Das perfekte Leben

7.2.2017, 13:00 Uhr
Das perfekte Leben

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Für Walter Gropius war die Sache eindeutig. „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau“, postulierte der Bauhaus-Gründer 1919 in einem richtungweisenden Manifest und forderte Werke, gefüllt mit „architektonischem Geist“. Knapp 100 Jahre später gibt Tobias Stutz auf diese Forderung eine neue Antwort.

Der 1983 in Filderstadt geborene Künstler, der an der Nürnberger Kunstakademie freie Malerei bei Ralph Fleck studierte und nun in Bonn lebt, merkte früh: „Menschen im Bild interessieren mich nicht.“ Was beileibe nicht bedeutet, dass diese Spezies keinen Einfluss nimmt in seinem Werk. Die Räume und Bauten, die Stutz hier, sechs Jahre nach seiner letzten Fürther Schau, darstellt, atmen den Geist ihrer jeweiligen Schöpfer. Sie berichten von Ideen, Träumen, Wünschen und manchmal auch von der Sehnsucht nach einem perfekten Leben, das einfach gelingen muss, weil die Umgebung mustergültig scheint.

Sensibler Lichteinsatz

Klarheit prägt ein jedes dieser Architektur-Bilder, die jetzt in der Galerie von Christian Fritsche zu sehen sind. Die strenge Linienführung trifft auf Flächen, deren komplexe Akzentuierung längst ihre Wirkung entfaltet hat, bevor dem Betrachter bewusst wird, was sich vor seinen Augen tut. Ebenso sensibel setzt Stutz das Licht ein, dessen Quelle nie offenbart wird, das aber scheinbar mühelos Tiefe schafft.

Der junge Maler ist fasziniert von den Helden der Bauhaus-Ära. Ihre Meisterwerke stehen Modell, vordergründig zumindest. Da gibt es etwa ein Treffen mit Mies van der Rohes legendärem Farnsworth House. Eine Neutra-Villa gibt sich zu erkennen.

Doch bei aller Freude übers Wiedersehen mit den Klassikern: Es sind keine Abbilder, die Tobias Stutz wiedergibt. Jedes Motiv durchläuft bei ihm augenscheinlich einen Prozess, bei dem die vertraute Ansicht beinahe so etwas wie archetypische Züge annimmt. Was der Maler zeigt, ist vorbildliche Architektur, die sich ideal in die umgebende Natur einfügt.

Kühles Blau

Seine Palette umfasst dabei Töne, die an Nuancen erinnern, die in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts en vogue waren. Vielfältige Nuancen von kühlem Blau und Grau gehen da zum Beispiel klar abgegrenzte Koalitionen mit einem Rot ein, dem es paradoxerweise gelingt, kräftig und gedämpft zugleich zu sein.

In vielen Arbeiten beschäftigt sich Stutz lediglich mit einzelnen Partien von Gebäuden, die Architektur-Modulen gleich Ausschnitte in den Mittelpunkt rücken. Trompe-l’œil-Effekte spielen mit den Sehgewohnheiten, die Illusion behält dabei stets die Oberhand: Eine präzise Treppenkonstruktion führt unvermutet über Eck geradewegs in die Wand hinein. Ein Bild im Bild verschmilzt mit dem Putz.

Sehr dezent kommt immer mal wieder ein feiner Humor ins Spiel. Weil seine Farb- und Formgebung manche Betrachter an den amerikanischen Malerfürsten Edward Hopper erinnert, schuf Stutz zum Beispiel eine Serie, die den prominenten Kollegen auf sehr spezielle Weise zitiert: Wie bei Bühnenbildern übernahm Stutz bekannte Szenen und ließ einfach die Menschen weg. Eine Methode, die dann überraschenderweise bei fast niemandem mehr Hopper-Werke ins Gedächtnis ruft. Und noch ein erstaunliches Kunststück ist Tobias Stutz quasi nebenbei gelungen. Er hat mit seinen Bildern die Bauhaus-Ideale ausgerechnet in die Fürther Hornschuchpromenade gebracht, einem Prachtstück des Historismus. Einem Stil, der sich mit den Meistern aus Weimar und Dessau so gut vertrug wie Feuer und Wasser.

„Inside Out“: Galerie in der Promenade, (Hornschuchpromenade 17). Nach Vereinbarung unter Tel. 70 66 60. Bis 26. März.

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