Kein Baum wegen Corona: Fränkische Kärwaburschen protestieren

23.8.2020, 15:00 Uhr
Kein Baum wegen Corona: Fränkische Kärwaburschen protestieren

© Thomas Scherer

Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz für fränkische Lokalpolitiker: Achte die Kirchweihtraditionen! In Zirndorf hat man dagegen verstoßen und muss nun mit dem Zorn der örtlichen Kärwaburschen und Madli leben.

Am Samstag, für gewöhnlich der Tag des Kirchweih-Höhepunktes, wurde nicht zugeprostet, geschunkelt und auf Bierbänken getanzt, sondern protestiert.

Unter den für viele schmerzlichen Absagen zu Coronazeiten sind auch alle Kirchweihen. Die Vereine der Kärwaburschen und Madli bemühen sich allerorten, wenigstens einen kleinen Rest der alljährlichen Traditionen aufrecht zu erhalten. So auch in Zirndorf: Dort sollte der Marktplatz, wie seit Jahrzehnten üblich, mit dem Kirchweihbaum geschmückt werden.

Thomas Poxleitner, dessen Tochter Nadine Vorsitzende der Kärwaburschen und Madli ist, übernimmt seit zwei Jahren die Organisation des Baumstellens inmitten der Stadt. Anfang Juli fragte er im Rathaus nach, ob dies heuer auch erlaubt sei als symbolische Erinnerung an das ausgefallene Fest. "Wir dachten nicht, dass wir so ein bürokratisches Fass aufmachen", sagt Poxleitner im Rückblick empört.

Bürgermeister Thomas Zwingel bot zunächst als Alternative an, den Baum auf dem Sportplatz in die Senkrechte stemmen zu lassen. Ein Vorschlag, den Poxleiter ablehnte: "Dort hätte das kein Mensch gesehen, der Baum gehört in die Mitte der Stadt."

Auflagen wurden immer strenger

Es schalteten sich über Wochen mehrere Behörden ein: Kommunales Ordnungsamt, Landkreisbehörde, Polizei und Gesundheitsamt redeten mit. Die Auflage wurden mehr und mehr verschärft. Zusagen des Kärwavereins, die Hygienevorschriften einzuhalten, halfen nichts. "Die zermürbten uns", fasst Poxleitner zusammen.

Zuletzt scheiterte man daran, dass die Zirndorfer Feuerwehr mitteilte, dass sie die Straßenabsperrung nicht übernehmen könne. Während der Pandemie dürfe sie nicht für private Vereine zur Verfügung stehen. Die Stadt aber wollte als Veranstalter nicht einspringen.

Das ließ die Wut überkochen, zumal die Zirndorfer Kärwa-Freunde den kleinen Biergarten am unteren Marktplatz vor sich sahen, der dort seit einiger Zeit durchaus erlaubt und aufgebaut ist: Bierbänke und ein Ausschank, beschickt von einem örtlichen Wirt, und an Wochenenden kommen ein Kinderkarussell, Süßwaren- und Bratwurstbude hinzu.

Ein Kärwalied als Protestsong

In einem eigens verfassten gepfefferten Kärwalied brachten sie das zum Ausdruck. Zwei Verse lauten: "Es is hald erlaubt alles bei der Stadt, wenn ma a Gaststätt‘n am Marktplatz steh‘ hat. Do spielt dann der Auflauf der Massen ka Roll‘, ich was nedd, was ma da soagn soll."

Bei ihrer Mini-Demo mit rund 20 Personen vor etwa genauso vielen Zuschauern spielten sie ihren "Protestsong" vom Band. Schließlich holten die Kärwaburschen und Madli eine besonders mickrige Fichte hervor und trugen sie symbolisch zu Grabe.


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Selbst für diese kleine Demonstration musste gekämpft werden, berichtet Poxleitner: "Erst als wir auf unser Grundrecht der Versammlungsfreiheit pochten, durften wir das machen."

Vorab angekündigt war die Aktion nicht, um nicht zu viele Menschen anzulocken, denn grundsätzlich akzeptieren die Kirchweihfreunde die Corona-Einschränkungen, wie sie betonen.

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