Trotz Corona: Forchheim kann sich vor Geld kaum retten

11.9.2020, 09:51 Uhr
Trotz Corona: Forchheim kann sich vor Geld kaum retten

© Archivfoto: Roland Huber

Ohne Moos nix los. Fehlt der Stadt Geld, merken das die Bürger sofort: Der Kita-Neubau lässt auf sich warten, die Schlaglöcher in den Straßen wachsen und versprochene Projekte bleiben wo sie sind: in der Schublade. Wie stark macht sich die Corona-Pandemie in Forchheim bemerkbar und worauf müssen sich die Bürger einstellen? Stadtkämmerer Detlef Winkler hat in der jüngsten Finanzausschusssitzung des Stadtrates Bilanz gezogen über das erste Halbjahr 2020. Fragen und Antworten im Überblick.

Zunächst: Wie steht es um die Geschäfte in der Innenstadt?

"Die Krise geht nicht spurlos am Gewerbe vorüber", sagt der Stadtkämmerer. Ein Gradmesser sind die Anträge der Geschäftsinhaber, ihre Gewerbesteuerzahlungen zu verschieben (Stundung) oder zunächst auszusetzen (Herabsetzung). 125 Anträge auf Herabsetzung und 35 Fälle von Stundungen sind eingegangen und genehmigt worden. Unterm Strich handelt es sich um 1,4 Millionen Euro, die Gewerbebetriebe coronabedingt nicht sofort bezahlen können. Der Stadt fehlt das Geld. Die positive Nachricht: Die Anträge ebben langsam ab. Es deutet sich eine Erholung der wirtschaftlichen Lage an.

Wie ist die finanzielle Lage der Stadt?

Gerhard Meixner (FGL-Fraktionsvorsitzender) hat es so ausgedrückt: "Manchmal denkt man, man träumt, wenn man sich die Zahlen anschaut." Zusammenfassend lässt sich sagen: Forchheim hat trotz Kürzungen bei Investitionen – die Stadträte haben im Frühjahr Projekte verschoben, um vor coronabedingten Steuerausfällen gewappnet zu sein – dennoch Rekordinvestitionen angestoßen. Zeitgleich konnte der lokalen Wirtschaft bei den Steuern geholfen werden. Gleichzeitig hat die Stadt im ersten Halbjahr 2020 bereits 3,1 Millionen Euro Schulden getilgt und sechs Millionen Euro für die Kreisumlage für das Jahr 2022 zurückgelegt.

Wieso läuft es trotz Corona so gut?

Die Pandemie scheint Forchheim nicht groß zu treffen, ganz anders als andere Kommunen. So stimmt das nicht ganz, denn bei der Gewerbesteuer hat die Stadt für 2020 mit 40 Prozent weniger Einnahmen gerechnet, bei der Einkommenssteuer mit 20 Prozent weniger (dabei bleibt es wohl auch). Der Einbruch ist also spürbar. Dass die Stadt für Projekte trotzdem in diesem Jahr mehr als je zuvor investieren kann (geplant sind Vorhaben für 22,8 Millionen Euro) liegt nur daran, dass die Stadt Rekordeinnahmen verzeichnet. 2019 plante die Stadt mit Gewerbesteuereinnahmen von 21,8 Millionen Euro, am Ende wurden es 45,5.

Woher kommen die Mehreinnahmen?

Für CSU-Rat Hans-Werner Eisen sind die guten Zahlen "die Früchte des guten Wirtschaftens, die jetzt geerntet werden. Wir träumen nicht, es ist tatsächlich so". Dem Alt-OB Franz Stumpf müsse für die wirtschaftliche Politik der letzten Jahre gedankt werden, so auch Josua Flierl (CSU), der gleichzeitig "eine Warnung in den Raum werfen" wollte: "Wir müssen an dieser wirtschaftsfreundlichen Politik festhalten, das zahlt sich jetzt in der Krise aus." Bürgermeister Udo Schönfelder (CSU) sah in den Zahlen das Ergebnis einer guten Arbeit des Wirtschaftsförderes Viktor Naumann, "der seinen Beitrag für die wirtschaftliche Potenz der Stadt leiste". Neben der wachsenden Anzahl an Gewerbebetrieben zählt der Weltkonzern Siemens Healthineers zu den wichtigsten Gewerbesteuerzahlern. Der Konzern hatte die Erlanger Tochter als selbstständiges Unternehmen an die Börse gebracht. Intern wird die Gewerbesteuer seitdem nun vor allem auf die beiden Standorte Erlangen und Forchheim aufgeteilt. Daher bleibt plötzlich so viel Geld in Forchheim hängen.

Wie sehen die Zahlen im Detail aus?

Wenn Betriebe (Gewerbesteuer) und Arbeitnehmer (Einkommenssteuer) weniger verdienen, schlägt sich das auch auf die Stadtfinanzen durch. Beide Steuerarten sind für Kommunen mit die wichtigsten. Für die Gewerbesteuer waren für 2020 26,6 Millionen Euro angesetzt, dieser Ansatz könnte nach derzeitigem Stand netto sogar um 15 Millionen Euro übertroffen werden. Trotz Corona wäre das deutlich mehr als in den Jahren vor dem Börsengang von Siemens-Healthineers.

"Nichts Gutes erwarten", so der Kämmerer, lässt die Einkommensteuer. Das bedeutet, dass sich die Pandemie verstärkt auf das Einkommen der Bürger auswirkt, beispielsweise weil sie Einbußen wegen Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit haben. Die Stadt hat für 2020 mit Einnahmen von 17,1 Millionen Euro gerechnet, 2019 waren es noch 21,1 Millionen. Verschärft sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht weiter, dann werden sich die Einnahmen um den Ansatz einpendeln, so Winkler. Das ist ein Einbruch von 20 Prozent.

Werden Projekte auf Eis gelegt?

Nein. Zwar sind manche Maßnahmen verschoben, Großprojekte wie die Umgestaltung des Paradeplatzes laufen hinter den Kulissen weiter. Die Finanzen entwickeln sich trotz Corona "außergewöhnlich gut", so der Kämmerer. Eine Entwarnung ist das nicht, denn: "Es gibt keine Sicherheiten, dass die Entwicklung bis zum Jahresende und darüber hinaus so anhält."

 

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