Historische Stadtmauer in Forchheim: Ausgraben oder wieder vergraben?

8.10.2020, 08:00 Uhr
Teile der Forchheimer Stadtmauer aus dem Mittelalter werden derzeit auf der Wallstraßen-Baustelle freigelegt, vermessen und dokumentiert. 

© Edgar Pfrogner Teile der Forchheimer Stadtmauer aus dem Mittelalter werden derzeit auf der Wallstraßen-Baustelle freigelegt, vermessen und dokumentiert. 

Nicht nur Matthias Hoffmann und sein Bamberger Archäologen-Team waren von dem Fund im Rahmen der Straßensanierungsarbeiten verzückt. Auch in der jüngsten Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses des Stadtrates ging Kulturbürgermeisterin Annette Prechtel (FGL) auf die potenzielle Bedeutung des entdeckten Mauerwerks ein: „Das sind Funde, die wir so bislang kaum gefunden haben und vielleicht auch nie mehr wieder finden werden.“ Im Erhaltungszustand und in ihrer Ausdehnung seien die historischen Gemäuer „einzigartig“, so Prechtel. 

Auf etwa zwölf Metern Länge erstrecken sich die rund 1,50 Meter breiten Buckelquader aus Sandstein. Weil sie als Fundament für spätere Gebäude dienten, wurden die jahrhundertealten Steine bestens konserviert.

Eine genaue Datierung steht noch aus, die Archäologen hofften zunächst, im Untergrund auf Reste eines ursprünglichen Mauer-Fundaments aus Eichenholz zu stoßen. Das Holz, genauer die Jahresringe der Bäume, von denen es stammt, hätten Aufschluss auf Alter der Anlage geben können. Zwischenzeitlich hat Hoffmann aber festgestellt, dass es eine solches Holz-Fundament nicht gibt. 

Nach bisheriger Auswertung datieren die Forscher die Mauer vorbehaltlich auf das Hochmittelalter, „vermutlich die Jahre um 1200 bis 1250“, so Hoffmann. Das Denkmal wird derzeit punktgenau vermessen und dokumentiert. Später wird davon ein digitales Modell erstellt. 

"Keine vorschnelle Entscheidung treffen"

Aufgrund des „hohen Werts“ der Funde für die Stadtgeschichte richtete Annette Prechtel eine Bitte an das Gremium – nämlich „keine vorschnelle Entscheidung zu treffen“. Ihrer Stellungnahme vorausgegangen war eine Tischvorlage mit einem tagesaktuellen Schreiben des Landesamts für Denkmalpflege. Kernfrage: Wie umgehen mit den Funden? 

Nach bisheriger Auswertung datieren die Forscher die Mauer vorbehaltlich auf das Hochmittelalter, vermutlich die Jahre um 1200 bis 1250.

Nach bisheriger Auswertung datieren die Forscher die Mauer vorbehaltlich auf das Hochmittelalter, vermutlich die Jahre um 1200 bis 1250. © Edgar Pfrogner

Aus Sicht des Forchheimer Tiefbauamtes ist es denkbar, die Umrisse der historischen Stadtmauer in (oder eher: unter) der Wallstraße mit einem geeigneten Natursteinbelag (beispielsweise Granit) nachzubilden. Dazu könnte eine Info-Tafel installiert und Teile der entnommenen Steinquader im Pfalzmuseum ausgestellt werden. 

Voraussetzung für diese Idee wäre allerdings, dass die oberste Schicht der Sandsteine bis zur Planungshöhe der sanierten Wallstraße abgetragen wird – und die Mauer wieder unter der Erde verschwindet. Das Denkmal wäre damit „zwischenlagert“, formulierte es Tiefbauamts-Chef Werner Schaup. „Es ist also nicht verloren, sondern konserviert und wir hätten es digital verfügbar.“ Auch das Landesamt für Denkmalpflege befürwortet in seinem Schreiben diese Vorgehensweise. 

Die andere Möglichkeit, nämlich die Mauer teilweise oder komplett freizulegen und in das Areal zu integrieren, ist aufwändiger: Ein Konzept für die Visualisierung müsste erstellt werden, es bräuchte Fachgutachten in Sachen Restaurierung und der „langfristige Erhalt der Denkmalsubstanz“ müsste gesichert sein, so das Landesamt. 

"Keine neuralgische Stelle"

Im Ausschuss war man in dieser Frage zwiegespalten: Von eher Zustimmung für die Idee des Tiefbauamts bei Holger Lehnard (CSU) und Manfred Mauser (FBF), bis eher Freilegung des Denkmals bei Prechtel, Ludwig Preusch (FW) und Reinhold Otzelberger (CSU). Letzterer merkte an, dass das Areal rund um das ehemalige C&A-Gebäude „aus meiner Sicht nicht zwingend notwendig für den Verkehrsfluss ist“. Auch Prechtel hielt den Straßenabschnitt diesbezüglich für keine „neuralgische Stelle“. Anita Kern (SPD) wünschte sich ein Plankonzept für die Gestaltung des Areals.

Wie zuletzt Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) betonte, handelte es sich bei dem Tagesordnungspunkt bewusst nur um eine Kenntnisnahme. Man werde die Anregungen aus dem Gremium aufnehmen, so der OB, und sich Zeit nehmen für die Meinungsbildung, bevor ein Beschlussvorschlag zustande komme. Auf den hofft Werner Schaup in der nächsten Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses.

Philipp Rothenbacher

 

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