Kaserne im Wandel

2.2.2008, 00:00 Uhr
Kaserne im Wandel

© Mark Johnston

Hans Eichel, während der rot-grünen Koalition von 1999 bis 2005 für die Finanzen des Bundes zuständig, weiß, wovon er spricht, wenn es um Konversion geht. Als Oberbürgermeister von Kassel musste er sich einst selbst mit dem Thema befassen. Ein großes Wehklagen habe damals in seiner Heimatstadt eingesetzt, doch heute weiß Eichel: «Der Abzug von Militär ist eine große Chance für die Kommunalpolitik.» Und sowohl in Kassel als auch in Fürth sieht er die Chance gut genutzt.

Vor fünf Jahren hatte der damalige Bundesminister ein bisschen mitgeholfen, die Entwicklung in Atzenhof, in der ehemaligen Monteith-Kaserne, voranzutreiben. Sie war zwar als erstes der drei Fürther US-Areale - neben der Darby- und der Johnson-Kaserne - geräumt worden, dennoch verlief die Entwicklung dort am schleppendsten. Wandelten sich die beiden anderen Flächen in der Südstadt nach und nach zum ansehnlichen Wohngebiet mit zentralem Park und zum inzwischen fast voll belegten Gewerbepark, so weidete in Atzenhof lange friedlich ein Schafherde. Eichel machte durch einen Vorvertrag des Bundes, an den die US-Flächen nach dem Truppenabzug gefallen waren, mit der Stadt Fürth den Weg frei für eine intensivere Nutzung als Gewerbegebiet. «Keine große Sache», sagt Eichel heute, «aber manchmal muss man nur eine Tür aufmachen, damit richtig Durchzug entsteht.»

Seitdem hat sich tatsächlich einiges getan auf dem 123 Hektar großen Gelände, das ganz früher einmal als ziviler Flughafen gedient hatte. Vor allem Firmen aus der IT- und der Werbebranche haben nun hier Fuß gefasst, neu gebaut oder alte Kasernenliegenschaften teils beachtlich aufgemöbelt. Aus einem früheren Fluzeughangar wurde ein «Horsepark», 2007 fand dort erstmals ein hochkarätiges Reitsportfestival statt. Jüngst stellte ein Immobilienunternehmen Pläne für 300 Wohnungen vor.

Es sollen freilich die Einzigen auf dem Gelände bleiben, das wegen des ebenfalls hier untergebrachten und die Hälfte der Gesamtfläche umfassenden Golfplatzes unter den Namen «Golfpark» firmiert. Weiterhin setzt man vor allem auf den Mix aus hochwertigen Dienstleistern und wertvollen Grünflächen; schließlich solle das «kein 08/15-Gewerbegebiet» werden, sagt Oberbürgermeister Thomas Jung.

Noch in diesem Jahr werde ein besonderes Zugpferd für weiteren Aufschwung sorgen: Für das Fraunhofer-Entwicklungszentrum für Röntgentechnik ist schon ein Filetstück reserviert (wir haben berichtet), bei der architektonischen Gestaltung sollen die Forscher freie Hand bekommen. Einen Riesenschritt nach vorn verspricht sich der Rathauschef davon. Und der sei auch langsam nötig, meinen die bereits ansässigen Unternehmer. Denn sie sind zwar weitgehend zufrieden mit dem Standort, mancher denkt sogar schon über Erweiterungen nach - aber nun sei es an der Zeit, dass «mehr Leben reinkommt», wie der Vertreter einer Werbeagentur meint. Denn nicht von der Hand zu weisen ist: Noch immer stehen viele der alten Militärgebäude leer, verfallen zusehends, werden Ziel von Vandalismus. Keine besonders anheimelnde Nachbarschaft.

So wie sich schon viel getan hat, werde sich auch dies bald ändern, sagt der OB. Dank Fraunhofer, aber auch dank der demnächst hier wohnenden Menschen. Binnen der nächsten fünf Jahre, «früher als wir gedacht haben», ist die Umwandlung abgeschlossen, verspricht Jung - und Parteifreund Eichel nickt freundlich.