Besonderes Engagement

Private Hilfsaktion aus Forchheim erreicht Flutopfer im Ahrtal

21.9.2021, 15:25 Uhr
Fotos, die Miriam Meklenburg aus dem Auto heraus aufgenommen hat, zeigen, dass noch längst nicht alles beim Alten ist in den Katastrophenregionen. 

© Miriam Meklenburg, NN Fotos, die Miriam Meklenburg aus dem Auto heraus aufgenommen hat, zeigen, dass noch längst nicht alles beim Alten ist in den Katastrophenregionen. 

„Ich sah das Elend der Menschen, die Verwüstung und die nur langsam angelaufenen staatlichen Hilfen und dachte mir, wie kann ich helfen.“ Kurzerhand fragt Miriam Meklenburg bei ihren Freunden und Bekannten, sucht per Kleinanzeigen und auf Facebook. Die ersten Werkzeuge, Baumaterialien und Küchengeräte sind schon eingetroffen. Im früheren Wohnzimmer stapeln sich die Umzugskartons.

Miriam Meklenburg hat aber nicht vor, ihre vier Wände im Schatten der Anna-Kirche zu verlassen. Vielmehr sind es Sachspenden, die in den letzten Tagen abgegeben wurden. Während wir über ihre private Hilfsaktion sprechen, klingelt es ständig. Einmal tragen zwei junge Männer einen Kühlschrank herein. „Sie haben mir versichert, dass sie noch funktionstüchtig ist.“ Denn irgendwelchen Schrott will Miriam Meklenburg nicht weitergeben. Die Hilfsbereitschaft ist so groß, dass sie nun nach Mitstreitern sucht, die beim Organisieren und Transportieren helfen können. Auch Sachspenden werden noch gebraucht.

Anderen zu helfen, ist Miriam Meklenburg gleichsam in die Wiege gelegt. Ihre Eltern Dietlinde Pflüger und Valery Kaschewarow, einst Betreiber der Kneipe „Brezenkeller“ in der Wallgasse, organisierten nach dem Ende der Sowjetunion mehrere Hilfstransporte nach Schukowka. „Ich habe hier im Haus damals mitgepackt.“ Die Lkws lieferten Hilfsgüter in den Ort rund 400 Kilometer südwestlich von Moskau, wovon hauptsächlich ein Kinderheim und ein Krankenhaus profitierten. „Sie hatten sogar einen Computer-Tomographen aus Erlangen dabei“. Da war Miriam Meklenburg gerade 17 Jahre jung.

Auch danach erlebte sie, wie ihr Vater, dessen Eltern aus der Ukraine und Weißrussland stammten, immer wieder Landsleute unterstützte, die es nach Forchheim geschafft, aber sonst nichts hatten. „Er half dann Russen, die man in einer früheren Raststätte oder in einem ehemaligen Hotel im Süden der Stadt untergebracht hatte“.

"Ich bin halt so aufgewachsen, dass man anderen hilft. Empathie und Hilfsbereitschaft halte ich für die größte Ressourcen des Menschen“, sagt Miriam Meklenburg. 

"Ich bin halt so aufgewachsen, dass man anderen hilft. Empathie und Hilfsbereitschaft halte ich für die größte Ressourcen des Menschen“, sagt Miriam Meklenburg.  © Udo Güldner, NN

Seither hat sie immer wieder anderen geholfen. Nur hat sie das nicht an die große Glocke gehängt. Ob sie in Nürnberg, wo sie früher wohnte, einen Obdachlosen von der Straße geholt hat. Ob sie als ehrenamtliche Helferin syrische Flüchtlinge aus dem benachbarten ASB-Wohnheim zu Ämtern oder Ärzten begleitet hat. Ob sie arme Menschen eingeladen hat, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. „Ich bin halt so aufgewachsen, dass man anderen hilft. Empathie und Hilfsbereitschaft halte ich für die größte Ressourcen des Menschen“.

Seit vier Wochen bemüht sich Miriam Meklenburg. Der erste Transport ist bereits im Ahrtal angekommen. Genauer gesagt in dem Dorf Winnerath. „Ich habe mir extra einen Ort gesucht, der nicht so sehr im Fokus stand, weil er ziemlich weit von Bad Neunahr-Ahrweiler entfernt liegt“.

Ortsvorsteher Ralf Minwegen steht in Liers auf einem Platz am Fluss, auf dem früher ein Spielplatz war. Davon ist nichts mehr zu sehen. 

Ortsvorsteher Ralf Minwegen steht in Liers auf einem Platz am Fluss, auf dem früher ein Spielplatz war. Davon ist nichts mehr zu sehen.  © Miriam Meklenburg, NN

Ein Freund aus Hirschaid hat am Wochenende mit einem Planenanhänger vor allem Geräte in die Eifel gebracht, die für Wärme in den Wohnungen sorgen sollen: Ein Dauerbrandofen, eine E-Heizung, ein Ölradiator, eine Riesenladung Holz-Briketts. Damit die Zimmer wieder bewohnbar werden, hat er auch zwei Bautrockner aus Kulmbach mitgenommen. „Es braucht auch noch Bautüren, damit keine Plünderer in die Häuser kommen können“.

Die Sachspenden kommen aus dem gesamten Landkreis Forchheim, einige sogar von noch weiter weg. Darunter sind auch der Waldbauer Helmut Schäfer aus Pottenstein/Hohenmirsberg, der zehn Tonnen Brennholz zur Verfügung stellt und die infoteam Software AG aus Bubenreuth, die technisches Equipment wie Laptops, Router, Drucker und Server abgibt. Nur eines möchte Miriam Meklenburg nicht: Geldspenden. „Das machen andere“.

„Gesucht werden auch noch Statiker und Gutachter, die vor Ort einschätzen helfen, ob die Gebäude überhaupt noch bewohnbar sind. Außerdem Handwerker, Elektriker, Bauarbeiter, Beton- und Heizungsbauer“.

Als Stützpunkt für die Verteilung in Winnerath dient das Hotel „Dreimäderlhaus“. Dort kümmern sich die Inhaber Siegfried und Susanne Verdonk um die Sachspenden. „Ich stehe mit ihnen in ständigem Kontakt und weiß so immer, was gerade gebraucht wird“. Sie engagiere sich vor allem deshalb, weil die Menschen im Ahrtal und ihre schlimme Lage etwas aus dem Blickfeld geraten seien. „Viele Menschen haben die Tragödie dort nicht mehr auf dem Schirm“. Miriam Meklenburg will das mit ihren bescheidenen Mitteln ändern.

Wer helfen möchte, kann sich bei Miriam Meklenburg unter Mobil: 0176-577 380 55 melden.

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