Herder-Gymnasium: Musikstunde mit dem Elisen-Quartett

14.5.2018, 10:00 Uhr
Herder-Gymnasium: Musikstunde mit dem Elisen-Quartett

© Foto: Roland Huber

Es ist eine prächtige Karawane, die da an den operngestählten Ohren des Publikums vorbeizieht. Man meint die Königin von Saba (Sheba) sehen zu können, die gerade in Jerusalem ankommt. Dort erwartet die biblische Herrscherin der König Salomo.

Da es zu Händels Zeiten, zur Hochzeit des Barock, als solche antiken Stoffe gerade in Mode waren, das Streichquartett als Besetzung noch nicht gab, behelfen sich die vier Damen mit einer Bearbeitung.

Es wird für Anja Schaller, Maria Schalk, Karoline Hofmann und Irene von Fritsch die einzige des Vormittags bleiben. Sonst sind ausschließlich Originalkompositionen zu hören.

Mit dem Erfinder des Streichquartetts, Joseph Haydn, beginnt die Gattung, die bis in die Gegenwart nichts von ihrer Faszination verloren hat. Das hat auch damit zu tun, dass eine Melodie seines "Kaiser-Quartetts" sich über den Umweg des Dichters Hoffmann von Fallersleben in die bundesdeutsche Nationalhymne gerettet hat. Dabei hatte Haydn mit "Gott erhalte Franz den Kaiser" eigentlich seinem Gönner am Habsburger Hof ein musikalisches Porträt gezeichnet.

Auf Wunsch der Fachschaftsleiterin Angelika Bogendörfer darf Haydns Schüler Mozart nicht fehlen. Sein "Dissonanz-Quartett", übrigens wie viele Beinamen keine Idee des Komponisten, sondern späterer Herausgeber, lebt von den schroffen Wechseln zwischen Dur und Moll, von einem düsteren Einstieg, der die Instrumente schräg schreien lässt, und von einer gewissen Galanterie, die sich zu fulminanter Heiterkeit steigert.

An den ausgreifenden Kompositionen Schuberts und den erratischen Beethovens vorbei wendet sich das Elisen-Quartett, das einst vor 17 Jahren in der Lebkuchen-Metropole Nürnberg gegründet wurde, gleich den Spätromantikern zu. Dvoraks berühmtes "Amerikanisches" Streichquartett bringt die kraftvollen und doch intimen Weiten der Prärie in die fränkische Provinz.

Wie die vier Mandelhälften auf dem Elisen-Gebäck sind die vier Musikerinnen auf der Bühne verteilt, und sie bekommen ausgerechnet bei Ravels einzigem, unerhört wildem Streichquartett den größten Beifall. Das war zu seiner Zeit mehr als umstritten. Ravels Lehrmeister Fauré lehnte es wie viele andere ab. Nur Debussy erkannte das "Juwel der Kammermusik", das vor Klangfarben nur so schillerte, mit impressionistischen Eindrücken erschütterte.

Dass die Gattung aus zwei Violinen, einer Viola und einem Violoncello auch ein Vierteljahrtausend nach ihren ersten Schritten noch immer wandlungsfähig ist, zeigen die Ausflüge, die die "minimal music" dorthin unternommen hat.

Neben Steve Reich ist es Philip Glass, der dem Streichquartett neue Impulse gegeben hat. "Dass Glass Mathematik und Philosophie studiert hat, das hört man auch," so Anja Schaller, die einige Zeit lang am Herder-Gymnasium Geige unterrichtet hat und mit dem aus Forchheim stammenden Jazz-Pianisten Johannes Billich aus Nürnberg verheiratet ist.

In ständig kreisenden Bewegungen, ständigen dynamischen und harmonischen Wechseln und einer hinreißenden Detailverliebtheit erzeugt die Musik des 5. Streichquartetts Schwindelgefühle, Langeweile oder Trancezustände.

Egal welcher gerade die Jugendlichen erfasst hat, ganz ohne Emotionen, mitunter gar Ekstase geht es bei Kammermusik nie.

Nach zwei Schulstunden, die wie im Bogenstrich vorübergeflogen sind, hat das Elisen-Quartett etwas Klangfarbe in den Schulalltag gebracht. Bliebe noch ein Piazzolla-Tango, dessen schrille Schritte natürlich nicht zum Tanzen animieren, sondern zum Niederknien. Wenn die bis dahin gebannt lauschenden Schüler da nicht längst auf dem Weg zum Schulbus wären.

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