"Lustige Witwe": Die Frau, die ihrer Stimme folgt

23.11.2019, 17:22 Uhr

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Beim FN-Gespräch, kurz bevor sie sich in der Garderobe verwandelt, trägt die Künstlerin statt großer Robe Jeans, die lässige Seite von Eleganz. Warum sie sich für diesen Beruf entschieden hat? Kerstin Ibald ist sich sicher: "In meiner Familie konnte ich der Musik gar nicht ausweichen." Großeltern, Eltern, Geschwister – alle sangen in Chören, spielten Instrumente. "Meine Mutter sagt, dass sie besonders viel gesungen hat, als sie mit mir schwanger war."

Der große Bruder und der Vater setzten sich mit der Kleinen ans Klavier – und die forderte bald energisch, sie wolle jetzt lernen, wie man dieses Instrument richtig spielt. Sie durfte im Kindergartenalter zur Musikschule, war bei "Jugend musiziert" erfolgreich und entdeckte als Teenie im Chor ihre Stimme. "Als ich zum ersten Mal dieses Erlebnis hatte, dass meine Stimme sich mit anderen in den Einklang fügte, da wusste ich: Ich werde singen."

Kerstin Ibald, die aus Lehmen, einem Weinort an der Mosel unweit von Koblenz, stammt, bekam vom Musiklehrer ihres Bruders ersten Gesangsunterricht. Sie studiert Musical am Konservatorium der Stadt Wien, legt dort ihr Diplom ab und steht bald auf den großen Bühnen der Donaumetropole; unter anderem übernimmt sie Rollen in den Musicals "Elisabeth" und 2006 in der Weltpremiere von "Rebecca".

Hauptrolle am Thunersee

In diesem Sommer übernahm sie eine Hauptrolle bei den Thunerseespielen in der Schweiz, in "Ich war noch niemals in New York" mit der Musik von Udo Jürgens. Den großen Entertainer kannte sie persönlich, sang auf seinem Album "Es lebe das Laster" 2002 das Duett "Alle Macht den Gefühlen" mit ihm.

"Ich bin immer meiner Stimme gefolgt", bekennt Ibald. Es ist ein Erfolgsrezept, hinter dem eine intensive Beschäftigung steht. "In der Pubertät ist meine Stimme deutlich tiefer geworden", erinnert sie sich. Das hieß für sie: "Von der hohen klassischen Stimme konnte ich mich zwar verabschieden, aber ich habe gemerkt, was für eine Vielfalt von Musikstilen sich damit für mich eröffnete."

Timbre, Ausdruck und Spiel prädestinieren sie für die vielschichtigen, spannenden Charaktere. "Ich war nie der mädchenhafte Typ", sagt sie. Im Musical "Cats" begeisterte sie zum Beispiel sowohl in Thun als auch bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel als vom Leben gezeichnete Grizabella und sang den umjubelten Welthit "Memory".

Die Comödie - die zweite "Witwen"-Staffel läuft an diesem Wochenende an - ist für Kerstin Ibald inzwischen ein vertrauter Arbeitsplatz. Sie war hier in "Charleys Tante" und in "Der wahre Jakob" zu sehen, im Stadttheater trat sie in "Luther – Rebell Gottes" auf. Was motiviert sie, Abend für Abend auf die Bühne zu gehen? "Zum einen der Spaß, den mir dieser Beruf macht, zum anderen das Wissen, dass da Leute sitzen, die sich eine Karte gekauft haben und sich auf die Vorstellung freuen. Für die möchte ich meine beste Leistung geben."

Hat sie ein probates Mittel gegen Routine? Ibald lacht. "Das ist in der Comödie überhaupt kein Thema, es ist nämlich das einzige Theater, das ich kenne, in dem die beiden Hausherren den Startschuss dafür geben, mal etwas ganz anderes zu sagen. . ." Heißmanns und Rassaus Kunst, von der Leber weg zu improvisieren, weil es gerade einen perfekten Anlass dafür gibt, bewundert sie. "Das ist eigentlich ein ganz eigenes Handwerk." Und sie verrät: "Wenn man mit den beiden gespielt hat, dann kann einen draußen in der Theaterwelt so schnell nichts mehr aus dem Konzept bringen."

Wie war für sie überhaupt die Umstellung vom Sommer in Thun – auf der dortigen Tribüne haben pro Vorstellung 2700 Zuschauer Platz – in die Comödie? "Die Riesenbühne dort war ein unfassbares Erlebnis. Die Räumlichkeiten hier sind jetzt natürlich ein bisschen anders, aber dafür spürst du wieder, was Theater ausmacht, und bekommst die Reaktionen des Publikums ganz direkt mit. Und das ist ein ganz besonderes Vergnügen."

"Die lustige Witwe": Samstag (19.30 Uhr), Sonntag (15 Uhr) und 35 weitere Termine bis 26. Januar, Comödie (Comödien-Platz 1). Karten mit ZAC-Rabatt in der FN-Geschäftsstelle (Schwabacher Straße 106, Tel. 2 16 27 77).

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