Unterlindelbacher Scheune steht bald im Freilandmusem Bad Windsheim

2.12.2019, 18:43 Uhr
Unterlindelbacher Scheune steht bald im Freilandmusem Bad Windsheim

© Foto: Hubert Bösl

Das gleichmäßige Klopfen des Hammers ist kaum zu hören, als die beiden Zimmerer einen Nagel nach dem anderen aus dem Holzbalken schlagen. Nicht nur dort haben die Jahre ihre Spuren hinterlassen. Der ehemaligen Scheune ist die Zeit des Erbauens anzumerken. Trotzdem ist sie in einem guten Zustand, gerade deshalb ein Juwel unter den alten Gebäuden und wurde genau aus diesem Grund für das Freilandmuseum Bad Windsheim ausgewählt.

Sascha Troßmann und sein Mitarbeiter Sebastian Pfister von der Zimmerei Lederer aus Flachslanden arbeiten konzentriert am Rückbau der Scheune, die in der Grundfläche ähnlich geräumig ist wie ein Wohnhaus. Seit einer Woche sind sie am Werkeln. Das Dach und der Dachstuhl fehlen bereits. "Das Dach war fast eingestürzt. Man konnte nicht mehr drauf steigen, weshalb wir mit einem Arbeitskorb die Ziegel abnehmen mussten", verrät Troßmann. Das war die erste und auch einzige Schwierigkeit bei der Verlagerung der Scheune, deren Bau auf die Jahre 1695/96 zurückgeht.

Im Freilandmuseum Bad Windsheim wird die fast quadratische Scheune (14 x 14,5 Meter) wieder aufgebaut. Dort steht seit 2013 bereits das Wohnhaus der Familie Schmidt. Oder besser: das Wohnhaus ihrer Vorfahren. Das wiederum ist für die Verantwortlichen des Museums Grund, nun auch die Scheune zu holen. Denn eigentlich wird derzeit im Freilandmuseum kein Haus mehr aufgebaut, abgesehen von den 15 Häusern, die bereits "auf Halde liegen".

Bau nach dem 30-Jährigen Krieg

Die Unterlindelbacher Scheune weist eine weitere Besonderheit auf: "Sie stammt aus der gleichen Bauzeit wie das Wohnhaus und bildet somit ein Ensemble", verrät Museumsleiter Herbert May, der nach Unterlindelbach gekommen ist, um sich die Fortschritte des Rückbaus vor Ort anzuschauen. Die Bauzeit der Unterlindelbacher Scheune war in den Jahren des Wiederaufbaus nach dem 30-Jährigen Krieg. "Oft dauerte es Jahrzehnte, ja sogar bis zu 100 Jahren, bis nach dem 30-Jährigen Krieg mit dem Wiederaufbau begonnen wurde. Hier erfolgte die Baumaßnahme bereits nach 60 Jahren", informierte May.

Damit klar ist, wohin die einzelnen Balken beim Wiederaufbau gehören, werden sie markiert: "ULB AWN 6" ist deshalb zum Beispiel auf ein kleines Stück Weißblech auf einem Holzbalken gestanzt und zeigt an, dass es sich hier um den sechsten Balken der Außenwand Nord handelt. "Die Hölzer werden nacheinander abgebaut und nummeriert im Plan aufgeschrieben", erklärt Troßmann.

"Typisch für die Region ist, dass die Holzständer auf Steinsockel stehen, nicht auf Holzschwellen", erklärt der Museumsleiter. Das sei eine altertümliche Bauweise, die bis ins 19. Jahrhundert typisch für den Nürnberger Raum gewesen sei.

Vielleicht mit Stroh gedeckt?

Neben der Scheune steht eine Gitterbox. Dort sind die alten, von Hand gebrannten Dachziegel aufbewahrt. Auch sie werden wiederverwendet. Für die meisten Ziegel hingegen, die viel später gekauft worden sind, gibt es keine Verwendung mehr.

An der Absparrung allerdings konnte rückgeschlossen werden, dass das dreigeschossige Dach früher mit Stroh eingedeckt war. "Stroh hatten die Leute zur Verfügung", erklärt May. Stroh, Heu und Getreide war es auch, was in der Vorratsscheune einst gelagert war. Die vielen Tiere der Bauernfamilie lebten in einem anderen Stall. Den Vorratsstall teilten sich zwei Brüder. Auch gedroschen wurde darin. "Die Dreschmaschine musste waagrecht stehen", erläutert Reinhold Schmidt, dessen Tochter die Besitzerin der Scheune ist, warum der Lehmboden der Scheune irgendwann in den Jahrhunderten betoniert wurde.

Unterlindelbacher Scheune steht bald im Freilandmusem Bad Windsheim

© Foto: Hubert Bösl

Neben dem Bau der Scheune lassen sich anhand der Materialien eine größere Bauphase in 1834 und kleinere Reparaturarbeiten um 1931 ablesen. Ein Lehmgeflecht existiert auch in der Südwand, der vorderen Wand der Scheune. Diese ist noch gut erhalten und wird wohl in einem Stück verlagert, meint May.

Wann das Haus im Freilandmuseum aufgebaut werden soll, ist noch nicht klar. Herbst 2020 nennt May als Zeitpunkt. Jedenfalls soll der Wiederaufbau mit Zimmerer-Fachklassen stattfinden. Mit 43 000 Euro beziffert May die Translozierung (Versetzung), die zu 100 Prozent fremdfinanziert wurde. Einen großen Teil davon trägt die Oberfranken Stiftung.

Bleibt noch ein altes baufälliges Anbauhaus, das in der Nähe der Scheune steht und auch ins Museum passen würde. Dann wäre das ganze Bild komplett. Doch das Gebäude gehört einer anderen Familie.

 

Keine Kommentare