Klimaschutz: Radler holen Schokolade aus Amsterdam

5.4.2019, 16:00 Uhr
Die Lastenfahrräder mit ihrer "süßen" Fracht.

Die Lastenfahrräder mit ihrer "süßen" Fracht.

Eine spektakuläre Armada rollt demnächst auf Amsterdam zu: ein Heer aus über 100 Lastenrädern. Die Fahrerinnen und Fahrer – unter ihnen sind auch Idealisten aus der Region – wollen unentgeltlich mitwirken an einem Projekt mit Signalwirkung, auf das kürzlich auch die Radmesse Franken in der Fürther Stadthalle aufmerksam machte. Die Lastenradler strampeln sich dafür ab, dass auch hierzulande faire Schokolade zu haben ist, für die keine Abgase in die Luft geblasen wurden.

In Amsterdam werden am 20. April 1,5 Tonnen emissionsfrei hergestellte Schokolade aus fairem Handel in den Transportboxen der Räder verstaut und mit Muskelkraft zu Verkaufsstätten in ganz Deutschland und Österreich gebracht. Jeder Radler hat 20 bis 25 Kilo Schokolade im Gepäck. Mit der persönlichen Ausrüstung kommen da schon zirka 40 Kilo zusammen. Nach Amsterdam reisen die Schokoradler aus der Region auf eigene Rechnung mit der Bahn.

Gemeinschaftserlebnis reizt

Mit der dezentral organisierten, privaten Fahrradtour möchten sie für nachhaltige Mobilität, CO2-neutralen Transport und bewussten Genuss werben. Die 24-jährige Nürnberger Radaktivistin Vipa und ihr Gesinnungsgenosse Rick (31) sind Wiederholungstäter aus Überzeugung. Was sie und zwei weitere Schokoradler aus dem Großraum an der zeitaufwändigen und anstrengenden Aktion reizt, ist neben dem umweltpolitischen Aspekt das Gemeinschaftserlebnis.

Die Radler-Community, die Vipa im Großraum aufgebaut hat, entwickelt sich lebhaft. Regelmäßig gibt es Vernetzungstreffen. Auch in dieser Woche. Daraus entstanden sind Aktionen wie der Nürnberger Nightride, eine nächtliche Gruppen-Radtour.

Die letzte Schokofahrt im Oktober 2018 war für Vipa mit sechs Tagen allzu sportlich. Danach protestierte ein Knie. Die Strecke verläuft zwar den Rhein und Main hinauf, zur Abkürzung wird aber der Spessart überwunden. 850 Kilometer müssen die Radler zurücklegen, um die faire Ware nach Fürth und Nürnberg zu transportieren. Acht Tage haben sie heuer dafür eingeplant.

Für etwa 3,50 Euro wird die Tafel Schokolade bislang verkauft. In Fürth soll sie im Babylon-Kino zu haben sein. In Nürnberg bei Eddy would attack, Glore, Chocolat und ZeroHero. Vereinzelt stehen Spendenboxen bereit, in denen man ein Trinkgeld als Dankeschön für die Transporteure deponieren kann. Darauf haben sie es freilich nicht abgesehen.

Bedenken, dass sie vom Hersteller als kostenlose Transporteure ausgenutzt werden, haben Rick und Vipa nicht. Dazu ist der kommerzielle Nutzen der Aktion in ihren Augen zu gering. Wichtiger ist ihnen allemal, aufzuzeigen, was mit dem Lastenrad möglich ist, und dabei für eine klimaschonende Mobilität zu werben.

Als "sehr idealistisch" bezeichnet Vipa ihren Einsatz. Sie fühle sich geehrt, mitwirken zu können. "Man lebt nur einmal und sollte deshalb gute Entwicklungen unterstützen", sagt sie. Die Reisekosten seien überschaubar. Vergangenes Jahr habe man in Airbnb-Quartieren übernachtet, heuer organisierte sie Schlafplätze über das Fahrradtouristik-Netzwerk Warmshowers. Die Wegstrecke wollen die Schokoradler aus dem Großraum größtenteils mit einer Würzburger Gruppe zurücklegen.

Unterwegs hilft man sich natürlich gegenseitig bei Fahrradpannen oder gesundheitlichen Problemen. Bewunderung, die den Radlern bei Zwischenstopps in Cafés entlang der Strecke gezollt wird, motiviert zusätzlich.

Auch für Rick ist das Mitwirken am Verteilen der Schokolade mit dem wohl kleinsten CO2-Fußabdruck Ehrensache. "Ich will am Beispiel von Schokolade das Bewusstsein dafür schärfen, welcher Aufwand nötig ist, um Waren zum Konsumenten zu bringen", sagt er. Zugleich möchte er dazu beitragen, dass die Menschen bewusster genießen. Sie sollten etwa darüber nachdenken, ob sie unbedingt im Winter Erdbeeren brauchen.

Näheres unter www.schokofahrt.de und auf der Facebookseite "Schokofahrt Nürnberg".

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