Mitfahrbänke: Ein Mini-Service mit Vor- und Nachteilen

24.9.2018, 06:00 Uhr
Mitfahrbänke: Ein Mini-Service mit Vor- und Nachteilen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Mit einer Statistik kann Andrea Holzammer nicht aufwarten. Wie auch? Es müsste sich jemand bei den Bänken positionieren und ganztags registrieren, wie viele Menschen dann in Autos einsteigen. Nicht machbar. Die Sprecherin des Vereins Lebenswertes Cadolzburg stützt sich – wie auch Tanja Jordan, Mitinitiatorin der Mitfahrerbänkla in Scheinfeld – auf Eindrücke und Gespräche, wenn sie sagt, die Bänke würden "zurückhaltend angenommen". In zwei Selbsttests hat alles reibungslos funktioniert: Holzammer musste keine fünf Minuten warten, ehe sie zusteigen durfte. Aber: "Einen Mann würde ich nicht mitnehmen", erklärte eine der Fahrerinnen.

Vier Mitfahrbänke gibt es in Cadolzburg. Die von Spendern unterstützte Anschaffung war mit 900 Euro pro Exemplar überschaubar. Alle Bänke stehen im Kernort: am Bahnhof, beim Rathaus, am gepflanzten Ortsnamen (Hindenburgstraße) und "unten", am Einkaufs-Kreisverkehr. An Metallstangen sind Klapptafeln mit den anderen Standorten als Fahrtziel befestigt. Wer vom Kreisel zum Ortsausgang Richtung Ammerndorf möchte, deckt das Schild mit der Aufschrift "Cadolzburg Süd" auf und wartet ab. Im Idealfall müssen sich dann vor allem ältere Menschen nicht zu Fuß den Berg hinaufschleppen.

In Veitsbronn überbrückt seit Juli 2017 ein Bürgerbus die teils weiten Strecken im Gemeindegebiet. Dank Sponsoren und einer Defizitvereinbarung mit der Gemeinde verkehrt hier der Anruf-Bürger-Shuttle wochentags von 8 bis 17 Uhr. Die Fahrten sind kostenlos, Spenden gern gesehen. Seit dem Start, schwärmt Wolf-Dieter Hauck, Vorsitzender des Bürgerbusvereins, brachten ehrenamtliche Fahrer mehr als 7000 Personen im Kleinbus zum Arzt, zu Freunden, zum Supermarkt, Bahnhof. . . "Die Leute sind unglaublich dankbar, insbesondere älteren Menschen gibt das ein Stück Lebensqualität zurück."

Mitfahrbänke? Findet Hauck "klasse für Rentner, die Zeit haben, aber suboptimal, wenn Termine im Spiel sind." In Veitsbronn hält er sie für überflüssig: "Wer einen Bürgerbus hat, braucht keine Mitfahrbänke." Bürgermeister Marco Kistner (CSU) urteilt ähnlich: "Der Bus ist verlässlich und bringt einen von Tür zu Tür."

In Roßtal sucht man aktuell einen Betreiber für einen Bürgerbus, denkt aber auch über Mitfahrbänke nach. Bürgermeister Johann Völkl (SPD) weiß noch nicht genau, was er von Letzteren halten soll. Dass jemand erkennbar mitgenommen werden will, findet er okay. Doch stören ihn die starren Zielangaben. Wer nach dem Einkauf schwer schleppt, wolle doch heimgefahren und nicht etwa am Rathaus abgesetzt werden.

Hermann Zempel, SPD-Kreis- und Gemeinderat aus Cadolzburg, sieht da kein Problem. Einen Mitfahrer, der zur Mittelschule musste, habe er kurzerhand dort abgesetzt. "Da fahr ich halt 300 Meter mehr." Zempel nimmt immer wieder Wartende mit. Wie seine Tochter, Andrea Holzammer, findet er die Bänke "super" — nicht als Lösung der örtlichen Verkehrsprobleme, "das war nie der Anspruch", sondern als Mini-Service, um von A nach B zu kommen und Autofahrten effektiver zu nutzen.

Andrea Holzammer hat sich für die nächste Zeit drei Dinge vorgenommen: Sie will die Mitfahrbänke "systematisch selber testen", mehr Werbung machen — und vor allem die Außenorte anbinden. "Dann wird das erst richtig gut." Doch selbst wenn sich an Mitfahrbänken keine Warteschlangen bilden: Ein Fehlkauf sind sie nicht. Denn, so Tanja Jordan aus Scheinfeld: "Manche nutzen sie als Ruhebank."

1 Kommentar