Apokalypse
Die Höllenmaschine des Krieges: "Im Westen nichts Neues" kommt in die Kinos
28.09.2022, 14:55 Uhr
Am Anfang sieht man die jungen Männer, fast noch Kinder. Naiv und scheu schauen sie in die Welt, voll freudiger Erwartung eines großen Abenteuers und erfüllt von vaterländischem Pathos. Es ist 1917, die Lage an der Westfront ist schon ziemlich aussichtslos, monatelang wird hier erbittert um ein paar Meter Land gekämpft.
Angst und Grauen
Auch heute noch packt der mit drei Oscars ausgezeichnete Film von Lewis Milestone von 1930. Doch Edward Berger überträgt die Erfahrung des Krieges noch direkter, physischer auf den Zuschauer, lässt ihn die klamme Kälte, den nagenden Hunger, die Angst und das Grauen zusammen mit dem jungen Paul (Felix Kammerer) und seinen Kriegskameraden spüren.
Die Szene, in der Paul zuerst auf einen französischen Soldaten einsticht und sich dann in rührender Verzweiflung um ihn kümmert, wirkt in der heutigen Version um einiges stärker, erst der Furor des Tötens, dann die Menschlichkeit der Fürsorge, erst die Sinnlosigkeit, dann die Besinnung.
In den Bildern, die Berger und der britische Kameramann James Friend erschaffen haben, ist der Krieg ein apokalyptisches Weltuntergangsszenario, das er mit der vollen Wucht des Kinos auf die Leinwand schleudert. Erde, Schlamm und Körper verschmelzen zu einer einzigen Masse, die alle Farben ausbleicht, bis der Farbfilm fast schwarz-weiß erscheint. Die Westfront als Dystopie, mit einem wuchtig dräuenden Sounddesign, das die Höllenmaschine des Krieges zum alles verschlingenden Monster macht.
Ein Akt der Gnade
Berger löst sich hier von der Vorlage, er verzichtet auf Pauls Heimaturlaub und bezieht stattdessen die Waffenstillstandsverhandlungen zwischen den Abgesandten Deutschlands und Frankreichs und die sture Kriegstreiberei eines deutschen Generals (Devid Striesow) ein. Am Ende ist der Blick von Paul stumpf und leer. Der Tod wird da fast schon zum Akt der Gnade, erspart er doch ein Leben mit den Erinnerungen an das erlebte Grauen.
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