Nach tödlicher Kollision mit Mopedfahrer: Polizist verurteilt

16.5.2019, 16:14 Uhr
Im vergangenen April kollidierte auf der Rothenburger Straße in Wintersdorf ein Polizeifahrzeug mit einem Mopedfahrer. Der Unfall endete für den damals 30-jährigen Biker tödlich.

© ToMa Im vergangenen April kollidierte auf der Rothenburger Straße in Wintersdorf ein Polizeifahrzeug mit einem Mopedfahrer. Der Unfall endete für den damals 30-jährigen Biker tödlich.

Ihm wurde fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung zur Last gelegt: Am Donnerstag stand ein 31-jähriger Polizist vor dem Fürther Amtsgericht. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, am 15. April 2018 mit seinem Streifenwagen auf Höhe von Wintersdorf bei roter Ampel mit mindestens 140 km/h in die Kreuzung Rothenburger/Ansbacher Straße eingefahren zu sein; erlaubt sind in dem Abschnitt grundsätzlich 70 km/h. Dort erfasste der Streifenwagen einen von rechts kommenden Mopedfahrer, dessen Ampel Grün gezeigt hatte, anschließend kollidierte das Polizeiauto noch mit einem Audi. Für den damals 30-jährigen Biker endete die Fahrt tödlich.

Noch am Donnerstag sprach der Richter dann das Urteil: Der Polizist wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Damit folgte das Gericht Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg, der eine Strafe in dieser Höhe gefordert hatte. Zudem muss der Polizist 5000 Euro an die Schwester des getöteten Mopedfahrers zahlen. Die Strafe hielt Richter Matthias Held nach einer intensiven, siebenstündigen Verhandlung für Tat und Schuld angemessen. Zu Gunsten des Angeklagten spreche, dass er ein Geständnis ablegte, Reue zeigte, nicht vorbestraft ist und noch keinen Unfall im Dienst hatte. Seine Kollegin hatte ihn als "vernünftigen Autofahrer" beschrieben, er sei kein Raser.

Der angeklagte Polizist, der am Steuer des Streifenwagens saß, war an jenem Sonntagnachmittag mit der Kollegin zu einem Einsatz in Dietenhofen (Landkreis Ansbach) unterwegs. "Aus seiner Sicht war höchste Eile geboten", äußerte sich der Anwalt zu Prozessbeginn am Donnerstagvormittag. Die Streife war zu einem Einbruch in einem Discounter gerufen worden, es war möglich, dass die Täter noch vor Ort waren. Heute weiß man: Es war ein Fehlalarm.

"Würde es gern ungeschehen machen"

Der Angeklagte habe die Kreuzung für gut einsehbar gehalten, dann aber den Mopedfahrer nicht gesehen. "Ich habe meine Geschwindigkeit falsch eingeschätzt und auch die Einsehbarkeit der Kreuzung. Es tut mir wahnsinnig leid, was da passiert ist", sagte der Beamte, der während der Verhandlung ernst und bedrückt wirkte.

Den Vorwurf der fahrlässigen Tötung nehme er an. "Er würde es gern ungeschehen machen, wenn er könnte. Er weiß, dass er mit dieser Schuld sein ganzes Leben leben muss", sagte sein Anwalt. Den Mopedfahrer habe der 31-jährige Angeklagte laut eigenen Aussagen erst im letzten Moment gesehen, "kurz bevor die Windschutzscheibe milchig wurde und der Airbag aufging". 

Das hohe Tempo, mit dem der Streifenwagen trotz roter Ampel in die Kreuzung einfuhr, sollte sich als fatal herausstellen. Das vorausfahrende Auto hatte an der Ampel schon angehalten, der Polizist entschied sich, links daran vorbeizufahren. Wie sich bei der Rekonstruktion des Unfallgeschehehens zeigte, behinderten das stehende Auto, die Leitplanke und Büsche seine Sicht.

Der Angeklagte habe einen schweren Fehler gemacht, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg: Es gelte eine erhöhte Sorgfaltspflicht, wenn man mit Martinshorn fährt. Er hätte sich in die Kreuzung "hineintasten" müssen. Auch Richter Held sprach von einem "gravierenden Pflichtverstoß".

Beide, Staatsanwalt und Richter, waren überzeugt davon, dass das Blaulicht und das Martinshorn eingeschaltet waren. Zeugen, die nahe am Unfallgeschehen waren, hatten dies bestätigt; darunter ein Autofahrer, der auf der Gegenfahrbahn an der Ampel wartete und den Unfall mit ansehen musste, bevor der Streifenwagen in seinen Audi geschleudert wurde. Einzelne Anwohner hatten angegeben, kein Martinshorn gehört zu haben. Ebenso wurde ein Sachverständiger vor Gericht befragt. Er sollte verschiedene Fragen klären. Für den Richter stand danach fest: Der Mopedfahrer hatte keine Chance, den Unfall zu vermeiden.

Seit April wieder im Außendienst tätig

Vor Gericht schilderte der Polizist, wie sehr ihn das Unglück mitnahm. In den Tagen nach dem Unfall habe er nur im Bett gelegen. "Ich hatte keine Kraft, irgendetwas zu machen. Ich konnte nicht schlafen, nicht essen, gar nichts machen." Die intensive Betreuung durch einen Trauma-Seelsorger habe ihn schließlich wieder auf die Beine gebracht. Der 31-Jährige war zunächst einige Zeit krank geschrieben, dann wurde er im Innendienst eingesetzt. Seit April ist er wieder im Außendienst tätig. Er fahre allerdings nicht selbst, sondern sei nur Beifahrer im Auto, weil er nicht wisse "wie er bei einer Blaulichtfahrt reagieren würde."

Ein deutlich höheres Strafmaß als die Staatsanwaltschaft hatte der Anwalt gefordert, der die Schwester des Verstorbenen vertrat: eine 15-monatige Freiheitstrafe (nicht zur Bewährung ausgesetzt). In seinem Plädoyer betonte er: Die Schwester hoffe, dass ein Polizist vor Gericht wie alle anderen behandelt werde. Ausdrücklich bedanke sie sich bei den Ermittlern und beim Sachverständigen. Erste Bedenken, dass Ermittlungen gegen einen Kollegen nicht sorgfältig geführt würden, "sind nicht bestätigt worden". 

 Der Artikel wurde um 21.20 Uhr aktualisiert.