Fürths "Schulhof" zog Menschen aus ganz Europa an

9.4.2019, 21:00 Uhr
Fürths

© Hans-Joachim Winckler

Gespannt drängen sich die Besucher im Jüdischen Museum Franken um ein kleines Modell in strahlendem Weiß und mit zahlreichen Gebäuden. In handlicher Größe wurde jetzt das Areal an der Fürther Königstraße von der Würzburger Firma 3D-Betrieb nachgestaltet.

"Fürth war und ist eines der wichtigsten Zentren des fränkischen Judentums", sagt Museumschefin Daniela Eisenstein. "Und viele wissen gar nicht, dass dessen Herz 300 Jahre lang der ,Schulhof’ war."

Das Zentrum der hiesigen jüdischen Gemeinde umfasste nicht nur eine Synagoge, sondern auch ein Ritualbad, einen koscheren Fleischer und Wohnungen für die Menschen, die aus ganz Europa nach Fürth kamen, um hier "Die Weisheit der Welt" zu lernen. Denn, so erklären es die Schüler der Klasse 4 a der Grundschule Schwabacher Straße bei der Präsentation, so eine Synagoge ist kein stiller Andachtsort wie eine christliche Kirche, sondern ein Ort voller Leben, da sie auch als Schule dient.

Doch die Zeit des Ortes voller Leben währte nur bis 1938, als die Nazis das Gelände in der Reichspogromnacht zerstörten. Die Nachkriegsgeneration, die auch architektonisch nach Kräften verdrängte, bebaute das Gelände mit Häusern. "So etwas wäre heute unvorstellbar", meint Oberbürgermeister Thomas Jung. "Ich selbst habe in meiner Schulzeit nie etwas über dieses Gelände erfahren."

Umso wichtiger ist es, dass das Gedenken in die Schulen zurückkehrt. Das Modell ist wegen seiner Größe gut geeignet für Grundschüler; sie können jedes Gebäude anfassen und hochheben. Was seine Funktion war, steht jeweils auf der Unterseite. "So kann man auch die historische Entwicklung des Geländes nachbauen, auf dem im Laufe der Jahrhunderte vier Synagogen standen", sagt Projektleiter Heiko Quinkler, der das Gelände anhand alter Fotos rekonstruieren ließ.

Zeichen gegen Rechts

Neben dem 3-D-Modell gibt es auch eine digitale Panorama-Ansicht. Lob bekommt das Projekt unter anderem auch von Bezirksrätin Lydia Bauer-Hechler: "Bisher gibt es nur das Denkmal in der Wohnsiedlung, das sehr schön ist. Hier aber wurde nun endlich sichtbar gemacht, was das für ein wichtiger Ort war." Das Modell setzt gleichsam ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und neuen Antisemitismus, denn wie Erzbischof Ludwig Schick betont: "Wer das Judentum angreift, greift auch das Christentum an, weil es aus dem gewachsen ist, was den Juden heilig ist."

Schließlich hat auch Viertklässlerin Lyusi, die aus Armenien stammt, eine höchstpersönliche Botschaft: "Wir haben ähnlich gelitten wie das jüdische Volk. Die jüdische Geschichte sollte man darum nicht vergessen. Kommt ins Museum!"

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