„Staub und Risse“: Gräfenberger gegen Steinbruch-Ausbau

11.10.2012, 11:00 Uhr
„Staub und Risse“: Gräfenberger gegen Steinbruch-Ausbau

© NN

Immer wieder sagt Daje Saadhoff diesen Satz. Immer wieder erntet sie Zustimmung. „Diejenigen, die nicht hier wohnen, können sich nicht vorstellen, wie es wirklich ist.“ Daje Saadhoff lebt in der Sollenberger Straße, in direkter Nachbarschaft zum Steinbruch Endress. „Wir putzen unsere Fenster und am nächsten Tag sind sie wieder dreckig“, erzählt Saadhoff.

Staubwolken, die den Himmel verdunkeln, Sprengungen, die das ganze Haus erzittern lassen, Lärm rund um die Uhr. Davon kann jeder der rund 40 Anwohner der Heuleithe und Sollenberger Straße erzählen, die sich versammelt haben, um ihrem Ärger Luft zu machen. Und das alles, fürchten die Anwohner, wird bald sogar noch schlimmer.

Der Grund: Das Kalk- und Schotterwerk Endress plant – das ist seit langem bekannt – den Steinbruch zu erweitern, um so die Zukunft des Unternehmens zu sichern. 20 Meter würde der Steinbruch an der engsten Stelle näher an die Wohnbebauung heranrücken. Nun liegt ein entsprechender Antrag beim Landratsamt (siehe nebenstehender Kasten).

Kleiner Weg, große Folgen

Der Gräfenberger Stadtrat allein könnte im Normalfall wenig ausrichten gegen die Erweiterungspläne des Unternehmens – wäre da nicht ein kleiner Waldweg. Der liegt im Wald zwischen Steinbruch und Wohnhäusern. Ihn muss Firmenchef Wolfgang Endress der Stadt abkaufen – gelingt ihm das nicht, kann er seine Erweiterungspläne ad acta legen, wie er selbst einräumt.

Die Entscheidung, den Weg zu verkaufen oder zu behalten, liegt in Händen des Stadtrats. Sie wird jedoch – wie alle Grundstücksverkäufe – in nicht-öffentlicher Sitzung getroffen. Die Anwohner fürchten, dass sie deshalb vor vollendete Tatsachen gestellt werden, dass womöglich schon heute Abend um 19 Uhr im Stadtrat die Entscheidung fällt.

„Keine Geldfrage“

„Es wird keine Ad-hoc-Entscheidung geben“, wiegelt Bürgermeister Werner Wolf jedoch ab und versichert weiter: „Auch wird es keine Frage des Geldes sein.“ Anders formuliert: Die klamme Stadt wird den Weg nicht allein deshalb verkaufen, weil sie Geld braucht. Keiner der Stadträte werde sich die Entscheidung leicht machen, verspricht Wolf. „Wir werden die Interessen der Bürger und die des Unternehmens abwägen.“

Weil sich die Bürger darauf jedoch nicht verlassen, wollen sie den Weg jetzt sogar selbst kaufen. Ein entsprechendes Schreiben hat Daje Saadhoff im Namen der Anwohner bereits an Bürgermeister Wolf gerichtet.

„Staub und Risse“: Gräfenberger gegen Steinbruch-Ausbau

© Manuel Kugler

Wolfgang Endress steht unterdessen zu den Ausbauplänen, bei der Begehung, zu der die Anwohner eingeladen haben, ist der Firmenchef anwesend und verteidigt sich. Er sei bereit sachlich zu diskutieren, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, so Endress. Was ihm nicht gefalle, sei die Emotionalität, mit der die Debatte mittlerweile geführt werde. 20 Meter näher an die Häuser heranzurücken sei alternativlos, nur so sei der Betriebshof breit genug, um sinnvoll arbeiten zu können.

Klar ist: Endress‘ Unternehmen ist seit Jahrzehnten eines der wichtigsten für das wirtschaftlich gebeutelte Gräfenberg. Die Stadt profitiert dabei nicht nur von den Arbeitsplätzen und der Gewerbesteuer der Firma. „Sie trägt den Namen Gräfenberg auch nach draußen“, so Bürgermeister Wolf. Zudem ist der Steinbruch im Osten der Stadt – neben Sollnhofen – die bayernweit wichtigste Fundgrube für Paläontologen.

Nicht zu widerlegen ist auch, dass die Firma Endress die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Lautstärke und Staub einhält. Das ergeben nicht nur die regelmäßigen Messungen; auch eine vom Bayerischen Landesamt für Umwelt durchgeführte Überprüfung vor einigen Jahren kam zum selben Ergebnis, teilt Bürgermeister Wolf mit. Zudem, so Firmenchef Wolfgang Endress, verbessere das Unternehmen permanent seine Lärm- und Staubschutzmaßnahmen. Der Eindruck der Anwohner ist freilich ein anderer.

Die eigenen Häuser abreißen?

„Risse ohne Ende“ beklagt etwa Andrea Klein, die in der Sollenberger Straße wohnt, an ihrem Haus. 1994 zog sie von Nürnberg nach Gräfenberg. Ob sie sich nicht vorher bewusst gewesen sei, dass ein Steinbruch in der Nähe ist? „Ich habe dringend eine Bleibe gebraucht“, rechtfertigt sie sich, Zeit für Beobachtungen sei nicht gewesen. Die Erweiterung des Steinbruchs wäre für sie eine Katastrophe. „Wenn das so weiter geht“, sagt Andrea Klein, „dürfen wir am Schluss noch den Abriss unserer eigenen Häuser zahlen.“

3 Kommentare