Scharfe Kritik

ADFC: Oberasbach fehlt das Konzept für Radwege

11.9.2021, 21:00 Uhr
ADFC: Oberasbach fehlt das Konzept für Radwege

© Foto: Thomas Scherer

Wie schnell und sicher können Radlerinnen und Radler in Oberasbach unterwegs sein?

Werner Struzyna: Das ist meiner Meinung nach stark personenbezogen. Ich fühle mich nicht gefährdet, wenn ich mit dem Rad unterwegs bin. Ich bin aber auch pelzig.

Isabella Weber: Also, mir fallen spontan die beiden Bahnunterführungen Richtung Oberweihersbuch und Stein ein. Schon vorher löst sich der Radweg in der Bahnhofstraße irgendwo im Nichts auf. Das gilt auch für viele andere Radwege in Oberasbach.

ADFC: Oberasbach fehlt das Konzept für Radwege

© Foto: Harald Ehm

Verfügt Oberasbach Ihrer Meinung nach über ein Radwegenetz oder ist es eher ein Flickenteppich?

Walter Miller: Es gibt kein Konzept. Die Verbindungen sind definitiv bruchstückhaft: Wir haben Radwege, die einfach enden. Radler müssen dann auf die Straße wechseln, ohne dass es Einfädelsysteme oder Hinweise für Autofahrer gibt. Und dann wird es gefährlich.

Weber: Es gibt auch kein Wegesystem zu den Schulen. Viele Kinder und Jugendliche würden gerne mit dem Rad zum Unterricht fahren, aber nehmen wir nur einmal das Gymnasium Oberasbach – da führt kein Radweg hin. Da gäbe es viel zu tun. Denn die Schüler von heute sind die Radfahrer von morgen. Das ist wichtig mit Blick auf die Verkehrswende. Die Kompetenzen dafür müssen aber im Kindesalter ausgebildet werden.

Oberasbach will Fahrradfreundliche Kommune werden – dafür gilt es aber noch einiges anzupacken, oder?

Miller: Es geht nicht nur darum, Radwege in Oberasbach zu bauen. Man muss die Verbindungen mit Blick auf den Landkreis, die Nachbarn Nürnberg, Fürth oder Zirndorf auch in ein übergreifendes Konzept einbetten. Schließlich sollen die Menschen nicht nur etwa beim Einkaufen auf das Rad umsteigen, sondern auch, um zur Arbeit zu fahren.

Weber: Gerade an den S-Bahnhaltestellen wären überdachte Radabstellanlagen wichtig oder Ladesäulen. Einen Radverleih – Lastenrad oder normales E-Bike – würde ich mir wünschen. Eine tolle Sache, das möchte ich aber auch ausdrücklich sagen, ist die vom Quartiersmanagement initiierte Nachbarschaftswerkstatt, bei der Bürgerinnen und Bürger ihr Rad zusammen mit Ehrenamtlichen reparieren können.

Warum hat sich die erste Ortsgruppe des ADFC ausgerechnet in Oberasbach gegründet?

Miller: Die Initiative ging von mir aus. Ich habe mir mich vor zwei Jahren entschieden, in Sachen Klimaschutz und da speziell im Bereich Mobilität aktiv zu werden. Und dann spielte uns der Wunsch der Stadt in die Hände, eine fahrradfreundliche Kommune werden zu wollen. Die Stadt hat uns deshalb auch sehr unterstützt bei der Gründung einer eigenen ADFC-Ortsgruppe. Zur Gründungsversammlung kamen 30 Bürgerinnen und Bürger, aktuell haben wir 15 aktive Mitglieder. Eine tolle Resonanz, finde ich.

Als ADFC-Mitglieder sind Sie Radlerlobbyisten – wie definieren Sie ihre Rolle: Sind Sie Berater der Politik oder Antreiber?

Struzyna: Wir wollen Einfluss nehmen und damit schlechte Planungen verhindern.

Weber: Wir wollen Missstände ansprechen und Änderungsbedarfe deutlich machen. Und dabei sagen wir nicht nur: ,Leute, so geht es nicht.‘ Wir müssen auch Lösungsvorschläge machen.

Fallen Ihnen Missstände in Oberasbach ein?

Struzyna: Die Bushaltestelle in der Rothenburger Straße an der Suppol-Tankstelle: Da fährt man mit dem Rad in 85 Zentimeter Entfernung an einem Mülleimer vorbei. Das ist ein verpflichtender Radweg, der mitten durch die Haltestelle führt. Seit sie geteert wurde, fährst du über eine fünf Zentimeter hohe Granitkante, da musst du aufpassen, dass es dir nicht die Speichen aus der Felge zieht.

Miller: Der Radweg an der Hainbergstraße, der liegt mir am Herzen. Vor ein paar Jahre wurde er aufgeschottert, ist jetzt aber vom Regen ausgewaschen, es bilden sich Pfützen. Ich nutze ihn deshalb nie und fahre entweder durch den Hainberg oder auf der Straße.

Welche Möglichkeiten haben Sie eigentlich, um Einfluss auf die Politik oder Planung zu nehmen?

Miller: Wir haben drei Vertreter in der Projektgruppe, die das Thema Fahrradfreundliche Kommune betreut, neben Mitarbeitenden aus der Verwaltung, Stadträten oder dem Bund Naturschutz. So haben wir die Möglichkeit, gehört zu werden und unsere Ideen und Vorschläge einzubringen.

Derzeit plant das Staatliche Bauamt Nürnberg den neuen Radschnellweg auf der alten Bibertbahntrasse parallel zur Rothenburger Straße. Was bringt diese Route für Oberasbach?

Miller: Diese Verbindung werden wohl nur einige Oberasbacher und Zirndorfer nutzen. Wer weiter weg von der Rothenburger Straße wohnt, dem wird sie nicht viel bringen. Aber man muss da ja in den Landkreis hinaus blicken. Vom Westen her, aus Richtung Ansbach, sollen Pendler den Weg nutzen. Das kann ich mir gut vorstellen. Ob es dabei ein bis zu acht Meter breiter Weg werden muss – wie es geplant ist – mit entsprechend hohen Kosten, das möchte ich aber doch bezweifeln.

Der BN Oberasbach fordert mit Blick auf Naturschutz und Flächenverbrauch einen Radschnellweg light. Wie stehen Sie dazu?

Miller: Für uns ist der Umweltschutz natürlich auch wichtig. Mich erschreckt diese Gesamtbreite von acht Metern. Warum muss ich

parallel einen Fußweg planen? Hier soll eine Verbindung entstehen, auf der Radler mit 25 bis 30 Kilometern pro Stunde unterwegs sind. Da haben Spaziergänger, die diese Route ohnehin nicht unbedingt nutzen müssen, nichts verloren. Das kann man über Verbotsschilder regeln. Fußgänger sind schließlich auch nicht auf der Straße unterwegs.

Der BN hatte ebenfalls überlegt, den Radschnellweg komplett auf die Rothenburger Straße zu verlagern. Was halten Sie davon?

Struzyna: Eine sehr gute Idee. Warum braucht es eine vierspurige Straße durch Oberasbach und Zirndorf?

Miller: Man könnte dem motorisierten Verkehr drei Spuren lassen. Die dritte Spur wird morgens Richtung Nürnberg/Fürth geöffnet und abends hinauswärts in den Landkreis. Die übrige vierte Spur könnte man dann als Fahrradweg freigeben. Solche Modelle gibt es andernorts bereits.

Weber: Ich sähe vor allen Dingen die Anpassung der Geschwindigkeiten als großen Vorteil. Wenn ich mich als Autofahrer mit 30 Kilometern pro Stunde im Stau vorwärts bewege und nicht schneller bin als ein Radler, motiviert mich das vielleicht auch, umzusteigen.

kontakt@adfc-oberasbach.de

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