Tourismus in der Fränkischen: Wohin geht in Zukunft die Reise?

26.4.2020, 06:00 Uhr
Tourismus in der Fränkischen: Wohin geht in Zukunft die Reise?

"Im Moment haben wir in der Fränkischen Schweiz eine Situation im Tourismus wie nach dem Zweiten Weltkrieg", ist Reinhard Löwischs düstere Bilanz. "Wenn bis August nichts passiert, dann ist der Tourismus ziemlich mausetot."

Löwisch ist der stellvertretende Leiter der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz in Ebermannstadt, der Mann für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing.

Momentan bereite er neue Prospekte und Kataloge und das neue Gastgeberverzeichnis für die neue Saison vor, erzählt er im Gespräch mit den Nordbayerischen Nachrichten. Insgesamt 500 Vermieter von Pensionszimmern, Ferienwohnungen und Hotels wurden von Löwisch angeschrieben, ob sie auch weiterhin in den Gastgeberverzeichnissen aufgeführt werden wollen – der Rücklauf ist erschütternd, er liegt bei mageren 30 Stück. Zahlen, die zeigen, dass viele nicht wissen, wie die Zukunft für sie aussehen wird.

Ohne Gastronomie kein Tourismus

Zehn Millionen Tagesgäste kommen Jahr für Jahr in die Fränkische Schweiz, gehen wandern zwischen Gößweinstein und Neideck, paddeln auf der Wiesent, genießen Natur und Stille - und kommen in erster Linie "wegen Essen, Bier und Brotzeit". Doch: "Ohne Gastronomie auch kein Tourismus", fasst Löwisch zusammen. "Fünfzig Prozent werden auf der Kippe stehen", ist die Rechnung, die er aufmacht. Bereits jetzt habe er Unternehmen, die um Aufschub bei Zahlungen bitten, um Aufschub bei Rechnungen, die schon im Februar gestellt wurden mit der Bitte erst zum Jahresende hin zahlen zu dürfen. Gerade jetzt in Corona-Zeiten würden sich Familienbetriebe bewähren, sagt er. Will heißen: Die Oma und die alte Tante, die am Wochenende im Betrieb mit aushelfen, die müssen nicht, wie Festangestellte, in Kurzarbeit geschickt oder gar entlassen werden.

"Wir stehen komplett leer"

Rund 600 Gästebetten, davon die Hälfte in Ferienwohnungen, die andere Hälfte in Hotels und Gastwirtschaften, warten rund ums Walberla auf die müden Häupter der Touristen. "Wir stehen komplett leer", sagt der Vorsitzende des fränkischen Genießerlandes rund ums Walberla, Helmut Pfefferle.

In Zahlen ausgedrückt heißt das: Bei insgesamt 300 Ferienwohnungen, die im Schnitt pro Tag 25 Euro Miete einbringen, fehlen täglich 7500 Euro in den Kassen der Vermieter. Doch nicht nur da: "Auch Bäcker, Metzger, die ganze Infrastruktur leidet darunter", sagt Pfefferle der vorrechnet, dass Urlauber im Tag im Schnitt zwischen 70 und 80 Euro in der Fränkischen Schweiz lassen, nicht nur für Essen, sondern auch für Einkäufe, für Mitbringsel daheim, für Eintritte, für Bus- und Zugfahrkarten.

"Auch die Busreisen fehlen uns gewaltig", sagt er. Eine halbe Million Tagesgäste und 60 000 bis 70 000 Tagesgäste kommen normalerweise im Schnitt pro Jahr in die Walberla-Region. "Keine Osterbrunnen, keine Busse, keine Urlauber. Das war unser erster Tiefschlag in diesem Jahr", sagt Pfefferle.

Auch sei die Region keine Ganzjahresdestination: "Wir haben nur wenige Monate im Jahr um Gastgeber zu sein und Geld zu verdienen", sagt er. "Die Gäste bringen auch immer eine leichte und lockere Stimmung zu uns", und gerade diese Leichtigkeit, und Unbeschwertheit, die fehle jetzt in der Krise.

Eine Planung in die Zukunft sei schwierig: "Wir warten täglich auf neue Anpassungen", sagt Pfefferle, der selbst auch Ferienwohnungen in Seidmar vermietet, "schließlich wollen die Menschen ja zu uns kommen." In der Zwischenzeit nutze man "die Ruhe, um uns fit zu machen". Will heißen: Um die Wohnungen zu renovieren, zu streichen oder um den Garten neu anzulegen. Man halte per Mail oder Telefon Kontakt zu den potentiellen Gästen, auch mittels Webcam, die zeigt, wie schön das Walberla jetzt in der Sonne und zur Obstbaumblüte ist.

Langfristig profitieren

"Finanziell werden wir 2020 nicht mehr reinholen, doch langfristig werden wir profitieren", ist er sich sicher, "Jammern tun wir nicht, wir müssen da durch". Und doch könne in der Krise jeder zeigen, "was der Mensch wert ist in dieser Zeit. Wir sind Gastgeber und keine Abzocker", sagt er, Stornogebühren für die Ferienwohnungen etwa, die wolle man nicht verlangen.

"Das ist eine Katastrophe", sagt Andrea Luger, Bezirksvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA für Oberfranken. "Im Frühjahr scharren die Gastronomen und Hoteliers mit den Hufen, kaufen ein, haben tolle Buchungen ,,das Leben beginnt."

Kein Nachholeffekt

Das Leben in der Fränkischen Schweiz begann seit Jahrzehnten und Jahrhunderten mit dem Wasser und Schmücken der Osterbrunnen, und damit startete auch die Tourismussaison: "Doch das ist alles verloren", sagt Luger.

Tourismus in der Fränkischen: Wohin geht in Zukunft die Reise?

© Archivbild: Ralf Rödel

Den schicken Pullover, den man vor Ostern in den Geschäften sah, den könne man auch noch kaufen, wenn die Läden wieder öffnen. Doch: "Sie können kein Bett zweimal verkaufen. Da gibt es keinen Nachholeffekt." Luger denkt an die Betriebe, die "viel Geld investiert haben, um den Ansprüchen der Gäste gerecht zu werden". Wichtig sei jetzt "Wertschätzung zu zeigen", etwa dadurch, dass man Essen to-go abholt oder Gutscheine kauft. Ob sich der Tourismus erholt? "Mir blutet das Herz", sagt Luger.

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