Essensretter in Fürth suchen noch Mitstreiter

25.10.2015, 11:00 Uhr
Essensretter in Fürth suchen noch Mitstreiter

© Foto: Winckler

An diesem Mittag gibt es Nachschub am „Fairteiler“: gleich mehrere Kisten, gefüllt mit Weintrauben, Salatköpfen, Karotten, Kohlrabi, Paprikaschoten. . . Eine andere Kiste war schon da, irgendjemand hatte Äpfel, Birnen und Bananen übrig.

Bedienen kann sich hier nun jeder, der möchte – der Topverdiener ebenso wie der Arbeitslose – und zwar gratis. Man nimmt mit, was man gebrauchen kann. Der „Fairteiler“, so heißt das Regal, steht an einem Ort, der für alle zugänglich ist: im Hof der Diakonie. Monika Schelenz (44), die die Ware gerade mit Eva Wagner (32) aus dem Auto geschleppt hat, drückt noch schnell auf den Auslöser an ihrem Tablet und lädt das Foto in der Facebookgruppe „Foodsharing Fürth“ hoch. Jetzt wissen die rund 170 Mitglieder Bescheid.

In der Gruppe haben sich Gleichgesinnte zusammengefunden, aber keiner muss hier Mitglied sein: „Den Fairteiler nutzen auch viele, die zu uns kommen“, sagt Ulla Dürr vom Vorstand der Diakonie, die den Foodsavern (deutsch: Essensretter) den Standort angeboten hat. Im Sommer, erzählt sie, „gab’s mal irre viel Brot, da hab’ ich auch was mitgenommen.“

Die Lebensmittel hier stammen manchmal von Privatpersonen, meist aber von den vier Fürther Geschäften, die bisher mit den Foodsavern kooperieren: zwei ebl-Märkte, Lebensmittel Maisch in der Hirschenstraße und der Fischtreff. Es sind Lebensmittel, die wohl nicht mehr verkauft werden könnten, zum Beispiel weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist oder weil sie nicht mehr so perfekt aussehen, wie es der Kunde wünscht. Äpfel, die Druckstellen haben. Oder Trauben, die lose sind. Die Foodsaver sehen sich dabei als Ergänzung zur Tafel, die stets Vorrang habe: Was die Geschäfte nicht an die Tafel abgeben können, holen sie ab.

Der Fairteiler ist aber nur eine Variante, Essen vor der Tonne zu retten: Privatleute können sich auch auf der Internetseite www.foodsharing.de registrieren und dort, wie bei einem Kleinanzeigenportal, anbieten, was sie nicht verbrauchen können. Gelegenheiten gibt es viele: Man fährt in den Urlaub, aber der Kühlschrank ist noch voll. Man hat Obstbäume im Garten, aber es fehlt die Zeit oder die Kraft für die Ernte. Oder man hat jede Menge Süßigkeiten geschenkt bekommen, die man nicht essen mag – so fing es bei Eva Wagner an.

Viel zu schade zum Wegwerfen, dachte sie sich damals. Für die Tafel wäre die Menge zu klein gewesen, sagt sie. Dann stieß sie auf foodsharing.de. Sie schrieb eine Anzeige – und wurde überhäuft mit Anfragen von Leuten, die die Sachen abholen wollten.

Essen privat abzugeben, ist oft der erste Schritt. Wer sich weiter engagieren möchte und Lebensmittel bei Betrieben abholen möchte, muss sich bei foodsharing.de um einen Ausweis bemühen. Schließlich handelt es sich um eine verantwortungsvolle Aufgabe. Neun aktive Foodsaver gibt es zurzeit in Fürth.

Verschenkt werden kann alles, was man selbst essen würde; im Unterschied zur Tafel auch Gekochtes. Nicht gestattet ist nach den Regeln von foodsharing.de das Anbieten und Teilen hygienisch riskanter Produkte, also beispielsweise von rohem Fleisch.

Auch Landwirtschaftsbetriebe rufen die Foodsaver zur Hilfe: „Alles, was der verwöhnte Kunde nicht kaufen würde, was zu groß, zu klein, zu krumm ist, bleibt auf den Feldern liegen“, erzählt Wagner. Die Essensretter rücken dann im Team an und machen sich an die Ernte.

Mit dem Retten allein ist es aber nicht getan: Man muss die Lebensmittel freilich auch zubereiten. Auf diese Weise seien sie schon sehr kreativ geworden, erzählen die beiden Frauen. Aus zwei Kilo losen Trauben machte Monika Schelenz einmal Traubensaft. Und vergangenes Wochenende stand sie am Herd, um Apfelcrêpes zu backen: Der Crêpes-Teig und die Apfelschnitzen waren beim Fürther Apfelmarkt übrig geblieben.

Die Facebookgruppe heißt „Foodsharing Fürth“. Der Fairteiler steht in der Königswarterstraße 56. Betriebe können sich bei Monika Schelenz melden, unter fuerth@lebensmittelretten.de

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