Feminine Ironie

11.2.2014, 10:30 Uhr
Feminine Ironie

© Martin Bartmann

Dass vorher der Sheriff erschossen wurde, daran war dieser Kerl nach übereinstimmender Ansicht der Frauen selbst schuld. Und weil sich die übrigen Männer im Goldrausch aus dem Staub gemacht haben, übernehmen die gewitzten Frauen im Westernstädtchen Santa Melodiva kurzerhand selbst das Kommando.

Als Sheriffin wird eine Oststaatlerin gewählt, womit aber nicht die Oststaaten in den USA gemeint sind, sondern die östlichen Bundesländer – am sächsischen Dialekt unschwer zu erkennen. Dazu kommen noch eine Hilfssheriffin und eine Bürgermeisterin. Diese weibliche Vormachtstellung wird dann sogleich mit dem Lied „Frauen reiten durch das Land, Frauen haben die Zügel in der Hand“ eindrucksvoll demonstriert.

Schon hier wird deutlich hörbar, dass der Lesbenchor auf beachtlich hohem musikalischen Niveau agiert, temperamentvoll angetrieben und überlegen geleitet von der Leiterin aus den Niederlanden. Auch die beiden Instrumentalistinnen tragen mit ihrem Spiel wesentlich zum musikalischen Niveau bei. Solosängerinnen mit chorischer Unterstützung, mehrstimmiger und intonatorisch sauberer Chorgesang und präzise Rhythmen auch bei schwierigen Passagen machen dies deutlich.

Ein musikalisches Glanzlicht ist die Parodie auf die Habanera aus der Oper „Carmen“ von Georges Bizet, und auch der romantische Song am Lagerfeuer ist eine einfühlsame Darbietung. Selbst im A-Cappella-Gesang zeigen sich die Chorsängerinnen sattelfest.

Einschlägige Erfahrungen

Erfahrungen mit Männern haben die Sängerinnen des Lesbenchors hinlänglich gesammelt. Das wird durch die Bemerkung deutlich, dass diese ja bekanntlich immer nur eines wollen, dann aber Angst vor Frauen haben, die sich die Beine nicht rasieren. Bisweilen nehmen sich die Frauen auch selbst auf den Arm – etwa wenn die Sheriffin sich nicht ganz sicher ist, ob mit den „zwei Dingern“ die Pistolen oder die eigenen Rundungen gemeint sind.

Der Lesbenchor Melodiva beeindruckt aber nicht nur musikalisch, sondern auch durch tolle Choreographien, mit denen die Lieder gestaltet werden. Dies gilt vor allem für das Pokerturnier, das musikalisch und darstellerisch eine ganz tolle Nummer ist. Die Gier nach dem Preisgeld mit Pokerface, das Duell der beiden Falschspielerinnen und dann der gerade noch abgewehrte Überfall von vier steckbrieflich gesuchten Unruhestifterinnen – nach der Pause läuft der Münchner Chor zur Hochform auf. Und am Schluss wird alles gut, weil die Frauen nun sinnvollen Beschäftigungen nachgehen. Das zum „Skandal im Reihenhaus“ umgeschriebene Lied als abschließende Zugabe lässt dann die Stimmung fast überschwappen. Begeisterter Beifall für eine in jeder Hinsicht gelungene Show.

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