Neue Ideen sind gefragt

Silke Distler setzt sich für Kinder und ihr Recht auf Bildung ein

9.10.2021, 12:01 Uhr
Silke Distler setzt sich für Kinder und ihr Recht auf Bildung ein

© Nina Eichenmüller, NN

"Ich habe selbst erlebt, was es heißt, als Frau und Mutter wieder beruflich einzusteigen. Der Weg zurück in den Job wird Frauen in unserer Gesellschaft viel zu schwer gemacht“, erzählt Silke Distler. Nach sieben Jahren Familienzeit konnte sie nicht in ihren Beruf als Bankkauffrau zurückkehren, sie gelte als ungelernte Kraft. „Das hat mich so schockiert, dass ich mit 45 beschlossen habe, Soziale Arbeit zu studieren und mich selbst zu fördern“, berichtet sie weiter.

Als Mutter von zwei leiblichen Töchtern und einem Pflegesohn weiß sie, welchen Preis man zahlt, wenn man sich für die eigene Karriere weiterentwickeln möchte: „Man möchte seine Kinder mit gutem Gewissen in eine Betreuung geben, wenn man selbst wieder arbeiten muss oder will.“ Deswegen entschied sie sich für ein Studium im sozialen Bereich, um bessere Bedingungen in der Betreuung zu schaffen.

Für Nachmittagsbetreuung zuständig

Sie arbeitete zunächst in Ebermannstadt als Sozialpädagogin und ist mittlerweile Regionalbeauftrage für den Bereich Nord bei der Schulhaus-Nachmittagsbetreuung, wobei sie Ansprechpartnerin für die verschiedenen Partnerschulen ist. Sie weiß aus ihrem privaten Familienleben, was Kinder brauchen und erlebt in ihrem Arbeitsalltag, an welchen Stellen aufgrund politischer Entscheidungen Handlungsbedarf besteht.

Dabei sollten auch Aspekte berücksichtigt werden, die auf den ersten Blick nicht direkt mit Bildung zusammenhängen, weiß sie: „Wir haben lange in einem Dorf in der Fränkischen mit sehr schlechter Busanbindung gelebt, ich bin am Tag 100 Kilometer für die Bildung meiner Kinder gefahren, das kann sich nicht jeder leisten.“

Stiftung fragte an

Silke Distler hat nun die Chance bekommen, als eine von 20 Bürgervertreterinnen und Vertretern Ideen und Vorschläge zum Bildungssystem in Deutschland auszuarbeiten, die den zuständigen Politikern vorgestellt werden. „Mich hat eines Tages ein Anruf erreicht, was ich von unserem Bildungssystem halte, und ich war ganz überrascht und habe mich gefreut, meine Erfahrungen mitteilen zu können. Ich wurde von der Stiftung gefragt, ob ich am Projekt Bürgerrat Bildung und Lernen teilnehmen möchte und habe natürlich sofort eingewilligt“, berichtet Silke Distler.

Bei dem Projekt, das von der Montag Stiftung Denkwerkstatt gegründet wurde, sollen sich Menschen aus dem Bildungssektor austauschen und Lösungsvorschläge für Bildungseinrichtungen und das Bildungssystem erarbeiten. „Unsere zentrale Forderung ist eigentlich, dass das Bildungssystem nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden darf. Es wird einfach davon ausgegangen, dass die Kinder zuhause Computer zur Verfügung haben und von den Eltern bei der Internetrecherche unterstützt werden. Dabei wird keine Rücksicht darauf genommen, dass einmal nicht jeder dieselben Voraussetzungen hat und zudem der Abend für Familienzeit da sein sollte“, sagt die Sozialpädagogin.

Mehr Hand in Hand

Ihrer Meinung nach sollte auch die Lehrerausbildung deutlich praxisbezogener sein: „Es geht nicht, dass Lehrer nicht wissen, was Kinder am Nachmittag noch zu tun haben, deswegen sollte die ganze Bildungsarbeit zum Wohle der Kinder viel stärker Hand in Hand ablaufen.“ In den Gesprächen mit den anderen Bürgervertreterinnen und -vertretern haben sie festgestellt, dass sich das deutsche Bildungssystem zu wenig nach den Bedürfnissen der Bevölkerung richte.

Aus ihren Urlauben in Schweden und Dänemark weiß Silke Distler, dass dort viel mehr Geld in die Hand genommen wird, um den Kindern eine optimale Bildung zu ermöglichen. „Es findet bei uns in der Regierung so viel Lobbyarbeit statt, aber die Kinder haben keine Lobby. Kinderrechte sollten unbedingt im Grundgesetz verankert werden und es sollte ein Rechtsanspruch auf Bildung bestehen“, betont Silke Distler. Sie ist froh, jetzt Teil eines Bürgerrats zu sein, der die Interessen der Kinder und Eltern vertritt, sie sagt allerdings auch: „Ich bin realistisch und erwarte nicht, dass all unsere Vorschläge sofort umgesetzt werden. Mir ist wichtig, dass die Politik anfängt zuzuhören.“

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