Frauenhäuser in der Region bereiten sich auf erhöhten Andrang vor

27.3.2020, 05:43 Uhr
Experten warnen, dass die Einschränkungen die Fälle häuslicher Gewalt steigen lassen.

© Maurizio Gambarini/dpa Experten warnen, dass die Einschränkungen die Fälle häuslicher Gewalt steigen lassen.

Leben und arbeiten auf wenigen Quadratmetern, teilweise mit Kindern, die bespaßt werden wollen, andere soziale Kontakte gibt es nicht: Viele Paare stellt die aktuelle Situation vor eine große Herausforderung, für manche Frauen kann sie sogar gefährlich werden. Weil Paare und ganze Familien in der Corona-Krise enger räumlich eingeschränkt sind, warnen Opferverbände und Experten vor einem Anstieg der häuslichen Gewalt. "Da rollt eine Gewaltwelle auf uns zu", so Eva Göttlein, Vorstandsvorsitzende des Frauenhauses in Fürth.


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Fünf Frauen können in der dortigen Einrichtung unterkommen, drei der Plätze sind aktuell belegt. Anfragen habe man aber ständig, so Göttlein. Eine weitere Frau wird dort in den kommenden Tagen noch einziehen, dann sei vorerst Schluss, weil die Räumlichkeiten in dem Frauenhaus sehr beengt seien. "Momentan können die Frauen räumlich gut getrennt voneinander leben.

Die Küche wird zu unterschiedlichen Zeiten genutzt, um den Abstand zwischen den Kindern und Frauen zu gewährleisten." Wäre das Haus voll, könnte diese räumliche Trennung aber nicht mehr gänzlich sichergestellt werden. Aktuell stehe man also vor einer doppelten Herausforderung: Eine Zunahme der häuslichen Gewalt und gleichzeitig der Frage, wie man die Gesundheit der Frauen und Kindern in den Häusern dennoch weiterhin schützen könne, so Göttlein weiter.

"Die Frauen kommen ja direkt aus einer Krisensituation", gibt auch Barbara Grill, Geschäftsführerin des Frauenhaus Nürnberg zu Bedenken. In solchen stressigen Situationen sei das Immunsystem meist angreifbarer. 18 Frauen und 20 Kinder wohnen momentan in der Einrichtung in Nürnberg – und auch sie müssen vor einer Infizierung geschützt werden.

Das Haus nimmt deswegen aktuell keine neuen Frauen auf. Das hieße aber nicht, dass Frauen bei häuslicher Gewalt keine Hilfe bekämen. Die telefonische Beratung sei auch in der jetzigen Situation weiterhin besetzt, verspricht Grill. Zudem sei man dabei Lösungen für Frauen zu suchen, die akut von häuslicher Gewalt betroffen seien, ohne die anderen Frauen zu gefährden. "Wir stehen in Verhandlungen, um bis Ende der Woche Möglichkeiten zur Aufnahme anbieten zu können."


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Im Haus selbst wird weiterhin auf eine persönliche Betreuung gesetzt, wenn auch mit wesentlich weniger Personal: Eine Erzieherin und eine Sozialpädagogin seien täglich vor Ort, um die Frauen und Kinder zu unterstützen. Ansonsten habe man den persönlichen Kontakt aber auf das Notwendigste reduziert, um auch die eigenen Mitarbeiter zu schützen, so Grill. Mitarbeiterinnen, die der Risikogruppe angehören, arbeiten von Zuhause aus. "Die Frauen im Haus gehen sehr gut mit der Situation um und halten sich auch an die ganzen Vorgaben", fügt die Leiterin der Beratungsstelle des Frauenhauses Steffi Walter hinzu.

Auch bei der Caritas, die ebenfalls ein Haus für "Frauen in Not" in Nürnberg betreibt, erwartet man in den kommenden Wochen eine erhöhte Anfrage. Acht von insgesamt 13 Plätzen seien aktuell belegt. Man werde auch weiterhin Frauen aufnehmen, so die Leiterin des Hauses Petra Zöttlein. Voraussetzung sei aber, dass die Frauen keine Symptome zeigten und davor in keinem Risikogebiet waren.

Noch hat man auch im autonomen Frauenhaus in Erlangen Kapazitäten um zwei Frauen aufzunehmen. Die freien Plätze sollen jetzt aber nur noch an Frauen aus der Umgebung vergeben werden. "Ansonsten nehmen wir von überall auf, aber das müssen wir jetzt einfach einschränken", so Barbara Hugger, eine der Mitarbeiterinnen des Hauses. Räumlich sei man in dem Haus gut aufgestellt. Seit 2009 hat dort jedes Zimmer ein einzelnes Bad, die Küchen würden aktuell zu unterschiedlichen Zeiten genutzt.


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Auch die Stadt Nürnberg beschäftigt sich bereits mit der Frage, wo man Frauen und Kinder in Notsituationen unterbringen könnte. "Sollte es Kapazitätsengpässe geben", so der Leiter des Sozialamtes Volker Wolfrum, "werden wir natürlich dafür sorgen, dass wir neue Räumlichkeiten schaffen". Generell sei man bereits dabei, Unterkünfte zu akquirieren, um alle Gruppen, darunter zum Beispiel auch Obdachlose, unterbringen zu können. Als Notlösung fordert das Frauenhaus in Fürth unterdessen die Stadt auf, Hotelzimmer als Notreserve zu mieten. Diese müssten dann mit Security geschützt werden, so die Vorstandsvorsitzende Eva Göttlein. Eine entsprechende Anfrage solle am Mittwoch im Stadtrat eingebracht werden.

Die Polizei meldet aktuell noch "keine Auffälligkeiten" was die Anzahl an Fällen häuslicher Gewalt angeht. Oftmals kämen Anzeigeerstattungen zeitversetzt, in die Statistik aufgenommen werden die Fälle zudem erst, wenn die Ermittlungen abgeschlossen seien. Derzeit könne man deswegen noch keine valide Aussage treffen, so eine Sprecherin.

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