Trinkwasser wird weiter mit Chlordioxid desinfiziert

8.10.2020, 17:34 Uhr
Trinkwasser wird weiter mit Chlordioxid desinfiziert

© Foto: Petra Malbrich

Michael Neubert ist die Permanentdesinfektion mit Chlordioxid des Trinkwassers schon lange ein Dorn im Auge, weshalb er es auch auf seine Wahlkampfagenda setzte. "Bei dauerhafter Einnahme durch diese Permanentdesinfektion mit Chlordioxid besteht die Gefahr, dass Nebenprodukte der Chlorierung krebserregend sein können und die erwünschte Funktion der Desinfektion im Körper negative Folgen haben kann", sagt Neubert. Das könne die Abtötung gesunder Darmbakterien sein, die Förderung von Antibiotikaresistenzen, aber auch Auswirkungen auf die Nieren und Nebennieren und den Blutdruck haben oder die DNS in den Zellen und Keimdrüsen schädigen.

Deshalb habe er sich beim Gesundheitsamt erkundigt und das Amt hat das Thema Dauerchlorierung bei der Begehung Ende Juni auch angesprochen. Bei der Besichtigung der Wasserversorgungsanlagen waren auch Bürgermeister Rudolf Braun (WGA), ein Mitarbeiter des Wasserversorgers und ein Gemeindemitarbeiter dabei.

"Die von Weißenohe praktizierte dauerhafte Desinfektion mit Chlor entspricht aufgrund des in der Trinkwasserverordnung geforderten Minimierungsgebotes nicht mehr dem aktuellen Stand der Regeln der Technik", erklärt Holger Strehl, Pressesprecher am Landratsamt. "Unsererseits wurde beispielsweise eine UV- Anlage empfohlen, die auch von vielen anderen Wasserversorgern erfolgreich eingesetzt wird. Durch eine solche Anlage erfolgt eine Bestrahlung des Wassers mit UV-Licht, also ultraviolettem Licht, wodurch eine zuverlässige Wasserdesinfektion ohne die Entstehung von unerwünschten Chlornebenprodukten gegeben ist", erläutert Strehl die Empfehlungen der Amtsärzte.

Ein Nebenprodukt ist eben der typische Chlorgeruch oder Chlorgeschmack. "Für das Trinkwasser ist es natürlich am besten, wenn es ohne Zusätze wie beispielsweise Chlor bleibt. Man weiß nie, welche Auswirkungen die Beimischung auf die Dauer hat. Von daher ist eine Behandlung ohne Beimischung von weiteren Stoffen vorzuziehen. Die UV- Anlagen sind erprobt und verändern auch Geschmack und Geruch des Wassers nicht", begründet Strehl.

Als Dauerchlorierung betrachtet der Bürgermeister diese Art der Wasserbehandlung nicht. "Wir haben keine Chloranlage, sondern eine Chlordioxidanlage", sagt er. Das Trinkwasser werde nicht mit Chlor behandelt, sondern mit Chlordioxid, das im Gegensatz zum Chlor ein flüchtiges Gas sei und sich eben verflüchtigt, wenn es aus der Leitung kommt. Auch rieche oder schmecke nicht jeder das Chlor. Das sei nur in den Haushalten zu riechen, die Gussrohre haben. In den Gussrohren würde sich Kalk ablagern, in dem sich das Chlordioxid abbindet. Bei Wasserschwankungen könne es nach Chlor riechen.

Die Behandlung mit Chlordioxid sei seit fast zehn Jahren notwendig. "Damals war die Hauptquelle durch Einträge der Landwirtschaft verkeimt", erzählt der Gemeindechef. Colibakterien waren nachgewiesen worden. "Eineinhalb Jahre lang durften wir kein Wasser nehmen und mussten zukaufen", sagt Braun. Die Gemeinde hat daraufhin das Wasserschutzgebiet erweitert. Das reichte nicht aus für sauberes Trinkwasser, weshalb die Gemeinde die Chlordioxidanlage eingebaut hat. Die Sicherheit der Bevölkerung habe er als Gemeindechef abwägen müssen, so Braun, daher habe er sich für diese Art der Wasserreinigung entschieden. "Seitdem haben wir keine Probleme mehr mit dem Trinkwasser", beteuert er. Aber manche Bürger mit unerwünschten Nebenprodukten der Permanentdesinfektion.

Eine UV-Anlage will der Bürgermeister trotzdem nicht einbauen. "Diese UV-Anlagen bringen Keime auch nicht hundertprozentig raus. Ein Keim kann auch bei diesen Anlagen durchrutschen", sagt Braun. Als Beispiel nennt er die Gemeinde Dormitz, die diese Anlage nun wieder entfernen würde. Auch zu Wassertrübungen könne es durch UV-Anlagen kommen. Solange das Amt keinen Nachweis einer besseren Funktionalität der UV-Anlagen gegenüber der Chlordioxidanlage bringen könne, werde die Gemeinde keine andere Anlage einbauen.

Er habe den gegenteiligen Nachweis. "Unsere Anlage läuft sauber und kann technisch aufgerüstet werden. Deshalb werden wir nichts ausbessern. Es war keine Vorgabe, sondern zum ersten Mal, dass dies als Empfehlung ausgesprochen wurde", begründet Braun, der bei einer Umrüstung auch die finanzielle Belastung der Bürger sieht. "Die UV-Anlagen sind teuer. Sie kosten zwischen 100 000 und 500 000 Euro. Das muss der Bürger bezahlen", erklärt Braun. Ohne Gewähr auf Erfolg. "Das möchte ich den Leuten nicht zumuten, nur damit sie keinen Chlorgeruch mehr haben", sagt er und verweist auf eine geltende EU- Verordnung zum Thema Chlorierung des Trinkwassers. "Dann dürfte niemand mehr in ein Hallenbad oder Freibad gehen", sagt Braun.

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