Bummeln statt rasen

2.2.2010, 00:00 Uhr
Bummeln statt rasen

© Hans-Joachim Winckler

Marcel Schwalme stellt sich das sehr schön vor. Die Autos fahren nur noch vereinzelt und in Schrittgeschwindigkeit durch die Gustavstraße. Dafür spielen Kinder draußen, die Erwachsenen bummeln und flanieren und können dazu, so Schwalme, «endlich die gesamte Breite der Straße nutzen». Der 52-Jährige wohnt seit knapp zwei Jahren in der Gustavstraße, ist Mitglied des Altstadtvereins und als solches die treibende Kraft hinter dem Antrag an die Stadt, den Verkehr einzuschränken, der durch die Straße rollt.

Und sein Vorstoß hat noch einen weiteren Grund: «Die Lastwagen, die über das Kopfsteinpflaster rumpeln, gefährden das Mauerwerk der Häuser», sagt er. Die Gebäude stünden lediglich auf einem Sandfundament. Jede Erschütterung habe Auswirkungen auf dieses Fundament und damit auf die Stabilität der Häuser. Für Schwalme ist klar: Eine weitere Verkehrsberuhigung samt einer Einbahnstraßenregelung in Richtung Königstraße ist die beste Lösung.

Doch mit diesem Vorhaben stößt er auch auf Ablehnung bei anderen Anwohnern, vor allem aber bei Gastronomen und Geschäftsleuten. «Es ist gut so, wie es ist», sagt beispielsweise Jens Graeser, Wirt der Kaffeebohne, und meint damit das seit einigen Jahren geltende Tempo-20-Limit in Fürths Kneipenmeile. Für Ladeninhaber und Gastronomen sei es unabdingbar, dass zum einen Kunden mit dem Auto vorfahren können und zum anderen ausreichend Parkplätze zur Verfügung stehen. «Wir können unsere Umsätze nur erzielen, wenn die Leute ohne das Gefühl, eine Straftat zu begehen, in die Straße fahren können.»

Auch das Argument, die Häuser seien gefährdet, lässt Graeser nicht gelten. «Die haben schließlich auch den U-Bahn-Bau überlebt», sagt er. Rückendeckung erhält er von Matthias Bauer, der den Modeladen Mann-o-Mann betreibt. «Wir sind auf unsere Kunden angewiesen und wir sollten es ihnen nicht noch schwerer machen, zu uns zu kommen», sagt er. Auch Rudolf Oehrlein, Inhaber des gleichnamigen Schuhgeschäfts, wünscht keine weitere Verkehrsberuhigung: «Ich fürchte, das könnte dem Geschäft schaden.»

«Wie die Verrückten»

Argumente, die Marcel Schwalme nicht nachvollziehen kann. Er erinnert an das Wehklagen der Geschäftsleute, das einsetzte, als in den 80er Jahren die Fußgängerzone in der Schwabacher Straße etabliert wurde. «Heute ist es eine belebte Straße, die Menschen sitzen sogar im Winter vor den Cafés», sagt er.

Auch Bernd Hausner, Wirt von der «Bar», kann sich mit dem Vorschlag des Altstadtvereins anfreunden. «Die brettern hier manchmal durch wie die Verrückten», klagt er. Für seinen Geschmack ist es nicht nötig, dass die Gäste direkt vors Haus fahren können: «Die zu Fuß kommen, sind mir eh am liebsten, die können was trinken.» Schwalme betont, dass Hausner mitnichten der Einzige ist, der den Vorschlag des Altstadtvereins unterstützt. «Ich denke, die Zustimmung von Anwohnern und Geschäftsleuten liegt bei 70 bis 80 Prozent.»

Skeptisch reagiert hingegen Hans-Joachim Gleißner, Leiter des Straßenverkehrsamts. Die aktuelle Regelung hält er für «sehr sinnvoll». Tempo 20, Anwohnerparken sowie kostenpflichtige Parkplätze – «mehr muss man eigentlich nicht machen, um den Verkehr draußen zu halten», sagt Gleißner. Vom Durchgangsverkehr sei die Gustavstraße nicht betroffen und auch als Abkürzung tauge sie nicht.

Im Gegensatz zum Altstadtverein hält Gleißner Umbaumaßnahmen im Falle einer weiteren Verkehrsberuhigung für unvermeidbar. Der Verkehr dürfe dann nicht mehr auf einer geraden Linie fließen. «So eine Straße muss für Autofahrer so unattraktiv sein, wie es nur geht», sagt er. Und von einer Einbahnstraßenregelung, wie sie dem Altstadtverein vorschwebt, hält er ebenfalls nichts. Der Gegenverkehr auf dieser schmalen Straße führe automatisch zu langsameren Fahren. Aber auch zu Stau und Gehupe, kontert Marcel Schwalme. Er ist guter Dinge, mit dem Antrag Erfolg zu haben.

Heute beschäftigt sich die Referentenrunde der Stadt mit dem Thema. Ordnungsreferent Christoph Maier macht den Vertretern des Altstadtvereins jedoch wenig Hoffnung. Er selbst ist auf einer Linie mit Hans-Joachim Gleißner. Entscheiden müssen am Ende allerdings die Stadträte.