Schmerzhafter Abschied: Stadtrat-Urgesteine müssen in den Ruhestand

24.3.2020, 06:00 Uhr
Schmerzhafter Abschied: Stadtrat-Urgesteine müssen in den Ruhestand

© Hans-Joachim Winckler

Dass es für ihn nicht reichen würde, damit musste Franz Stich rechnen. Der Burgfarrnbacher CSU-Stadtrat ging – in Absprache mit seiner Partei, wie er betont – vom aussichtslosen Platz 32 aus ins Rennen. "Von dort kann man eigentlich nicht ganz vor gewählt werden", sagt der 79-Jährige, der seine Kandidatur daher "seinen letzten Dienst" an der Partei nennt.

Nach 30 Jahren im Fürther Stadtrat ist für ihn nun Schluss. 1990 hatte Stich - auf Platz 15 der CSU - den Sprung ins Gremium zunächst hauchdünn verpasst. Als erster Nachrücker zog er dann aber im Dezember desselben Jahres für seinen Parteifreund Wilhelm Wenning, der ein Mandat im bayerischen Landtag errungen hatte, in den Stadtrat ein.  

Aktiv bleibt der Kriminalhauptkommissar a. D. auch weiterhin: In seinem Heimatort Burgfarrnbach ist er Mitglied in zahllosen Vereinen – von den Imkern bis zur Freiwilligen Feuerwehr, wenngleich ohne Führungsfunktion. "Die muss man mit fast 80 nicht mehr haben."

Trotz der schlechten Chancen wäre Stich beinahe "das Wunder" geglückt, für weitere sechs Jahre in den Stadtrat einzuziehen. Auf der CSU-Liste kletterte er am Sonntag um 17 Plätze nach vorne: von der 32 auf die 15. Die Christsozialen stellen allerdings nur noch neun Räte. "Meine Wähler haben mir immer die Treue gehalten", sagt Franz Stich, "dafür danke ich ihnen."

Gleich zwei Politik-Veteraninnen hat es bei den Grünen erwischt – und das, obwohl sich die Fraktion im Stadtrat dank vieler Wählerstimmen um vier Köpfe auf zehn vergrößert hat. Waltraud Galaske, damals 46 Jahre alt, war 1996 in das Gremium eingezogen. Jetzt geht sie mit einem weinenden und einem lachenden Auge: "Ein bisschen Wehmut ist dabei, ich hätte mich gerne noch eingebracht", sagt sie. "Aber ich bin froh, dass nun so viele Jüngere in unserer gewachsenen Fraktion sitzen."

Langweilig wird der Ingenieurin im Ruhestand ohnehin nicht werden. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Bundes Naturschutz in Fürth und Vorsitzende des Vereins "Müll und Umwelt", außerdem engagiert sie sich in der Bürgeraktion "Das bessere Müllkonzept".

Dem Ausscheiden aus dem Stadtrat kann Galaske auch etwas Positives abgewinnen: "Ich kann jetzt mal Urlaub machen, wenn keine Ferien sind", sagt sie und fügt mit Blick auf die Corona-Krise hinzu: "Also, wenn das wieder möglich sein wird."

Dagmar Svoboda ist so etwas wie Galaskes politische Weggefährtin, beide sind 70 Jahre alt, beide sitzen seit 1996 im Stadtrat – und für beide endet dieses Kapitel nun. Bei Svoboda allerdings mit einer dreijährigen Unterbrechung ab 2002; erst im Sommer 2005 kehrte sie für ihren verstorbenen Parteikollegen Michael Pfeffer in das Gremium zurück.

Bei der Wahl am Sonntag startete sie auf Platz elf der Grünen-Liste und kam auf Platz 14 ins Ziel. "Ich war am Anfang schon sehr enttäuscht, das gebe ich zu", sagt Svoboda, die viele noch aus ihrer Zeit kennen dürften, als sie das Geschäft "Vom Fass" in der Fußgängerzone führte. Vor einigen Jahren heiratete sie und legte den Namen Orwen ab. Dass sie mit diesem einen höheren Bekanntheitsgrad genossen hatte, könnte in ihren Augen mit ein Grund für ihr schlechtes Wahlergebnis sein.

Svoboda trat den Grünen 1983 bei, arbeitete lange für das Abgeordnetenbüro der Partei-Ikone Petra Kelly. "Die Politik hat immer mein Leben bestimmt", sagt sie. "Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, einen Schnitt zu machen, auch wenn das eine große Umstellung für mich bedeutet." Weiter einsetzen will sie sich für den Runden Tisch Hardhöhe. Das Ziel: ein Begegnungszentrum für den bevölkerungsreichen Stadtteil im Westen Fürths.

"Nur" zwölf Jahre im Stadtrat waren es für Hermann Wagler. Der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Stadeln/Mannhof kandidierte diesmal auf Platz 33 der Liste, musste also ebenfalls davon ausgehen, dass es nicht reichen könnte. "Aber gehofft habe ich das schon", gibt er zu.

Dass er in Stadeln nach Oberbürgermeister Thomas Jung die meisten Stimmen geholt hat, macht den 65-Jährigen ein bisschen stolz. Jetzt will sich der Ruheständler auf seine Ehrenämter konzentrieren und auch politisch aktiv bleiben – unter anderem als Unterbezirksvorsitzender der SPD-Senioren 60plus. Wagler: "Die Arbeit geht weiter."

Andere Stadtrats-Urgesteine wie Marianne Niclaus (SPD), Rudi Lindner (SPD) oder Tobias Wagner (CSU), alle drei gehörten dem Kommunalwahlparlament seit 1996 an, hatten sich – wie berichtet – schon vorab entschieden, nicht mehr zu kandidieren.

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