Mobilitätstaler für Bus und Bahn: Fürth ändert das System

4.11.2015, 06:00 Uhr
Mobilitätstaler für Bus und Bahn: Fürth ändert das System

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Bedürftige Fürther, die die Mobilitätstaler nutzen, müssen sich auf Veränderungen einstellen. Grund ist die Tarifreform für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), die der Stadtrat im September beschloss – und die unter anderem ein neues günstiges Jahresabo vorsieht.

Es soll für Fahrten innerhalb Fürths 25 Euro im Monat kosten, ist jedoch mit einer Einschränkung verbunden: Gültig ist es erst nach 9 Uhr. Mit diesem Abo, so die Argumentation der Stadtspitze, gibt es ab Januar „faktisch ein Sozialticket“. Dieses müsse man also nicht mehr bezuschussen. Zum Vergleich: Derzeit hilft die Stadt Empfängern von Hartz IV oder Grundsicherung mit Mobilitätstalern im Wert von 20 Euro pro Monat, sich den ÖPNV zu leisten. Denn im Regelsatz von Hartz IV sind rund 25 Euro für Mobilität vorgesehen – das Jahresabo fürs Stadtgebiet (ohne Ausschlusszeit) beispielsweise kostet aktuell aber 45,20 Euro im Monat.

Angesichts der veränderten Ausgangslage dachte man im Rathaus darüber nach, die bürokratisch aufwendige Ausgabe der Mobilitätstaler 2016 sogar komplett einzustellen und allenfalls jenen, die vor 9 Uhr unterwegs sein müssen, Zuschüsse zu überweisen. 600 000 Euro hat die Kommune zuletzt jährlich in die Taler gesteckt. Diese stattliche Summe zeige, wie groß der Bedarf ist, sagt Stephan Stadlbauer, Sprecher des Fürther Sozialforums, der die Abschaffungspläne kritisierte: Das Jahresabo sei nicht für jeden geeignet.

In seiner letzten Sitzung stimmte der Stadtrat mit großer Mehrheit nun für folgende Änderungen:

- Wer das 9-Uhr-Jahresabo nutzt, bekommt keine Zuschüsse. *Wer das Jahres-Abo ohne Ausschlusszeit (für Fürth kostet es ab Januar 46,70 Euro) kauft, bekommt einen monatlichen Zuschuss von 10 Euro überwiesen.

- Mobilitätstaler - künftig im Wert von 15 Euro pro Monat - gibt es nur noch für den Kauf einer Monatskarte Solo 31 oder den Kauf eines Drei- bzw. Sechs-Monats-Abos. Sie können nicht mehr gesammelt werden.

Für Sozialreferentin Elisabeth Reichert ist das 9-Uhr-Jahresticket „ein großer Wurf“. Zumal es jeder „einfach und diskriminierungsfrei“ bekomme, ohne Bedürftigkeit nachweisen zu müssen. Das Sozialforum indes befürchtet, dass das Ticket wegen der Ausschlusszeit und der Begrenzung auf Fürth für viele unbrauchbar sei. Außerdem, so Stadlbauer, zeige die Erfahrung, dass viele Betroffene andere Tickets bevorzugen: Mütter etwa kauften sich lieber die Mobicard, damit sie Kinder mitnehmen können. Auch die Statistik des Sozialreferats zeigt, dass sich bisher nur wenige Zuschussnutzer ans Jahresabo banden: Im Schnitt, so heißt es in der Stadtratsvorlage, haben heuer 45 von ihnen das Jahresabo in Anspruch genommen. Gleichzeitig haben im ersten Halbjahr 2015 rund 4400 Menschen im Monat Taler für andere Tickets abgeholt.

Das Sozialforum, Grüne und Linke kritisieren zudem, dass die Stadt die Gültigkeit der alten Taler kappt: Sie können nach dem 1. Januar nicht mehr benutzt werden – dabei steht auf den ausgegebenen Marken schwarz auf weiß: „Gültig ein Jahr ab Ausgabedatum“. Viele Menschen seien im Sommer Rad gefahren, um die Zuschüsse für den Winter aufzuheben, sagte Harald Riedel. Man sollte ihnen noch einige Monate lang die Möglichkeit geben, die Taler aufzubrauchen. Eine Mehrheit fand er im Stadtrat dafür jedoch nicht. Reichert hält es für unproblematisch, die Geltungsdauer zu beschneiden: „Aus Sicht der Verwaltung gilt ab 1.1. ein neues System.“

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