Auf der Suche nach der Stadtmauer von Cadolzburg

23.9.2013, 09:00 Uhr
Auf der Suche nach der Stadtmauer von Cadolzburg

© Hans-Joachim Winckler

Warum nicht am Brusela starten? Schließlich ist der Tor-Turm, der seinen Namen seiner ehedem ständig bruselnden, sprich nachgehenden Uhr verdankt, grundsätzlich ein guter Ausgangspunkt in Cadolzburg. Vor allem aber gehörte das Tor zur einstigen Marktbefestigung. Die Jahreszahl 1476 an dem zweigeschossigen Turm erinnert an seine Fertigstellung. 2010 wurde er aufwändig saniert, im Schonwaschgang befreite man dabei auch die Sandsteinquader der Fassade vom Schmutz der Vergangenheit.

Von der eigentlichen Stadtmauer, in die sich das Brusela eingliederte, nimmt man hier am südlichen Rand des Marktplatzes nichts mehr wahr. Historiker helfen mit ihren Erkenntnissen weiter: Ab 1443 hatte man zunächst einen Palisadenzaun errichtet. Klug geworden nach Brandschatzungen während des ersten Markgrafenkriegs baut man den Schutz nach 1449 aus. Man versuchte, sich vor Angreifern mit einer Mauer aus Steinquadern abzusichern, die mit zahlreichen Bastionen versehen wurde und sich in einem Oval zwischen Torturm und der Burg erstreckte.

Auf Luftbildern gut erkennbar

Auf Luftbildern ist der Verlauf des wehrhaften Walls noch immer recht gut zu erkennen. Wer ihn zu Fuß entdecken will, muss einen gewissen Forschergeist entwickeln. Obwohl die Anlage an vielen Stellen erhalten ist, lässt sie sich nicht ganz leicht aufspüren.

Ungewöhnlich ist das nicht. „Die Stadtmauer hat im Laufe der Zeit selbstverständlich völlig an Bedeutung verloren“, erklärt Marktbaumeister Herbert Bloß. Auf einem Stich von 1837 ist das Bauwerk noch gut zu erkennen, doch als sinnvoll sahen die Bürger es da schon längst nicht mehr an.

Die Bastionen waren zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgebaut worden. Von Nutzen war die Mauer allerdings etwa als Rückwand eines Hauses. Die massiven Sandsteinquader hatten andererseits Interesse geweckt und wurden bisweilen zum Bau neuer Gebäude genutzt. „So geriet die Stadtmauer allmählich in Vergessenheit“, weiß Bloß.

Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung ist die imposante Cadolzburg. Orte, denen ein so eindrucksvolles Bauwerk wie die Hohenzollernveste fehlt, hatten eher ein Auge für ihre Befestigungen. Manchen – wie etwa Rothenburg ob der Tauber – glückte es sogar, die Anlagen durch die 1960er und 70er Jahre zu retten, als historische Gemäuer selten auf große Gegenliebe stießen.

In Cadolzburg befinden sich die Überreste der Befestigung an manchen Stellen auf privatem Grund. Es gehört zu den Aufgaben des Marktbaumeisters, das historische Gemäuer im Blick zu behalten. Herbert Bloß berät Bürger, die sich in Sachen Mauerpflege an ihn wenden und freut sich über gelungene Sanierungen. Zu den wesentlichen Arbeiten zählt nicht zuletzt, die Fugen regelmäßig von Efeu, Knöterich und anderem Bewuchs zu befreien, der auf Dauer ungeahnte Sprengkraft entwickeln kann.

Integriertes Wachhaus

Relativ problemlos entdecken lassen sich zum einstigen Befestigungswall zählende Partien zum Beispiel am sogenannten Hasensteg. Die Sandsteinbrücke, die im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts hier errichtet wurde, führt über den Graben der Marktbefestigung. Ein paar Schritte weiter in der Löffelholzstraße steht bis heute ein ehemaliges Wach- und Waschhaus aus Sandsteinquadern mit Walmdach, das in die Mauer integriert war.

Unweit davon ist anhand von Fugenspuren zu erahnen, wo ein Tor den Anschluss der Stadtmauer an den Burgberg ermöglichte. Ein ähnliches Bild findet sich auf der gegenüberliegenden Seite – dazwischen liegt der Burghof – am Heidenberg. Auch dort sind bis heute die Fragmente einer dritten Toranlage zu erkennen.

Lang- oder vielleicht sogar mittelfristig, hofft Herbert Bloß, gibt es vielleicht eine Möglichkeit, die Stadtmauer nach und nach wieder erlebbar zu machen – als weiteren Anziehungspunkt, der die bewegte Geschichte von Cadolzburg auch in unserer Zeit wunderbar anschaulich vor Augen führen kann.

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