Der Macher hinter der Crowd

1.6.2016, 21:00 Uhr
Der Macher hinter der Crowd

© Foto: Michael Matejka

Machen. Das steht schon bei Vater, Opa und Uropa auf dem Arbeitsplan. Michael Leibrecht allerdings bricht mit der Tradition der Handwerkerfamilie, er wird Werbefachmann. „Aber irgendwie ist das ja auch ein Handwerk.“ Den Bleistift jedenfalls trägt Leibrecht immer mit sich herum, in der Gesäßtasche seiner Jeans. Nichts, sagt er, „habe ich lieber als ein weißes Blatt Papier“.

Machen, das tut auch Leibrecht, also etwas anpacken. Obwohl es für ihn weniger körperliche Arbeit, sondern vielmehr Hirnschmalz bedeutet. Wie viele Logos er schon entworfen hat, kann er gar nicht sagen. Zwei Beispiele stehen auf dem Tisch des Besprechungszimmers seines Büros an der Stadtgrenze Nürnberg-Fürth: der „Schokobär“ und der „Hopfentiger“, zwei Biere einer Feuchter Hopferei, für die Leibrechts Agentur Logo samt Produktnamen entworfen hat.

Solche Jobs sind der Klassiker in der Werbebranche: eine Idee, eine Strategie entwickeln. Eine Leidenschaft für Design habe er eh immer gehabt, erzählt der 44-Jährige, der kaum ruhig stehen kann. Was ihn am Gestalten besonders reizt? „Eine Botschaft zu vermitteln — so schnell und einfach wie möglich.“ Werbung eben. Verändert haben sich die Möglichkeiten, dem Internet sei dank. Und Leibrecht ist früh dran, nutzt diese Chance — zum Beispiel, indem er sich Namen von Internetseiten sichert. Möglichst einfache, versteht sich. „Machen.de habe ich seit 1996, quatschen.de seit 1998.“ Das eine ist heute der Name seiner Firma, das andere der seines Buchs. Und: Für ein Projekt mit Freunden sichert er sich 2004 eher zufällig die Domain facebook.de — die er später lukrativ verkauft.

Vor allem aber dient Michael Leibrecht das Netz, um zu „netzwerken“. Das heißt: Kontakte zu knüpfen, Menschen zusammenzubringen. „Dieser Teil wird immer wichtiger“, sagt er. Das Netzwerk lebt vor allem dann auf, wenn es darum geht, Leute zu finden, die etwas unterstützen, finanziell. Das heißt: Crowdfunding.

Fremdeln mit dem Begriff

Leibrecht hält die Hände schützend vor sich. Er weiß: Viele fremdeln mit diesem Begriff „und mit der Tatsache, dass alles über das Internet läuft“. Er spricht gerne von Schwarmfinanzierung. Ein Blatt Papier und sein Bleistift genügen, um das Prinzip des Crowdfundings anschaulich zu skizzieren.

Leibrecht fasst zusammen: „Jemand hat eine Idee und sucht über das Internet Unterstützer — also bei jedem von uns, der Crowd. Er gibt vor, wie viel Geld er braucht, um die Idee zu verwirklichen. Sobald er es hat, ist er verpflichtet, sie umzusetzen.“ Was dann dabei rauskommt — ein Spiel, oft ein Film oder eine Technologie —, erhält der Unterstützer später. Manchmal geht es auch nur um etwas Ideologisches, „aber im Prinzip ist der Klingelbeutel in der Kirche ja fast dasselbe — nur dass man das Geld nicht zurückkriegt, wenn es nicht für die neue Glocke reicht“.

Mit Crowdfunding hat Michael Leibrecht dem Nürnberger Surfer Sebastian Steudtner ermöglicht, seinen Weltrekord-Versuch in Portugal zu starten. Der Lohn für die Unterstützer: der Name auf dem Surfbrett beim Rekordversuch. Auch am Crowd Dialog in München ist Leibrecht ständig Gast.

Sein Job lautet: „Leute ins Boot holen, ein Kommunikationskonzept entwickeln“. Aber Leibrecht erklärt auch Crowdfundern (Achtung: Nicht Crowdinvestment, wobei man eine Beteiligung erwirbt): Wie geht das überhaupt? Bei der Industrie- und Handelskammer berät er seit 20 Jahren Gründer — künftig bildet er sie möglicherweise zu „Crowdfunding-Managern“ aus. Gespräche laufen.

Denn inzwischen sei das Modell im Mittelstand angekommen. Heißt: „Immer mehr Banken akzeptieren Crowdfunding als Teilfinanzierung.“ Manche übernehmen dabei sogar die Rolle der üblichen Plattform wie startnext.de oder kickstarter.com.

Zuletzt hat Leibrecht sein eigenes Buch „crowdgefundet“: quatschen.de. Darin enthalten sind auch Formeln, die das Crowdfunding ausmachen. Ein Beispiel: „Die Abkehr von: Ich gewinne, du verlierst“. Das sei nicht mehr zeitgemäßes Denken.

Das Ziel von 2000 Euro hatte er übrigens schnell erreicht. Zur Belohnung gibt es für alle Geldgeber ein Exemplar und für ihn Druck, das Buch rasch fertigzustellen. Er wird es schaffen. Er ist ein Macher.

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