Der Hirsch röhrt an der Fürther Bauschuttdeponie

6.2.2018, 11:14 Uhr
Der Hirsch röhrt an der Fürther Bauschuttdeponie

© Foto: Reiner Bernhardt

1735 wurde der letzte Hirsch im Fürther Wald erlegt. Sein Geweih hängt heute als Trophäe mit Inschrift in der Blockhütte des Grünen Klassenzimmers hinter der Stadtförsterei. Nach 280 Jahren holt die Stadt das Rotwild zurück und baut ihm dazu gleich ein Wohnzimmer. Mit 20.000 Quadratmetern ist es groß genug zur artgerechten Haltung von zehn Tieren – einem Platzhirsch, der nach Angaben von Stadtförster Martin Straußberger für 1000 Euro zu haben ist, und neun Hirschkühen, die jeweils nur etwa die Hälfte kosten.

Mit insgesamt 55.000 Euro schlägt das Gesamtprojekt zu Buche. Der kommunale Haushalt wird damit jedoch nicht belastet. Denn 20.000 Euro steuert der Naherholungsverein Lorenzer Reichswald bei, dem auch Fürth angehört. Weitere 20.000 Euro schießt die Sparda-Bank zu, die restlichen 15.000 Euro kommen aus der Stiftung des spendablen Fürther Naturfreundes Karl-Heinz Böhm.

Sukzessiver Aufbau

Schon lange hat der passionierte Jäger Straußberger damit geliebäugelt, das Rotwild in Fürths grüner Lunge wieder anzusiedeln. Bislang treiben sich hier nur die wesentlich kleineren Rehe herum, sogenannte Trughirsche. Das 200-jährige Jubiläum der Stadterhebung mit seinem Schwerpunkt auf Naturattraktionen gibt in Verbindung mit den Spenden Anlass, die Idee in die Tat umzusetzen. Offene Türen, so Oberbürgermeister Thomas Jung bei der Projektvorstellung vor Ort, hat Straußberger im Fürther Rathaus eingerannt.

Neben dem Gehege soll ein Wild- und Walderlebnispfad angelegt werden. Ein Rundweg, der sich bis hin zum Ausflugslokal Felsenkeller zieht und mit Erläuterungstafeln versehen ist. Auf ihnen werden Waldtiere und Forstwirtschaft erläutert. Im September soll der Zaun errichtet werden. Er umgrenzt eine Feuchtwiese mit Wasserstelle zum Suhlen und Wäldchen als Deckung.

Das weitgehend offene Gelände trägt den ursprünglichen Steppenbewohnern Rechnung: Der Stadtförster hofft, dass sich die Tiere mit der Zeit an Menschen gewöhnen und so zutraulich werden wie die Wildschweine im Gehege hinter dem Hotel-Parkplatz.

Vorsichtig will Straußberger an die Sache herangehen und nicht gleich die volle Belegschaft antreten lassen. Vielmehr soll der Tierbestand sukzessiv aufgebaut werden, um herauszufinden, wie viel Population das Areal verträgt. Gepunktetes Damwild, wie es etwa im Strengspark an der Siebenbogenbrücke oder im Gehege zwischen Neunhof und Kalchreuth zu Hause ist, könnte auf dem Gelände an der Bauschuttdeponie in weitaus größerer Zahl untergebracht werden. Doch der Stadtförster setzt auf die anspruchsvollere Edelversion.

Langer Fußweg

So bequem mit dem Auto wie das Wildschweingehege ist der Rotwild-Stützpunkt freilich nicht zu erreichen. Vom nächsten Parkplatz an der Regelsbacher Brücke über die B 8 (Südwesttangente) sind ein bis zwei Kilometer Fußweg zurückzulegen. Allerdings durch ein reizvolles Revier mit altem Baumbestand, Kletterfelsen, einer historischen Feldschmiede, bedeutender Fledermauskolonie im unterirdischen Steinbruch Felsenkeller und herrlicher Aussicht vom Deponie-Gipfel aus.

Der mit neuer Hütte versehene Rodelhang neben dem Gehege bleibt erhalten. Die Abfahrt durch den Wald im oberen Teil will Straußberger etwas freischlagen, um sie in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Lediglich die Skiabfahrt wird im Auslauf durch das Gehege beeinträchtigt. Allerdings sei sie in der Vergangenheit ohnehin kaum genutzt worden. Wenn die Deponie in zwei bis drei Jahren verfüllt ist, planen, wie berichtet, auch Mountainbiker des Radsportclubs Fürth die Anlage eines Downhill–Parcours mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Er soll an der gegenüberliegenden Flanke des Doppelhügels entstehen. Die Ausflugswirtschaft Felsenkeller ist wegen eines Besitzerwechsels derzeit geschlossen, soll aber nach den Worten des OB weitergeführt werden.

Zum Freizeitwert des Fürther Stadtwaldes tragen der 1996 angelegte Walderlebnispfad mit Fühl- und Riechstationen und der 2005 erneuerte Waldlehrpfad an der Stadtförsterei bei. Ein 2,6 Kilometer langer Fitnessparcours mit 15 Stationen und mehrere Nordic-Walking-Strecken werden neben einer Vielzahl von Wanderwegen dem Bewegungsdrang gerecht.

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