Mehr Weihnachten, weniger Müll: So geht's

15.12.2019, 16:00 Uhr
Mehr Weihnachten, weniger Müll: So geht's

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Brigitte Kätzl, Jahrgang 1950, wurde auf dem Land geboren. Ihre Eltern betrieben eine Mühle und ein Sägewerk, zu Weihnachten schenkten sie Selbstgeschnitztes. Für ihre Brüder, erinnert sich die 68-Jährige, baute ihr Vater einen Kran und einen Traktor, sie bekam eine Puppenwiege. Das Schönste daran? Kätzl lächelt. "Sie hat geschaukelt." Ein Geschenk pro Kind war üblich an den Weihnachtsfesten ihrer Kindertage. Von Jahr zu Jahr dann wurde die Ausstattung ergänzt. Zur Wiege kam der Himmel, eine Decke, ein Kissen. . .

Heute liefern sich Familien an Weihnachten nicht selten papier- und nervenzerfetzende Geschenkeschlachten. Doch könnte das Jahr der Klimaschutzproteste auch zum Maßhalten unterm Christbaum anregen. Mit dem Slogan "Zero-Waste-Weihnachten" hat die Fürther Bewegung "Families for Future" bei ihrer jüngsten Demo Alternativen zur "maximalen Ressourcenverschwendung an Weihnachten" aufgezeigt.

Als Mitglied des Vereins Müll und Umwelt erklärte Brigitte Kätzl dabei, wie sich aus Altpapier hübsche Origami-Sterne oder Engel falten lassen. Beide eignen sich nicht nur als Fensterdekoration oder Christbaumspitze. Sie stellen auch manche Kollegen aus Kunststoff in den Schatten.

Mehr Weihnachten, weniger Müll: So geht's

© Foto: Hans-Joachim Winckler

An einem Upcycling-Baum im Tegut-Supermarkt demonstriert zurzeit auch das Sozialprojekt Schanze der Kinderarche Fürth, wie es anders geht. Junge Leute haben dafür Sterne aus Teebeutelverpackungen gebastelt und Rentiere aus Weinkorken.

Wie man Babygläschen in Glaslichter verwandelt, zeigte Carmen Hauenschild bei der Klimaschutz-Demo. Unter ihrer Regie beklebten Kinder jene Gläser mit Resten von Geschenkpapier, die nach dem ersten Öffnen Wegwerfware sind, weil sich der Deckel nicht mehr aufschrauben lässt. Teelicht anzünden, reinstellen, und schon verbreitet sich ein kleines, immer wieder anderes Leuchten. Merkposten für Heiligabend: Geschenke behutsam aus der Hülle schälen, das Papier aufbewahren und 2020 zu neuem Leben erwecken.

Beim Verpacken lässt sich oft abspecken. So weist Susanne Klose darauf hin, dass ein Geschenk nicht mehrfach umhüllt sein, es nicht in einem Karton plus Folie plus Kunststoffband stecken muss. Sie rät speziell von Glitzer-Papier ab, weil es wegen seiner Kunststoff- oder Aluminiumbeschichtung nicht recyclingtauglich ist und bei der Produktion viel Energie verbraucht. Als Alternativen bieten sich an: Papier mit Öko-Siegel, alte Zeitung, Packpapier (kann man bemalen) und Stoffe, etwa Geschirrtücher.

Stoffe sind für Cassia Herzog ein Quell der Inspiration. Dabei verarbeitet die Politologin und Hobbyschneiderin fast nur Second-Hand-Ware. Heraus kommt bei diesem Upcycling manches, das sich nachahmen und verschenken lässt.

Mehr Weihnachten, weniger Müll: So geht's

© Foto: Kinderarche

Bei der Zero-Waste-Aktion zeigte Herzog Abschminkpads aus den Resten von Baumwoll-T-Shirts und Frotteestoffen, die auch Anfänger an der Nähmaschine hinbekommen. Vorteil: Anders als die handelsüblichen Watte-Varianten lassen sich die bunten Dinger waschen – und immer wieder benutzen. Ebenfalls für den Dauerbetrieb geeignet sind selbst genähte Obst- und Gemüsenetze aus Tüll- oder Gardinenresten. Wer sie nutzt, kann die ökologisch indiskutablen dünnen Plastiktüten im Supermarkt links liegen lassen, ohne dass Tomaten durch den Einkaufwagen kullern.

In Herzogs Familie wird traditionell gewichtelt. So gibt es zwar Geschenke, aber eben nur eins für jeden. Doch auch das muss nicht dinglich sein. Man kann ja Zeit verschenken, gemeinsame Kochabende, Konzertbesuche. . .

Und der Baum? Dass sich Weihnachten auch ohne Wegwerf-Tanne rundum richtig anfühlt, weiß Laura Schattke. Als die zweifache Mutter selbst noch Kind war, wurde daheim der Zimmeroleander herausgeputzt. Gefehlt hat ihr nichts. Etwas anders als andere verfährt Schattke nach wie vor. In diesen Tagen schmückt sie die Tanne in ihrem Garten mit Strohsternen. Wer keinen Garten besitzt, könnte aber auch ganz verzichten – und an Heiligabend dorthin spazieren, wo sich Bäume für gewöhnlich wohl fühlen: in den Wald.

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