Die absurde Geschichte von Taha

21.3.2020, 11:51 Uhr
Die absurde Geschichte von Taha

© Klaus Meßenzehl

 

Eigentlich hatten Julia Thomas und Thomas Steigerwald vom Verein "Medienpraxis" einen ganz anderen Film im Sinn gehabt. Als sie letztes Jahr ihre Kameras beim Fürther Kinder- und Jugendhilfezentrum (KJHZ) aufstellten, wollten sie ursprünglich ein Porträt der Pädagogin Barbara Bach machen. Als Wohngruppenleiterin kümmert sie sich um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die sie liebevoll "Oma" nennen.
Aber dann passierte etwas, was selbst den beiden erfahrenen Filmemachern - die zusammen schon über hundert Dokumentationen produziert haben - die Kinnladen runterklappen lies.


Sie trafen den 19-jährigen Taha Mousa und hörten seine Geschichte: Als 13-jähriger floh er aus Ghana und reiste über 4000 Kilometer zu Fuß Richtung Deutschland. Beim Weg über das Mittelmeer war sein Boot das einzige von dreien, das die Fahrt überstand. In den letzten Jahren hat er seine Traumata aufgearbeitet und sich perfekt integriert: Er spricht Deutsch, spielt Fußball bei der Spielvereinigung Victoria und hatte einen Ausbildungsplatz als Altenpflegehelfer sicher. "Das Seniorenheim hätte ihn mit Kusshand genommen", erzählt Thomas Steigerwald, "denn Altenpfleger sind extrem gesucht."


Doch aus all dem wurde nichts: Da Taha Mousa nun volljährig ist und Ghana als sicheres Land gilt, musste er die Abschiebung fürchten. "Die Alternative ist, dass er 'freiwillig' zurück nach Ghana reist und von dort aus eine legale Einwanderung anstrebt", so Julia Thomas. Ein Verfahren, das den jungen Mann zum zweiten Mal komplett entwurzeln würde. Und natürlich sehr viel Zeit und Geld verschlingt. "Und währenddessen reist unser Gesundheitsminister durch die Welt um Leute für die Pflege anzuwerben", ärgert sich Steigerwald. "Hier ist einer, der den Job machen will, der Deutsch kann und schon einen Arbeitsplatz in Aussicht hat - und der wird weggeschickt. Das ist doch absurd."


Das fanden auch die Teilnehmer bei der Premiere des Films im Nürnberger Caritas-Pirckheimer-Haus. Bei der dortigen Diskussionsrunde bezeichnete sogar Otto Heimbucher von der CSU das ganze als "sehr unglücklich". Experten fordern für Fälle wie den von Taha Mousa schon seit längerem den sogenannten "Spurwechsel": Wer in Deutschland lebt und einen hier dringend benötigten Job machen will, der soll auch bleiben dürfen.
Für Mousa ist es freilich zu spät. Aktuell befindet er sich in Ghana. "Aber wir gehen zu 80 Prozent davon aus, dass er wieder nach Fürth kommen wird", meint Julia Thomas. In diesem Falle wollen Thomas und Steigerwald auch eine Fortsetzung der Dokumentation drehen.

Zu sehen ist der einstündige Film "Taha muss gehen – Jugendliche Zugewanderte: Ausbilden oder Abschieben?" am Sonntag, dem 22. März (Teil 1) und Sonntag, dem 29. März 2020 (Teil 2), jeweils um 19.30 Uhr auf Frankenfernsehen. Zudem kann man ihn über die Homepage des Vereins - www.medienpraxis.tv - auch als DVD erwerben.

PETER ROMIR