So sieht das Amazon-Sortierzentrum bei Forchheim aus

4.11.2019, 17:23 Uhr
So sieht das Amazon-Sortierzentrum bei Forchheim aus

© Giulia Iannicellli

Die Dimensionen des neuen Amazon-Sortierzentrums werden schon klar, bevor es in die eigentlichen Werkshallen geht: Im Pausenraum finden gut 200 Mitarbeiter Platz – "falls jemals wirklich 200 Mitarbeiter in einer Schicht arbeiten sollten", sagt Amazon-Standortleiter Hassan Mdeihli.

Unwahrscheinlich ist das nicht: Im Dreischichtbetrieb arbeiten seit 8. September insgesamt etwa 150 Personen für je 7,5 Stunden an den Fließbändern, Versandpaletten, Gabelstaplern und Lkw-Laderampen. „Und zum Weihnachtsgeschäft können es bis zu 300 Mitarbeiter werden“, so Mdeihli.

Forchheim: Bei Amazon angestellt über Zeitarbeitsfirmen

Bis auf die rund 20 Manager-Posten sind sie allesamt nicht direkt bei Amazon angestellt – sondern über Zeitarbeitsfirmen, wie Mdeihli erklärt. Er begründet das damit, dass der neue Standort möglichst schnell an den Start gehen sollte. „Unsere langfristige Strategie ist allerdings, Mitarbeiter zu übernehmen.“ Bis das dereinst eintreten sollte, beträgt der (Einstiegs-)Bruttostundenlohn dieser Logistikmitarbeiter 11,91 Euro – das sei bayernweit so, sagt der Betriebsleiter.

Video: Amazons Sortieranlage bei Forchheim

Der Standort in Neuses ist ein vergleichsweise kleiner: Im Durchschnitt haben die Sortierzentren von Amazon (bislang sind es sechs in Deutschland) eine Größe von 30.000 Quadratmeter. Sie dienen weder als Lager, noch als Zwischenkette, sondern sind als Durchgangszentren in der Lieferkette zu verstehen.

Das Schema: Ein Kunde bestellt ein Produkt online auf Amazon; die Bestellung geht beispielsweise in einem der 13 riesigen Logistikzentren in Deutschland ein, wo die Waren gelagert werden. „Bis zu zehn Millionen Artikel haben wir in diesen Zentren“, sagt Mdeihli. Die Bestellungen werden kommissioniert, verpackt und kommen in ein Sortierzentrum. Dort werden sie erst nach Postleitzahlengebieten sortiert, bevor sie in die Verteilerzentren von DHL, Hermes und Co. kommen – jene Kurierdienste, die die Ware schließlich an Kunden liefern. Und das nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit.

Forchheim: Erste Kritik an Amazons Sortieranalage

Für die Arbeiter in Neuses heißt das: täglich, von Montag bis Samstag, Zehntausende Pakete (vom kleinen Buch bis zum großformatigen Flat-screen-Fernseher oder der neuen Wohnzimmerkommode) nach Größe und nach Postleitzahl zu sortieren. Nicht gearbeitet wird nur an Feiertagen. An Sonntagen startet der Betrieb ab 22.30 Uhr. Mit 100 Lkw (Ein- und Ausgangsverkehr) rechnen die Betriebsleiter pro Tag.

Nun ist reger Lieferverkehr für die mittel- und unmittelbaren Anwohner des Gewerbegebiets zwar nichts Neues (die heutigen Amazon-Hallen dienten früher Lidl als Logistikzentrum) – dennoch gab es bereits erste Beschwerden aus Pautzfeld, am gegenüberliegenden Ufer des Main-Donau-Kanals gelegen. Zu helle Flutlichtbeleuchtung und zu lautes Piepsen der rangierenden Lastwagen wurden kritisiert. Mdeihli will sich dieser Probleme annehmen und nach Lösungen suchen. „Wir wollen schließlich ein guter neuer Nachbar sein.“

Forchheim/Amazon: Die Sache mit der Gewerbesteuer

Bürgermeister Schwarzmann spricht diesbezüglich ein Thema an, das vielen unter den Nägeln brennt: Amazon und seine immer wieder Schlagzeilen machende Firmenpolitik in Sachen Steuervermeidung. „Wir erwarten schon, wie im Vorfeld mit den Unternehmenssprechern vereinbart, dass ein Anteil des Werts an Waren, die hier durchgehen, auch bei uns in der Gemeinde versteuert werden muss“, sagt Schwarzmann und meint: die Gewerbesteuer. Für diese sanfte Ermahnung gibt es viel Kopfnicken seitens der Amazon-Manager.

Aus den Reihen der Gemeinderats-Delegation kommt im gleichen Atemzug die Frage auf, woher die derzeitigen Mitarbeiter stammen. Antwort: Vor allem kommen sie aus der Region „Forchheim, Nürnberg und Erlangen“, aber „genaue Zahlen haben wir momentan nicht“, so Mdeihli. Er verweist auch darauf, dass die Mitarbeiter neben ihrem Bruttoeinkommen auch leistungsbezogene Prämien und Sonderzahlungen erhielten.

Amazon gibt Klima-Versprechen ab

Außerdem verpflichte sich das Unternehmen zum „Climate Pledge“ (Klima-Versprechen): Die gesamte Lieferkette von Amazon soll bis 2040 CO2-neutral werden und bis 2030 ausschließlich mit erneuerbaren Energien funktionieren. Dafür will man unter anderem 100.000 E-Fahrzeuge bestellen – die dann in Flotte von ATS („Amazon Transportation Services“) kommen. Hintergrund: Um Bestellungen noch schneller zustellen zu können, baut Amazon – neben seinen Partnerschaften mit DHL und Co. – einen eigenen Zustellerdienst auf. Das Ziel, von Firmengründer Jeff Bezos selbst gesetzt: Amazon soll das „kundenorientierteste“ Unternehmen der Welt sein – und die Bestellung möglichst am Tag danach, wenn nicht gar bereits am gleichen Abend eintreffen.

Damit das gelingt, herrscht in den Hallen in Neuses Akkordarbeit mit einem auf die Minute getakteten Sortierplan, der vorgibt, bis wann eine eintreffende Charge von Paketen sortiert sein muss.

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