kunst galerie fürth: Förderkreis ehrt Ursula Kreutz

15.6.2016, 16:15 Uhr
kunst galerie fürth: Förderkreis ehrt Ursula Kreutz

© Foto: Giulia Iannicelli

kunst galerie fürth: Förderkreis ehrt Ursula Kreutz

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

Der Name bleibt tatsächlich bis zum Schluss geheim. Dann endlich bringt der Förderkreis Licht ins Dunkel: Ursula Kreutz wird die Ehre zuteil, das Preisgeld des Förderkreises in Höhe von 2000 Euro entgegenzunehmen. Kreutz aber sorgte sogleich für eine faustdicke Überraschung.

1969 in Bergisch-Gladbach geboren und Meisterschülerin von Hanns Herpich und Otmar Hörl, versteht sie sich als Konzeptkünstlerin mit Tendenz zum großen Format. Dabei verwendet sie zeichnerische und fotografische Mittel gleichermaßen, aber auch bedruckte Stoffe, Filmloops und bewegte Bilder, die sich einander überlagern und bei steter Bewegung wie ein Kaleidoskop von Moment zu Moment sich neu arrangieren.

Wie etwa mit dem Werk „Critical Mass X“. Darin wird ein Bild auf die Wand projiziert: die Künstlerin in Person, wie sie mit gespreizten Armen und Beinen wie ein Andreaskreuz vor einem Bild im Bild — einer ruinenartigen Straßenszene — posiert. Doch während Arme und Beine verharren, rotieren Rumpf und Kopf Kreutz’ im Bild im Uhrzeigersinn. Das kommt daher, dass eine runde Scheibe an der Wand als Projektionsfläche sich dreht; zusätzlich huscht geisterhaft wie in einer Doppelbelichtung eine Frauengestalt durch die Szene, es ist nochmals Ursula Kreutz selbst.

Statisch und harmonisch präsentiert sich die „Orchideenknospe“, die mehrere Meter hohe Projektion einer Handzeichnung einer Ranke samt Knospe auf die Wand, die Kreutz mit einer Vielzahl von Fragmenten aus hellem Klebeband „nachzeichnet“. Zugegeben, das sind „nur“ zwei Werke, mit denen sie in dieser Ausstellung vertreten ist. Indes gilt der Preis nicht den aktuellen Neuschöpfungen, sondern dem Gesamtwerk, der Originalität und der Betrachtungsweise, mit der Ursula Kreutz herangeht.

Und wahre Künstler sind immer für einen Coup gut. So streicht die Geehrte die 2000 Euro nicht für sich allein ein, sondern spendiert jedem der neun mitausstellenden Künstler je 100 Euro. Ihre Begründung hierfür ist mehr als denkwürdig: Sie lehnt Wettbewerbe und Konkurrenzdenken, zumal unter Künstlern, prinzipiell ab. „Unsere Gesellschaft ist vom Wettbewerb geprägt, und deshalb ist die Welt so, wie sie ist“, formuliert sie in ihrer Dankesrede. „Ich dagegen fühle mich so bereichert von den Komplimenten der Kollegen. Ich kann nichts von der Welt erwarten, was ich nicht bereit bin, selbst zu geben.“

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150 Mitglieder umfasst derzeit der Förderkreis der kunst galerie fürth. Ihn führt seit fünf Jahren Christina Pallin-Lange, dabei seit dem Gründungsjahr 2006. Die gebürtige Nürnbergerin lebt mit ihrer Familie in Burgfarrnbach. Sie hat Kunstgeschichte studiert, ein Aufbaustudium in Personalentwicklung und Management folgte. Bei der LGA Bayern ist sie Assistentin der Geschäftsleitung.

 

Zitat Peter Sloterdijk: „Die Kunst beinhaltet ein unerschöpfliches Potential an Glücksvermögen — inmitten des Schreckens, des Abgründigen und der Zerfallserscheinungen.“ Einverstanden?

Pallin-Lange: Ja, es ist ein Glück, sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Kunst ist eine Sprache, sie lesen zu können und sich darin einzufinden ist großartig. Mit ihr kann man aus dem wahren Leben verschwinden. Andererseits zeigt Kunst auch Gräuel, doch sie konfrontiert uns damit nicht direkt, sondern vermittelt.

 

Auch die kunst galerie fürth hat schon in Abgründe geblickt, sie stand 2010 inmitten der Finanzkrise vor dem Aus. Wie schauen Sie aus der Distanz von sechs Jahren auf diese Zeit?

Pallin-Lange: Nach wie vor mit Unverständnis, dass es so weit kommen konnte. Sparrunden gab es ja vorher schon. Doch dass die Stadt an Schließung dachte, war ein Novum. Dabei ist die Bedeutung der Galerie für Fürth gar nicht zu überschätzen. Jede Stadt hat die Aufgabe, ihren Bürgern Orte der Kunst zu ermöglichen.

 

Ist die Politik 2016 inzwischen schlauer?

Pallin-Lange: Der OB hat die Bedeutung des Hauses für das Publikum und die Künstler erkannt. Aus Gesprächen mit Herrn Jung ging hervor, dass 2010 ein einmaliges Vorkommnis war. Die Galerie selbst ist aktuell außer Gefahr, doch wir würden jederzeit wieder aufstehen, sollte es nötig werden. Dank Sponsoring und großzügiger Spenden haben wir damals die Gefahr aus dem Weg geräumt, haben über 60 000 Euro bereitgestellt, 2013 war der letzte große Betrag gezahlt. Seitdem können wir uns wieder gezielt der Förderung von Kunst widmen. Die „Far, far away“-Sonderschauen in den Sommern 2014 und 2015 hat der Förderkreis ermöglicht.

Was hat Sie vor zehn Jahren zur Gründung bewogen?

Pallin-Lange: Eine solche Einrichtung braucht Unterstützer, jede Galerie, jedes Museum in Deutschland hat einen Kreis um sich. Gerade in der Aufbauzeit der Galerie haben wir uns um zusätzliche Veranstaltungen gekümmert, haben Vorträge organisiert und die Programme für Kinder gezielt gefördert. Unsere Aufgabe sehen wir darin, Schwellenängste zu nehmen, neugierig zu machen und andere Publikumskreise an die Galerie heranzuführen. Daher auch unser Galeriefest, das wir erstmals im November 2011 veranstaltet haben und das es am 13. November zum sechsten Mal geben wird.

 

Wie würden Sie Ihre Mitglieder beschreiben? Was sind das für Leute, die da zusammenkommen?

Pallin-Lange: Es ist ein interessanter und interessierter Kreis aus Menschen, die mitten im Leben stehen und gegenüber zeitgenössischer Kunst aufgeschlossen sind. Viele haben persönliche Kontakte zu hiesigen Künstlern und sind generell in der hiesigen Kulturszene aktiv unterwegs. . .

 

. . . und reden auch gern mal dem Galeriechef rein?

Pallin-Lange: Das machen wir nicht. Hans-Peter Miksch ist in seiner kuratorischen Arbeit vollkommen frei. Eher ist er es, der das Gespräch mit den Mitgliedern sucht. Im Übrigen hat er eine tolle Hand, Künstler für die Galerie zu finden.

 

Welche Ausstellung hat Sie in zehn Jahren besonders beeindruckt?

Pallin-Lange: Die Schau mit Arbeiten des französischen Malers Paul Rebeyrolle im September 2006. Weil ich finde, dass moderne Kunst, die sofort zugänglich ist, nicht interessant ist. Kunst muss mich neugierig machen. Und man muss nicht alles sofort mögen.

 

Was hängt bei Ihnen daheim über dem Sofa?

Pallin-Lange: Mein erstes Bild habe ich mit 14 bekommen, eine Kohlezeichnung eines Künstlers aus dem Bayerischen Wald. Meine Eltern waren viel in der Welt unterwegs und haben Kunst mitgebracht aus Mexiko, Südafrika, China. Wenn ich sie daheim betrachte, ist es wie ein Spaziergang durch unser Leben.

„10=10“: kunst galerie fürth (Königsplatz 1). Bis 26. Juni. Am Schlusstag führt Christina Pallin-Lange um 16 Uhr durch die Ausstellung.

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