Nach Corona-Demos in Fürth: Wieder Kritik an Polizei - Präsidium reagiert

18.1.2021, 18:51 Uhr
Nach Corona-Demos in Fürth: Wieder Kritik an Polizei - Präsidium reagiert

© Hans-Joachim Winckler

Die verbotenen, spontanen Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen am Sonntagnachmittag in der Innenstadt ziehen weitere Kreise: Noch in der Nacht zum Montag verfasste das Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus (BgR) eine Pressemitteilung. Der Tenor: Die Polizei sei zu zaghaft gegen die Protestler vorgegangen.

Die Kritik ist nicht ganz unberechtigt. Die Einsatzkräfte, die verglichen mit den Demonstranten stark in der Überzahl waren, taten augenscheinlich wenig gegen Menschen, die keinen Mundschutz trugen und sich nicht um das Abstandsgebot scherten. Noch am Sonntagabend sagte Michael Konrad, Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken, dazu: "Das Einschreiten gegen Personen, die Ordnungswidrigkeiten begehen, muss man im Licht der Verhältnismäßigkeit betrachten."

Elke Schönwald, Leiterin der Polizei-Pressestelle, bilanzierte, dass es in Fürth 161 Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz gab – dazu zählen auch das Missachten der Maskenpflicht und des Abstandsgebots. "Im Rahmen der Möglichkeiten" habe man die Ordnungswidrigkeiten am Sonntag verfolgt. Einige Demonstranten hätten jedoch ein Attest zur Befreiung der Maskenpflicht vorgelegt – ob berechtigt oder nicht, könne die Polizei nicht feststellen, sagte sie am Montag auf Nachfrage der FN.


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Wie berichtet, lieferten sich die Protestler mit der Polizei ein Katz-und-Maus-Spiel. Nach mehreren erfolglosen Aufrufen der Einsatzkräfte, die Zusammenkunft auf der Freiheit zu beenden, drängten sie die Demonstranten Richtung Rudolf-Breitscheid-Straße. Von dort ging es zurück zur Freiheit in die Adenaueranlage. Aus den Seitengassen stießen zunehmend Menschen dazu, sodass der Polizei zufolge in der Spitze etwa 350 Protestierende unterwegs waren.

Immer wieder stoppte der Zug, es wurden Parolen wie "Nieder mit der Corona-Diktatur" skandiert – auch zum Missfallen von Niklas Haupt, Sprecher des BgR und Stadtrat der Linken, der sich in der Innenstadt selbst ein Bild vom Geschehen machte.

Polizei: "Wir haben klare Kante gezeigt"

"Unfassbar" findet er, "dass das Versammlungsverbot von der Polizei nicht ansatzweise durchgesetzt wurde". Offenbar habe "der politische Wille zum konsequenten Umsetzen des Versammlungsverbots" gefehlt, so sein Verdacht.

Tatsächlich hatte die Polizei im Vorfeld angekündigt, das Demonstrationsverbot der Stadt entschieden umzusetzen. Als sich dann aber rund 100 Menschen auf der Freiheit versammelten, dauerte es eine Weile, bis Maßnahmen folgten. Schritten die Ordnungshüter also zu spät ein?

"Dem müssen wir widersprechen", so Schönwald. " Wir haben klare Kante gezeigt und das Versammlungsverbot konsequent umgesetzt." Die Polizei müsse erst drei Mal zum Gehen auffordern, bevor sie eine Versammlung wie auf der Freiheit auflösen dürfe. Damit gebe man den Menschen die Möglichkeit, freiwillig den Platz zu räumen.

Die Reihen der Demonstranten waren bunt gemischt: Linksalternative marschierten neben Jugendlichen, Familien mit Kindern neben Rechtsextremen. In der Fußgängerzone entfaltete einer von ihnen direkt vor der Polizei eine Reichsflagge, beliebtes Symbol rechter Kreise. Die Beamten, so Schönwald, hätten ihn aufgefordert, sie wegzupacken, was er auch befolgt habe.


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Doch so heterogen die Menge auch war – es einte sie das Misstrauen gegenüber dem Rechtsstaat und seiner Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus. Oberbürgermeister Thomas Jung macht der Aufmarsch mit seinen bewussten Verstößen nach eigenem Bekunden fassungslos: "Es geht gar nicht, dass sich Menschen das Recht herausnehmen, sich über die Regeln hinwegzusetzen."

Wie viele Auswärtige sich in der Menge befanden, bleibt indes unklar. Elke Schönwald zufolge kamen jedoch die meisten aus Fürth und Umgebung, "das Gros aus der Metropolregion".

Zwar gab es der Polizei zufolge keine gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Ordnungshütern. Als sie aber einen der Wortführer festhielten, filmten Sympathisanten die Szene mit Handys – und ereiferten sich über angebliche "Gestapo-Methoden".

Gegendemo angekündigt

Das Bündnis gegen Rechtsextremismus hatte wegen des Demonstrationsverbots der Stadt bewusst auf eine Gegenkundgebung verzichtet, wie es heißt. "Wir wollten den Corona-Verharmlosern keinen Anlass liefern, nach Fürth zu kommen", so Sprecher Niklas Haupt. Sollten sie nun aber weitere Auftritte in Fürth planen, werde das BgR ebenfalls auf die Straße gehen, kündigt Haupt an.

Die Linke im Stadtrat hat unterdessen einen Antrag zur Aufarbeitung des Geschehens gestellt – verbunden mit der Forderung, den zuständigen Einsatzleiter der Polizei einzuladen, der die Strategie der Einsatzkräfte erläutern soll.

Am Mittwoch ab 13.30 Uhr wird sich deshalb nun der kommunale Finanz- und Verwaltungsausschuss in der Stadthalle mit dem Thema befassen. Dort, so OB Jung, könne man intensiver diskutieren als in der anschließenden Stadtratssitzung.

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