Corona-Folgen: Immer mehr Praxen machen dicht

25.3.2020, 14:00 Uhr
Corona-Folgen: Immer mehr Praxen machen dicht

© Foto: Daniel Karmann

Die Praxis des Veitsbronner HNO-Arztes Christian Welsch befindet sich seit Montag "bis auf Weiteres" im Notbetrieb. Patienten sollen sich in dringenden Fällen per Kontaktformular oder Mail melden. Via Facebook erklärt Welsch, er habe zumachen müssen, weil in seiner Praxis "elementare Dinge wie Mundschutz und Desinfektionsmittel zur Neige gehen".

Kein Einzelfall. Immer mehr Praxen machen vorübergehend dicht, weil sie unter Corona-Quarantäne stehen, Personal ausfällt und/oder ihnen die vorgeschriebene Schutzausrüstung ausgeht.


So bereitet sich Fürths Klinikum auf mehr Corona-Fälle vor


Beispiel Zahnärzte. Von 8000 Zahnarztpraxen in Bayern, sagt Leo Hofmeier, Sprecher der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB), seien "knapp 20 Prozent nicht mehr behandlungsfähig, sie mussten den Betrieb vorübergehend einstellen". Wegen Lieferengpässen geht die KZVB davon aus, dass sich die Lage in den kommenden Wochen zuspitzt. Aufschiebbare Behandlungen sollten daher vertagt werden, heißt es.

Zugleich versichert die KZVB, die Versorgung der Bevölkerung sei sichergestellt. Seit Montag gebe es zusätzlich zum Notdienst am Wochenende einen neuen Notdienst unter der Woche. Er soll die Schmerzbehandlung von Menschen ohne Covid-19-Symptome sicherstellen. An dem neuen Service beteiligen sich in Fürth – Stand Dienstag – sechs Zahnärzte, in Erlangen neun.

Wem Zahnschmerzen zu schaffen machen, der soll zunächst telefonisch seinen Hauszahnarzt kontaktieren, rät die KZVB, und erst im zweiten Schritt den Notdienst aufsuchen. Eine Liste mit den Notdienst-Praxen findet sich im Internet auf der Seite www.kzvb.de.

Auch bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) höre man "verstärkt" von Schließungen wegen fehlender Schutzausrüstung, bestätigt KVB-Sprecher Axel Heise. "Der Mangel wird von Tag zu Tag größer." Um wie viele Praxen es sich handelt, werde aktuell ermittelt, sagt Heise und betont, man habe es mit einer "absoluten Ausnahmesituation" zu tun, in der die medizinische Versorgung "weder ambulant noch stationär im gewohnten Maße für die Patienten bereitstehen" könne.

 

Kein Zwang für Mediziner

 

Solange keine Schutzausrüstung in ausreichendem Maße geliefert wird, so Heise weiter, könne die KVB keinen Arzt zwingen zu behandeln. Sollte sich der Mediziner nämlich mit dem Coronavirus infizieren, falle er zur Behandlung der Patienten aus, weil er vom Gesundheitsamt unter Quarantäne gestellt würde.

Von den zehn Millionen Atemschutzmasken, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigt hat, ist bei der KVB laut Heise noch keine angekommen. Man hoffe, dass sich das bald ändert. "Ob Praxen großflächig schließen werden, hängt sehr stark an dieser Frage." Unterdessen berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, wegen einer Panne bei einer Lieferung aus Kenia seien sechs Millionen Corona-Schutzmasken plötzlich spurlos verschwunden.

Der im Eigenen Heim praktizierende Zahnarzt Christian Pelster kommt nach eigener Einschätzung noch sechs bis acht Wochen mit seinem Vorrat an Standardschutzartikeln (Mundschutz, Handschuhe, Desinfektionsmittel) zurecht. Habe er einen Covid-19-Verdachtsfall vor sich, sagt er, ziehe er zwei einfache Mundschutze übereinander und lege überdies noch ein Gesichtsvisier aus Plexiglas an.

Die Fürther HNO-Gemeinschaftspraxis Krause/Schell/Ladaa hat sich in zwei getrennte Teams aufgeteilt, um im Falle einer Infektion den Betrieb aufrechterhalten zu können. Als Hals-Nasen-Ohren-Arzt arbeite man naturgemäß nah am Gesicht der Patienten, so Dr. Christian Schell. Daher behandle er zurzeit mit Schutzbrille, virensicherer Maske – und gewissen Einschränkungen. Heißt: Bei Untersuchungen wie der endoskopischen Begutachtung des Kehlkopfs überlegt Schell jetzt auch deshalb besonders genau, ob sie nötig sind oder nicht, weil sie einen Hustenreiz auslösen können.

Von den acht HNO-Ärzten in Fürth sind nach Kenntnis Schells, der dem Vorstand des Ärztenetzes Fürth angehört, nach wie vor alle regulär im Einsatz. Ihr Veitsbronner Kollege Welsch wiederum kümmert sich momentan nur noch telefonisch um seine Patienten und praktiziert ansonsten sozusagen via Facebook. Dort postet er Videos, in denen er seine Erkenntnisse zur Corona-Krise mitteilt.

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