeinde für Gewerbe- und Wohngebiete und andere Infrastruktur in den vergangenen Jahren „ist es für einen Politiker nicht gerade einfach, beim geplanten Bau einer Rastanlage mit dem Gegenargument ,zu viel Flächenverbrauch‘ die verantwortlichen Behörden zu überzeugen“.


Er bleibt dabei: Es gehe nicht um das Verhindern von Rastmöglichkeiten oder von Lkw-Parkplätzen für Lkw – „die brauchen wir“. Aber: „Ich habe darum gekämpft, diesen Standort zu hinterfragen, und werde auch weiter kämpfen.“
Genauso geht auch die Kontroverse weiter und es bleiben viele offene Fragen: zum möglichen Baubeginn, den veranschlagten Kosten oder den Auswirkungen auf die Anwohner. Fragen, die die vor wenigen Wochen gegründete, überparteiliche Interessensgemeinschaft „Lebenswertes Regnitztal“ ebenfalls geklärt haben will.

Der Stand der Dinge

Und hier haben es jetzt die Grünen, insbesondere Badum, geschafft, etwas Licht ins Dunkel zu bringen: Auf ihre Kleine Anfrage im Bundestag antwortete die Bundesregierung, dass sich die Gesamtkosten der Maßnahme „nach derzeitigem Stand“ auf 23,6 Millionen Euro beliefen, davon knapp 2,7 Millionen Euro allein für den Grunderwerb. „Insgesamt werden für den Neubau der Tank- und Rastanlage 12,34 Hektar beansprucht.“ Der bestehende Parklatz Regnitztal-Ost, die Teil der Gesamtmaßnahme ist, nimmt davon rund zwei Hektar ein. Ausgleichs- und Ersatzflächen von etwa 6,2 Hektar werden geplant.
Für die neue Anlage vorgesehen sind eine Tankstelle und ein Rastgebäude nebst Wirtschaftshof. Nach Berechnung der Immissionen seien „für die nächstgelegenen Wohnbebauungen keine Lärmschutzmaßnahmen erforderlich“, heißt es weiter. Und: Die Autobahn GmbH des Bundes beabsichtigt, das Baurechtsverfahren 2024 einzuleiten.

„Der Bund plant munter weiter“

Mehr ist Bürgermeister Claus Schwarzmann derzeit auch nicht bekannt: „Der Bund plant munter weiter“, sagt der Gemeindechef. Ob sich das nach der Wahl im September mit anderen politischen Konstellationen ändere, „das wage ich nicht zu beurteilen“, so Schwarzmann. Eine Neubewertung des Vorhabens durch die nächste Regierung birgt für ihn allerdings „eine gewisse Hoffnung“. Er und der Eggolsheimer Gemeinderat werden ihre Ablehnung des Anlagen-Standorts auf ihrem Gemeindegebiet jedenfalls bekräftigen, sagt Schwarzmann.
Man könne aber auch „grundsätzlich die Sinnhaftigkeit neuer Tank- und Raststätten hinterfragen“, meint der Bürgermeister – wenn doch die Energie-, Klima- und Verkehrswende vorangebracht werden sollen.

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