Liebestolle Städter im Ardenner Wald

1.8.2019, 11:29 Uhr
Liebestolle Städter im Ardenner Wald

Eine junge Frau klebt sich einen falschen Bart an und gibt sich als Mann aus, um in dieser Maskerade für einen anderen Mann in die Rolle von dessen fern geglaubter Geliebter zu schlüpfen, die sie in Wahrheit selbst ist. Geht klar, oder? Zumindest kann man William Shakespeare nicht vorwerfen, dass er sich in seinen Komödien auf Geschlechter-Stereotypen festgelegt hätte.

Sein "Wie es euch gefällt" wird in Oberasbach mit der Altenberger Bühne zum Sommertheaterspaß, weil es den vielen engagierten Akteuren samt Band unter der Regie von Ingrid Meister gelingt, die verwirrende Geschichte mit leichter Hand aufzudröseln. Das allein ist schon ein kleines Kunststück, zu dessen Gelingen der auf kluge Weise vereinfachte Text von Matthias Hahn beiträgt.

Gespielt wird auf dem Hof der St.- Markuskirche, was diesem Vergnügen — gleich ob in brütender Hitze oder bei feinem Nieselregen – prima bekommt. Schließlich geht es in den Ardenner Wald, was die liebevoll gebaute Kulisse zweifelsfrei vorgibt. Trotzdem nähern sich alle ungebremst einem Zustand, der es ihnen nicht mehr erlaubt, den Wald vor lauter Bäumen zu erkennen. Was vor allem daran liegt, dass kaum einer ist, was er zu sein vorgibt.

Einzig Rosalind (Nadja Richter) scheint den Durchblick zu behalten. Zum Finale wird sie mit einer Entschleierungsnummer dafür sorgen, dass hübsche Paarungen entstehen. Sich selbst sichert sie die Hand von Orlando (Christian Hühndorf). Der kann zwar prima wrestlen, aber nur ausgesprochen halsbrecherisch reimen. Immerhin ist er relativ ehewillig, was ihn vom Narren Touchstone (Andreas Marquardt) unterscheidet. Der ringt sich zwar das entscheidende Ja für Schäferin Corinna (Sonja Jüntschke-Schlee) ab, hat seine schönsten Momente allerdings, wenn er feinsten Nonsens formuliert.

Phoebe (Ann-Kathrin Zeise) wird endlich dem Schäfer Silvius (Christian Rombs, der zuvor als Wrestler begeistert) in die Arme fallen. Erstaunlich ist die Läuterung des fiesen Oliver (Sven Feldmann), der beim Anblick eines, richtig, Löwen vom Ekel zum Menschenfreund mutiert und die zauberhafte Celia (Katja Pöhlmann) heiratet.

Der große Shakespeare hat vor gut 400 Jahren seiner Fantasie jedenfalls keine Zwänge angetan. Doch bei der Altenberger Bühne gewinnt der methodische Wirrwarr sehr anschaulich an System. Wie hier Beziehungen und Liebesstadien vorgeführt werden, ist komisch und weise zugleich. Die vielen Darsteller sind aufeinander eingespielt und bringen ihre Begeisterung fürs Spiel auf die Bühne. Wie stets im Sommer ist auch der Nachwuchs mit dabei, was dieser Aufführung die definitiv entzückendste Schafherde überhaupt beschert.

Den Schlüsselsatz fürs Treiben der liebestollen Städter im Wald spricht Jacques (Johannes Alles), ein hellsichtiger Melancholiker: "Die ganze Welt ist eine Bühne, und alle Männer und Frauen sind bloß Spieler." Wer wagt es, ihm zu widersprechen?

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