In der Manege fürs Leben lernen
01.04.2019, 20:47 UhrEs gibt Menschen, die träumen davon, einmal in einer Manege aufzutreten. Ob als Clown, der das Publikum zum Lachen bringt, als Fakir auf dem Nagelbrett oder als tollkühne Artistin am Trapez. Olaf Seltmann gehört nach eigener Aussage nicht zu dieser Spezies. Mal mit den Kindern in den Zirkus zu gehen, schön und gut, aber auch nicht mehr. Und dennoch steht Seltmann seit 2014 an der Spitze des Ammerndorfer Kulturzirkus und stemmt seitdem gemeinsam mit den rund 100 Mitgliedern das gleichnamige Event in der Bibertgrundgemeinde – heuer bereits zum fünften Mal.
Um das zu verstehen, muss man einige Zeit zurückgehen: 2010 war Seltmann im Elternbeirat des Kindergartens Spatzennest und brauchte eine Idee. Einmal im Jahr fand immer eine große Veranstaltung statt, bis dahin war das der "Trommelzauber". Dabei studierten die Mädchen und Jungen mit einem Profi ein Stück ein. Für die Eltern gab es anschließend mächtig was auf die Ohren. Eine wunderbare Sache, die freilich einen Haken hatte: Rund 3000 Euro kostete das Vorhaben, "und das Geld war nicht da", erinnert sich Seltmann. Außerdem auch keine Möglichkeit, entsprechende Einnahmen zu schaffen.
Waschechter Fürther
An dieser Stelle kommt nun der Zirkus Rondel aus Hannover ins Spiel. Olaf Seltmann kannte das Unternehmen, dessen Seniorchef übrigens aus Fürth stammt, über die Firma, für die er arbeitet. "Ich habe dann ein Konzept geschrieben", erzählt er, als ob das nicht weiter schwierig gewesen wäre. Die Idee: Neben einem Obolus der Eltern sollten zur Finanzierung des Projekts weitere Veranstaltungen organisiert werden. Zum Start gab es eine Spende der Landkreisstiftung, außerdem bürgte die Gemeinde – ein doppeltes Netz, das die Kulturzirkusmacher glücklicherweise nicht in Anspruch zu nehmen brauchten. "Null auf Null" hieß es nach der Premiere 2011 finanziell gesehen unterm Strich.
Am erfolgreichen Entwurf hat sich seitdem nichts geändert. Immer in den ungeraden Jahren findet der Kulturzirkus statt, dazwischen nehmen die Macher eine schöpferische Pause und suchen neue Nachwuchs-Artisten: Am Ammerndorfer Herbstmarkt können Eltern ihre Kinder am Kulturzirkus-Stand anmelden. Dabei sollte man schnell sein: Zuletzt bildete sich schon zwei Stunden vor dem offiziellen Beginn eine Menschenschlange. Innerhalb einer Stunde waren die 184 Plätze vergeben, auf der Warteliste standen 30 weitere Namen.
Kreativität, Selbstwertgefühl, Sozialkompetenzen, motorische Fähigkeiten und noch vieles mehr will der Zirkus fördern. Das Angebot – Rondel hat sich auf Kinderprojekte spezialisiert – richtet sich an Schülerinnen und Schüler. Drei Nummern dürfen sich die Mädchen und Jungen jeweils heraussuchen, eine knappe Woche lang trainieren die Kinder dann unter Anleitung der Artisten. Am Ende entscheiden die Zirkusleute nach Talent, wer wo zum Einsatz kommt.
Dabei gibt es mitunter auch Tränen, wenn aus dem Fakir plötzlich ein Jongleur wird. "Aber mit Enttäuschungen klar zu kommen, das gehört dazu", sagt Olaf Seltmann. Spätestens am zweiten Tag seien aber alle glücklich und hätten sich in ihren Rollen gefunden. Was sie gelernt haben, zeigen die Nachwuchs-Artisten in zwei Galas, in diesem Jahr am 26. und 27. April. Seltmann ist dabei immer wieder fasziniert von den Leistungen der Kinder bei den Vorstellungen: "Sie wachsen über sich hinaus."
In der Trainingswoche werden die Mädchen und Jungen betreut und verköstigt, alles in allem für 80 Euro. Eltern, Ehrenamtliche, alle packen dabei an, heuer auch 22 Praktikanten, frühere Zirkus-Teilnehmer, die ihre Nachfolger unterstützen. Es geht dem Verein nicht darum, Gewinn zu erzielen, vielmehr sollen möglichst viele Kinder, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, mitmachen können.
Spenden für soziale Zwecke
Dennoch, so Seltmann, spende man regelmäßig für soziale Zwecke wie die Fürther Klinikclowns. Außerdem existiert inzwischen eine kleine Rücklage. Letzteres schont die Nerven, immerhin ist das Kulturzirkusprojekt im fünfstelligen Euro-Bereich angesiedelt. Bei den Galavorstellungen sind die Ticketpreise zudem mit 4 bzw. 7 Euro preiswert gehalten, da müssen die anderen Veranstaltungen zünden, dass am Ende die Bilanz stimmt.
Dennoch heißt es am Samstag, 20. April (19 Uhr), beim Osterfeuer am TSV-Sportplatz "Eintritt frei". Dabei rockt Berry Season. Am Ostermontag zeigen Profi-Artisten aus verschiedenen Zirkussen ab 17 Uhr im Zelt ihre Künste. Am gleichen Ort gibt es am Mittwoch, 24. April, ab 19 Uhr mit "Petzenhauser & Wählt" Kabarett vom Feinsten. "Es soll für jeden etwas dabei sein, und es soll sich jeder leisten können", umschreibt Olaf Seltmann das Credo. Spätestens wenn am 26. April die Lichter in der Manege für die kleinen Artisten angehen, wird auch er vom Zirkus träumen.
ZKarten und Informationen für alle Veranstaltungen bei sabines Papiertüte (Cadolzburger Straße 5) in Ammerndorf, Tel. (09127) 95 12 60, oder www.ammerndorfer-kulturzirkus.de
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