Der Kulturpalast feiert drei Tage lang

20.6.2013, 09:14 Uhr
Der Kulturpalast feiert drei Tage lang

© Lenk

„Gidderbarri“ — was soll denn das sein? Ein fränkischer Ausdruck für Chaos und Durcheinander. Der fränkische Mundartdichter und Stückeschreiber Helmut Haberkamm („Ka Weiber, ka Gschrei“) hat zu seiner Etymologie höchst verschiedenartige Sprachwurzeln ausfindig gemacht. Die ältesten Wurzeln reichen angeblich zurück auf den Namen des ägyptischen Baumeisters und Oberbalsamierers Kitabar (der auch Echnatons Sonnengesang gedichtet haben soll). Ein weiterer Namenspate wäre der arabische Gelehrte Al’qit’bras, der legendäre Erfinder der Gitarre (qit), des Fensterkitts (wiederum qit), wie auch des Büstenhalters (bra).

Forschen wir in fränkischen Gefilden, so empfehlen sich zwei Durchreisende: einerseits der ungarische Edelmann Gitaibary, der im Dreißigjährigen Krieg im Aischgrund eine schwere Verwundung davon trug, als auch der französische Feldherr Guy du Barrie, der unter Napoleon durch Franken zog. Schließlich gibt es noch einen keltischen Zauberspruch „Kit’o’parry“ und den barocken Modeausdruck „Cul de Paris“, der „Pariser Hintern“. Hierbei handelt es sich um Polster, mit denen junge Damen ab dem Jahr 1700 ihren Allerwertesten zum Prachtbürzel ausstaffierten und damit junge Kavaliere um Sinn und Verstand brachten und dem Chaos der Hormone preisgaben.

Wir sehen: „Gidderbarri“ ist ein höchst dehnbarer und vielseitiger Begriff, der ein Durcheinander sowohl handgreiflich wie intellektuell als auch gefühlsinnig und hormonell abzudecken imstande ist. „Gidderbarri“ hat Helmut Haberkamm seine Doppel-CD betitelt. Auf 56 Liedern erkundet Haberkamm den fränkischen Idealort Gidderbarri, um mit Songs und Szenen die Gipfel und Abgründe der fränkischen Seele auszuloten. Dieses Werk bringt Haberkamm mit seinen musikalischen Mitstreitern Wolfgang Buck, Winni Wittkopp, Johann Müller und Stefan Nast-Kopp am Samstagabend (20 Uhr) auf dem Wolfgangshof zu Gehör. Der Bayerische Rundfunk ist auch dabei und zeichnet die Vorstellung auf.

Die Tuba ist ein schwerfälliges Instrument, bedarf großer Lungenkraft, und weckt ob ihrer Artikulation Assoziationen an Mammuts in der Brunftzeit oder Elefanten mit Verdauungsstörungen. Dennoch ist das Tubaspiel eine Kunst für sich, weshalb es dafür sogar Professuren an Musikhochschulen gibt. Ein solcher Tuba-Professor ist der Bayer Andreas Hofmeir. Und weil „Tuba-Professor“ unfreiwillig komisch klingt, tritt Hofmeir mit seinem geliebten Instrument auch als Kabarettist auf und bestreitet das Vorprogramm zu „Gidderbarri“ (Samstag 18 Uhr).

Neben den (über)regional bekannten Mundartdichtern und -musikern, treten ortsansässige Musiker im Wolfgangshof auf. Den Auftakt am Freitagabend (18.25 Uhr) bestreitet der Männergesangverein sowie der Junge Chor Roßtal „Licence to sing“, der Anwandener Frauenchor „Damenbesuch“ mit Liedern von Eric Clapton bis Trude Herr, der Kirchenchor „Chorenzo“ (mit Repertoire von Heinrich Schütz bis Supertramp), sowie die „Budde Thiem — Brassband“.

Sonnwendfeuer lodert

Da Freitag obendrein der längste Tag des Jahres ist, gibt es ein zünftiges Sonnwendfeuer. Für den Ausklang des „Dorffests“ am Sonntagmorgen (11 Uhr) sorgt dann die laut Eigeneinschätzung garantiert staubfreie Volksmusik der „Kapelle Rohrfrei“.

Für die Ohren ist also gesorgt, das Auge will aber auch ein Stück vom Kulturfestkuchen. Kunstflaneure können sich an den Werken diverser fränkischer und zugereister Künstler auf dem Gelände erfreuen. Gisela Hoffmann präsentiert ihre Installationen, die Bildhauer Reiner Bergmann und Clemens Heinl stellen ihre Skulpturen aus, der Fotograf Andreas Riedel betört mit schönen Portraits und der vielseitige Skulpteur Ignazio Tola aus Sardinien pflanzt seine bunten floralen Lichtobjekte in die Landschaft.

Einlass am Freitag und Samstag ab 18 Uhr. Gidderbarri kostet 14 Euro, bei allen anderen Veranstaltungen herrscht freier Eintritt.

 

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