Fürth will Zwangsräumungen verhindern

10.6.2017, 16:00 Uhr
Fürth will Zwangsräumungen verhindern

© Archivfoto: Joachim Sobczyk

Nicht selten zerstören Schicksalsschläge und persönliche Krisen auch wirtschaftliche  Grundlagen. Wenn die Miete nicht mehr gezahlt werden kann, sind Sanktionen programmiert. Um dem rechtzeitig vorbauen zu können, hat die Stadt 2010 bereits eine Fachstelle für Wohnungsfürsorge im Sozialamt und ein Präventivprojekt zum Vermeiden von Zwangsräumungen und zur dauerhaften Wohnungssicherung auf die Beine gestellt. Vom Staat gab es Zuschüsse, die aber nicht von Kommunen abgerufen werden können. Deshalb sprang die Caritas als Verbündeter ein.

In enger Zusammenarbeit mit der Fürther Wärmestube konnte in den städtischen Notwohnungen an der Oststraße ein Krisenmanagement mit der Sozialpädagogin Sandra Zintl etabliert werden, das denen, die noch eine Wohnung haben, Auswege aus der Abwärtsspirale aufzeigt, wenn sie Energiekosten und Mieten nicht mehr zahlen können. Weil sich Zwangsräumungen in der Regel auch für Vermieter nicht rechnen, stand die städtische Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) dem Bemühen gleich aufgeschlossen gegenüber.

Als die Arbeit immer umfangreicher wurde, übernahm das WBG-Tochterunternehmen Soziales Wohnen Fürth im Mai 2015 zusammen mit anderen Genossenschaften jenen Teil des Projekts, der ihre Gebäude umfasst. Es trägt den Titel "Nachhaltiges Wohnen". Um Genossenschaftsmieter in Problemsituationen kümmert sich seither die Sozialpädagogin Irmgard Schwemmer. Mietschulden sind nach ihrer Erfahrung nur die Spitze des Eisbergs. Deshalb hinterfragt Schwemmer persönliche Problemsituationen und zeigt individuelle Lösungsmöglichkeiten auf. Mit der Wohnungsbaugenossenschaft Eigenes Heim konnte nun ein weiterer Partner gefunden und das Projekt um ein weiteres Jahr verlängert werden.

Viele neue Fälle

Auch nachdem die Wohnungsunternehmen ihr eigenes Krisenmanagement betreiben, hat die Arbeitsbelastung für die städtische Wohnungssicherung nicht nachgelassen. Damit befasst ist die Sozialpädagogin Sandra Zintl. Zu den rund 100 Problemfällen, um die sie sich ständig kümmert, sind allein in den ersten drei Monaten des Jahres 120 neue hinzugekommen. Seit der Trennung von den Wohnungsgesellschaften hat sie 820 Mietprobleme bearbeitet. Viel Leid, bürokratischer Aufwand und Geld konnten durch das Vermeiden von Zwangsräumungen gespart werden. Ohne finanzielle Hilfe für Mieter geht es natürlich nicht. Dazu kann Zintl auf Spenden und Darlehen zurückgreifen.

Die Sozialpädagogin hat ihre Laufbahn als Praktikantin in der Wärmestube begonnen. Nach Auslaufen der staatlichen Förderung 2015 ist die Stadt finanziell in die Bresche gesprungen und hat ihr eine kommunale Stelle eingerichtet. Bei den Etatberatungen im November muss der Stadtrat erneut über eine Fortsetzung beschließen. Für Sozialamtsleiterin Michaela Vogelreuther besteht kein Zweifel, dass  hier wichtige und wertvolle Arbeit geleistet wird.

Dass Sozialpädagogen nachhaltiger wirken als Gerichtsvollzieher, weiß man auch beim Evangelischen Siedlungswerk. Deshalb wurde die Generalsanierung der ehemaligen WBG-Wohnungen auf der Schwand ("Finkenpark") mit Erfolg auf ein eigenes Krisenmanagement gesetzt.

Wohnungsunternehmen, die sich noch dem Projekt "Nachhaltiges Wohnen" anschließen wollen, können sich unter info@nachhaltiges-wohnen.de melden.

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