Forschungsprojekt im Obstinfozentrum

Klimawandel setzt Kirschbäumen in der Fränkischen Schweiz zu

7.12.2020, 16:00 Uhr
Klimawandel setzt Kirschbäumen in der Fränkischen Schweiz zu

© Foto: Johanna Schreyer

"Man merkt den Bäumen an, dass sich etwas verändert", sagt Hans Schilling. Er ist der Herr über das Obst im Landkreis – als Kreisfachberater für Obstanbau. Auch vor der Fränkischen Schweiz, einem der größten zusammenhängenden Kirschanbaugebiete Deutschlands, macht der Klimawandel nicht halt.

Das Obstinfozentrum in Hiltpoltstein arbeitet seit Jahren daran, die negativen Auswirkungen des Klimawandels für die Früchte abzumildern. Hierfür hat die Versuchsanlage im Fränkischen Oberland vor zwei Jahren mit wissenschaftlicher Betreuung der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau Veitshöchheim ein Forschungsprojekt gestartet: "Auswirkungen des Klimawandels auf den Kirschenanbau in der Fränkischen Schweiz" heißt der Titel.

Das Obstinformationszentrum bietet neben seinen zwei Standorten in Dietzhof und Hiltpoltstein nicht nur genug Platz um zu forschen, man sehe sich auch als "Dienstleister für die Obstbauern in der Region", so Schilling. Seit diesem Jahr biete die Einrichtung die Ausbildung "Gärtner für Fachrichtung Obstanbau" an. Das ist oberfrankenweit die einzige Ausbildungsstelle in diesem Bereich. Verantwortlicher hierfür ist Elias Schmitt. Er ist staatlich geprüfter Techniker im Obstbau und überwacht auch das Klimaforschungsprojekt.

Derzeit ist ein Team damit beschäftigt, sich mit den verschiedensten Anbautechniken und der Beständigkeit von Obst in der Region auseinander zu setzen. Am Standort Hiltpoltstein läuft ein Versuchsaufbau mit Süßkirschen. Den Bäumen wird je einer von acht so genannten Bodenzuschlagstoffen beigemischt und beobachtet, wie sie darauf reagieren. Einer dieser Stoffe ist der Grünabfall des Landkreises. Die Fragen die hinter diesen Versuchen stehen und möglichst beantwortet werden sollen: Wie witterungsanfällig ist der Baum? Ist es möglich, die Ernteerträge zu steigern?

Auch werden Versuchsreihen, "Kirschen ohne Namen", verpflanzt. "Diesen ist lediglich eine Züchtungsnummer zugewiesen", so Schilling. Mit der Verpflanzung startet eine Testphase, die fünf Jahre dauert. Während dieser Zeit achten die Obstforscher auf den Ertrag und beispielsweise darauf, wie anfällig der Baum für Krankheiten ist und: natürlich auch auf die Größe der Kirsche.

Dabei prüfen die Experten auch neue Erziehungsformen. Wortwörtlich. Kann ein Kirschbaum auch in Form von Obsthecken Ertrag liefern? Ist die Ernte bei einer Heckenform mit der Maschine sogar einfacher als bei der bisher klassischen Variante? Die Antworten werden folgen.

Apropos Ernte: 2020 war nicht gut Kirschen essen. Wegen der Spätfrostnächte in diesem Frühjahr ist ein Großteil der Kirschen erfroren. Die Kirschen, auch das ist eine Folge des Klimawandels, treiben im Frühjahr schneller aus und durchlaufen eine schnellere Entwicklung. Kommt es später nochmal zu Frost, zerstört der die bereits gut entwickelte Frucht.

Die frostigen Nächte – sie sind eine Zitterpartie für die Obstbauern. Mit Pellet-Öfen auf der Plantage liefen Versuche, die Umgebungstemperatur in Frostnächten zumindest über die kritische Null-Grad-Marke zu erhöhen. Doch wenn der Frost zu stark ist, scheitern auch die Öfen. Gerade mal ein halbes bis ganzes Grad Umgebungstemperatur können sie wettmachen, erklären die Experten. "Es konnte von den 1500 Bäumen mit 20 verschiedenen Kirschsorten in Hiltpoltstein kein einziger abgeerntet werden", sagt Schilling.

Nicht nur die Kirsche hat Schilling im Blick. In der Versuchsanlage in Dietzhof werden Aprikosen, Kiwis und Pfirsiche angebaut. Weil das fränkische Klima milder wird, gedeihen diese Sorten mittlerweile auch in der Fränkischen Schweiz. Neben der Wärme bereiten extreme Trockenperioden Probleme. Aber auch daran wird gearbeitet. So wird nach Möglichkeiten geforscht, das Wasser länger im Boden zu speichern.

Das Team um Schilling startet indessen in das "Biomost-Obst-Projekt". Ein weiteres Pilotprojekt auf einem Hektar Land: Äpfel in Bioqualität sollen beim Obstmarkt in Pretzfeld zu heimischem Apfelsaft werden, ohne Zusätze. Das Sortenreichtum der Region soll damit auch erhalten und "fränkisch" bleiben.

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